Menschen mit Handicap

Diskriminierung: Schlichtung als erster Weg

Ombudsfrau
15.05.2025 14:49

Um bei Abwertungen ihr Recht durchzusetzen, sind behinderte Menschen an Vorgaben gebunden. Das hat Vor- und Nachteile.  

Noch immer kommen Diskriminierungen im Alltag vor. Oft steckt keine böse Absicht dahinter, sondern schlicht Unwissenheit. Dazu zählen nicht eingehaltene Vorgaben zur Barrierefreiheit genauso wie ein Eintrittsverbot für einen Assistenzhund. Um ihre Rechte durchsetzen zu können, wurde für Betroffene gesetzlich die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens vorgesehen. Erst danach kann – falls noch notwendig – eine Klage bei Gericht eingebracht werden. Die Schlichtung allein kann aber eine Lösung bringen. Wie im Fall von Kerstin U. aus Wien.

Kerstin U. braucht ihren Assistenzhund
Die junge Frau ist auf ihren Assistenzhund Balu angewiesen. Der Labrador aus dem Tierheim wurde unter anderem dafür ausgebildet, seinem Frauchen in Momenten der Bewusstlosigkeit durch seine Anwesenheit Sicherheit zu geben. Deshalb darf er Kerstin ganz offiziell überallhin begleiten. Der Besuch im Schlosspark Schönbrunn wurde den beiden aber vor zwei Jahren verweigert, wie die Mutter schildert. „Wir wollten einen schönen Spaziergang machen. Das Sicherheitspersonal hat uns beim Eingangstor aber abgewiesen. Offenbar war den Mitarbeitern nicht bekannt, dass Assistenzhunde in Österreich eigentlich überall Zutritt haben müssen.“ Die Familie beantragte eine Schlichtung.

Assistenzhund Balu ist ein treuer Begleiter
Assistenzhund Balu ist ein treuer Begleiter(Bild: Eva Manhart)

Assistenzhunde müssen als solche erkennbar sein
Die Sicherheitsfirma habe sich danach für das Fehlverhalten entschuldigt und einen Geldbetrag bezahlt. Und im Schloss gab es eine Sonderführung für eine Gruppe behinderter Menschen mit ihren Assistenzhunden. „Menschen mit Behinderungen ist der Zutritt zu all unseren Anlagen, einschließlich des Schlossparks, in Begleitung ihres Assistenzhundes uneingeschränkt gestattet“, wie die Betreiberfirma auf Anfrage der Ombudsfrau betont. Zu beachten sei, dass Assistenzhunde durch entsprechende Dokumente als solche erkennbar sein sollten.

Assistenzhunde müssen als solche erkennbar sein.
Assistenzhunde müssen als solche erkennbar sein.(Bild: Eva Manhart)

Es werden noch zu wenig Schlichtungen beantragt.
Mehr als 400 Schlichtungsverfahren haben, im Jahr 2024 stattgefunden, wie Behindertenanwältin Christine weiß. Das sind viel weniger, als vor Einführung des entsprechenden Gesetzes evaluiert worden sei. „Leider wissen noch immer zu wenige Menschen, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt“, so Steger. Dabei seinen Schlichtungen ein großartiges Instrument, das in vielen Fällen zu guten Ergebnissen führen könne. Oft ginge es den Betroffenen nicht um Geld, sondern um die Einsicht der Gegenseite, dass eine Abwertung stattgefunden hat. „Ich sehe es als meine Aufgabe, über diese Möglichkeit besser zu informieren. Es besteht für die Betroffenen auch kein Kostenrisiko wie bei einem Prozess“, so die Behindertenanwältin weiter. Man müsse allerdings bereit sein, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und über das, was passiert ist, zu reden.

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„Leider wissen noch immer zu wenige Menschen, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt“

(Bild: Sozialministerium)

Behindertenanwältin Christine Steger

Die Behindertenanwaltschaft hilft
Nicht jeder ist dazu in der Lage, daher wurde im Vorjahr die Möglichkeit geschaffen, sich von der Behindertenanwaltschaft, die im Sozialministerium angesiedelt ist, vertreten zu lassen. Anträge auf die Einleitung von Schlichtungsverfahren können in allen Landesstellen des Sozialministeriumservice eingebracht werden. Das Ergebnis einer Schlichtung wird schriftlich festgehalten und ist dann bindend. Es kann also auch eingeklagt werden. „Ich habe schon erlebt, dass die Gegenseite sich bedankt, weil Vorschriften zur Barrierefreiheit gar nicht bekannt gewesen sind.“

Das Schlichtungsverfahren beruht auf Freiwilligkeit
Voraussetzung ist, dass beide Parteien bereit sind, teilzunehmen. Obwohl die Schlichtung für behinderte Menschen ein notwendiger Schritt vor einer gerichtlichen Klage ist, kann die Gegenseite nicht zur Teilnahme gezwungen werden. Dieses Machtgefälle kritisiert die Behindertenanwältin.„Schlichtungsverfahren sind im Moment nur für die diskriminierten oder belästigten Menschen mit Behinderungen verpflichtend. Sie können nicht gleich zu Gericht gehen. Das ist besonders bei Belästigungen problematisch und kann Opfer abschrecken. Sie müssen sich mit einem Aggressor an einen Tisch setzen.“

Kerstin U. in Schönbrunn.
Kerstin U. in Schönbrunn.(Bild: Eva Manhart)

Anwältin fordert noch andere Rechtsschutzmöglichkeiten
Steger fordert die Freiwilligkeit für beide Seiten. Es brauche außerdem einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, um bei fehlendem Willen der Schlichtungspartner Vorgaben wie Barrierefreiheit gerichtlich erzwingen zu können. Und noch etwas ist der engagierten Vertreterin ein Dorn im Auge. „Bei der Schlichtung wird nicht untersucht, ob es tatsächlich zu einer Diskriminierung gekommen ist.“ Hier fordert Steger die Eröffnung anderer Rechtsschutzmöglichkeiten, wie Feststellung einer Diskriminierung durch eine unabhängige Kommission – ähnlich der Gleichbehandlungskommission – sowie den direkten Weg zu Gericht.

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