Partei auf Distanz

Stronach: “Todesstrafe für Berufsmord, Mafia-Type”

Österreich
05.09.2013 12:15
Nach einem unerwartet zahmen Auftritt beim letzten ORF-Wahlduell sorgt Frank Stronach wieder für Aufregung: Er würde die 1950 in Österreich abgeschaffte Todesstrafe für angemessen halten - und zwar "für Berufskiller". Denn diese "gefährden die Rechtssicherheit", meinte Stronach in einem Zeitungsinterview. Mit dieser Einstellung steht der Parteigründer nicht nur in der österreichischen Polit-Landschaft, sondern sogar in seiner eigenen Bewegung allein auf weiter Flur.

Wörtlich sagte Stronach am Mittwoch gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" auf die Frage, wie er "als Nordamerikaner" zur Todesstrafe stehe: "Für Berufskiller soll es eine Todesstrafe geben. Denn sie gefährden die Rechtssicherheit. Die muss aufrechterhalten bleiben." Auch Kinderschänder will Stronach härter bestrafen: Hier sei man "ein bisschen zu weich. Da müssen strengere Strafen sein".

ORF-Aufzeichnung: Todesstrafe für "Berufsmord, Mafia-Type"
Wie am Donnerstag bekannt wurde, hatte sich Stronach bereits vor wenigen Tagen in einer TV-Aufzeichnung ebenfalls in dieser Richtung geäußert. Im Gespräch mit dem ORF-Journalisten Hanno Settele, das laut dessen Auskunft am 28. August geführt wurde, sagt Stronach: "Ein geplanter Berufsmord: Todesstrafe. Geplant, Mafia-Type (!), Berufsmord."

Danach wendet sich der Parteichef an seine Listenzweite Kathrin Nachbaur und erkundigt sich, ob diese ihn wohl gehört habe. Über das Thema sei parteiintern "noch nicht gesprochen" worden, es solle jedoch "noch in unser Parteiprogramm" aufgenommen werden, so Stronach vor laufender Kamera. Die Sendung soll am kommenden Mittwoch ausgestrahlt werden.

Team Stronach: Forderung kommt nicht ins Parteiprogramm
Dass der Vorstoß im offiziellen Stronach-Programm aufgenommen werden könnte, schloss die Partei am Donnerstag allerdings aus. Das Team Stronach habe "höchsten Respekt vor der Menschenwürde", hieß es in einer Aussendung. Stronachs Vorstellungen seien dessen "persönliche Ansicht". Andere "führende Personen" im Team Stronach teilten diesen Zugang nicht, "daher kommt das selbstverständlich nicht ins Parteiprogramm".

Die im TV-Beitrag angesprochene Nachbaur distanzierte sich ebenfalls von der Meinung ihres Chefs: "Die Schwächsten und Verletzlichsten müssen bestmöglich geschützt werden, aber kein Mensch hat das Recht, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Hinrichtungen sind grausam, und als gläubiger Mensch habe ich Respekt vor dem Leben und Gott."

Nachbaur: ORF greift in Wahlkampf ein
Gleichzeitig bezichtigte Nachbaur den ORF, "manipulativ" in den laufenden Wahlkampf einzugreifen. Das Unternehmen habe bewusst nur einen 50-Sekunden-Ausschnitt vorab veröffentlicht. "Was man nicht sieht und hört, ist entscheidend: Es gab eine Diskussion zwischen mir und Frank Stronach. In dieser Diskussion spreche ich mich ganz klar gegen die Aufnahme der Todesstrafe in das Parteiprogramm aus und erkläre Frank, dass die Todesstrafe in unserem europäischen Kulturkreis nichts verloren hat. Frank hat das anerkannt und gesagt, dass er auf mich hört und die Todesstrafe selbstverständlich nicht in das Parteiprogramm kommt."

Auch Landesobleute auf Distanz
Auch die Landesobleute des Team Stronach sahen sich am Donnerstag bemüßigt, auf Distanz zum Parteigründer zu gehen. Eine Diskussion über die Todesstrafe in Österreich "ist nicht nur aus ethischen und rechtlichen Gründen entbehrlich, sondern auch mit den Menschenrechten und der Charta der Vereinten Nationen, zu denen sich Österreich bekennt, unvereinbar", heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Landesstatthalter von Niederösterreich, Salzburg und Kärnten. Die drei Politiker drehten den Spieß um und forderten vielmehr, dass in jenen Staaten, in denen es noch Hinrichtungen gibt, die Todesstrafe abgeschafft werde.

Einsamer Vorstoß
Keine andere österreichische Partei tritt für die Wiedereinführung der Todesstrafe ein - auch nicht die FPÖ, wie Parteichef Heinz-Christian Strache bereits im April vorigen Jahres klarstellte. Damals hatte es große Aufregung gegeben, weil der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident und Wirtschaftsbundobmann Jürgen Bodenseer (ÖVP) auf Facebook über die Todesstrafe für Kinderschänder "in krassen Fällen" nachgedacht hatte. Nach viel Kritik auch aus den eigenen Reihen und einem Rüffel durch ÖVP-Chef Michael Spindelegger ruderte Bodenseer aber wieder zurück.

Entsprechend kritisch bis hämisch fielen die Reaktionen der politischen Konkurrenz auf die aktuelle Wortmeldung Stronachs aus. "Populistische Provokation und Effekthascherei", kommentierte die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Petra Bayr. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl bezeichnete die Diskussion als "skurril" und "völlig unnötig". "Wenn die Todesstrafe einer der Werte des Team Stronach ist, dann: Gute Nacht!", so Kickl weiter. Ein "klares Nein zu der völlig abstrusen Idee" kam von BZÖ-Chef Josef Bucher.

Karl: "Darüber erübrigt sich jede Diskussion"
Auch Justizministerin Beatrix Karl erteilte Stronachs Idee eine unmissverständliche Absage: "Da erübrigt sich eigentlich jede Diskussion darüber", sagte die ÖVP-Ministerin Donnerstagmittag. "Wir haben - Gott sei Dank - keine Todesstrafe in Österreich", so Karl weiter, sondern "sehr hohe menschenrechtliche Standards, die eine Todesstrafe verbieten". Es sei wichtig, "dass das Justizressort in seriösen Händen ist".

Zündstoff für TV-Duell Faymann - Stronach
Am Donnerstagabend hat Stronach die Chance, seine Ansichten vor TV-Publikum zu erläutern. Ab 20.15 Uhr diskutiert er im Rahmen der ORF-Wahlkonfrontationen mit Bundeskanzler Werner Faymann. Unmittelbar danach sitzen einander Spindelegger und Bucher gegenüber. Erste repräsentative Umfragen sowie Analysen zu den beiden Diskussionen finden Sie im Anschluss an die Live-Duelle auf krone.at.

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