"Krone"-Interview

Strache: “Nicht wir säen den Hass”

Österreich
24.08.2013 16:00
Nächstenliebe als Wahlkampfmotto, hetzerische Postings auf Facebook: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Interview mit Conny Bischofberger über Untergriffe, rechte Verbündete und seinen Kanzlertraum.

Die FPÖ-Zentrale im vierten Stock der Wiener Reichsratsstraße: In jeder Topfpflanze steckt ein rot-weiß-rotes Windrädchen mit blauer Aufschrift: "Mit uns wird's gerecht!" Der Parteichef hat sein Büro einen Stock höher, im Dachgeschoß, mit Blick auf die Hofburg. Um ein Kuhfell herum ist die schwarze Ledergarnitur angeordnet, in der Strache Platz genommen hat.

Hier gibt's drei Hörproben vom Interview: Strache über die ÖVP, das Team Stronach und ein Badehosenduell.

Der FPÖ-Chef trägt Jeans und ein blaues Leinensakko mit weißem Philipp-Maly-Hemd. Am rechten Handgelenk zwei Freundschaftsbänder in Blau und Schwarz und ein rotgoldenes Liebesketterl, in das "Je t'aime" graviert ist, am linken Handgelenk eine Rolex aus Stahl. Vor sich auf dem Glastisch sind seine Unterlagen ausgebreitet. Das Wort "Schmutzkübelkampagne!" hat jemand mit neongelbem Leuchtstift untermalt. Die Packung "Camel blue" lässt er während des gesamten Interviews unangetastet.

"Krone": Herr Strache, Sie haben's ja neuerdings mit der Liebe: Geben seitenweise Auskunft über Ihr privates Glück und plakatieren fleißig Bibelsprüche...
Heinz-Christian Strache: Falsch! "Liebe deine Nächsten" ist kein Zitat aus der Bibel, sondern ein menschlicher Wert an sich.

"Krone": Liebe deine Nächsten, aber nur wenn sie Österreicher sind: Was soll daran menschlich sein?
Strache: Ich weiß nicht, wer das wieder bewusst so falsch interpretiert. Für mich sind meine Nächsten die Österreicherinnen und Österreicher, die heute in vielen Bereichen zu kurz kommen und von dieser Regierung links liegen gelassen werden. Es ist doch logisch, dass man die eigene Familie nicht verhungern lässt! Deshalb kommen zuerst die Bedürftigen deines eigenen Landes, und wenn dann etwas bleibt, gerne auch alle anderen.

"Krone": Kardinal Schönborn hat Ihnen deswegen bereits die Leviten gelesen. Er meinte, Nächstenliebe habe in einer politischen Auseinandersetzung nichts verloren, weil es ein christlicher Wert sei.
Strache: Ich will da keine theologische Debatte darüber führen, ob jetzt Sokrates, Buddha oder Jesus derjenige gewesen ist, der das zuerst gelebt hat. Nur so viel: Es gibt kein Monopol auf diesen Wert. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum sich Vertreter aus unterschiedlichen kirchlichen Bereichen vor den Wahlen immer wieder in politische Debatten einmischen. Man lebt die Trennung zwischen Religion und Staat offenbar nicht wirklich.

"Krone": Aber Sie trennen Politik und Religion ja auch nicht!
Strache: Weil ich das Wort Nächstenliebe in den Mund nehme? Keiner hat einen Anspruch darauf. SPÖ, ÖVP und Grüne leben hingegen die "Entferntestenliebe". Jede europäische Bürokratie ist ihnen wichtiger, am allerwichtigsten sind ihnen die Spekulanten, und von den Asylbetrügern lassen sie sich auf der Nase herumtanzen. Wir wollen solche Missstände abstellen.

"Krone": Auf Facebook hat die Gruppe "Wir stehen zur FPÖ" rassistische Postings übelster Sorte verbreitet. Man solle "Muslime anzünden", "Politiker erschießen", "Menschen ausradieren". Wird da auf der einen Seite Liebe gepredigt und auf der andern Seite Hass gesät?
Strache: Ich habe Schmutzkübelkampagnen im Wahlkampf gegen die FPÖ erwartet und so gesehen überrascht mich das nicht. Faktum ist: Das ist keine FPÖ-Seite, und es hat kein einziger FPÖ-Funktionär irgendetwas dort gepostet.

"Krone": Angeblich sind mehrere FPÖ-Politiker Mitglieder dieser Gruppe, schreibt jedenfalls das Nachrichtenmagazin "News".
Strache: News wie "Nicht Ein Wort Stimmt"? Wenn Sie heute auf Facebook sind, können Sie leider von jeder Gruppe hinzugefügt werden, ohne es zu wissen. Diese Politiker haben sich nichts zu Schulden kommen lassen, sie sind dort nie beigetreten, sie haben nie etwas gepostet, sie verurteilen diese unglaublich abscheulichen und zutiefst verwerflichen Texte, von denen jetzt künstlich mittels Denunziation eine Verbindung zur FPÖ hergestellt wird, die es nicht gibt. Ich erlebe das auf meiner Facebook-Seite auch immer wieder und halte daher fest, dass meine Meinung mit den Beiträgen der User nicht übereinstimmen muss und dass ich auch entsprechend handle, wenn es notwendig ist. Nämlich löschen, sperren und anzeigen.

"Krone": Wird es gegen diese Gruppe auch eine Anzeige geben?
Strache: Wir werden natürlich dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die das geschrieben haben, ausgeforscht und angezeigt werden.

"Krone": Sie haben letztes Jahr selbst ein Foto gepostet, wo Sie ein Spanferkel anschneiden, daneben steht: "Isst du Schwein, darfst du rein."
Strache: Da haben meine Gegner, die in dem Fall aus dem linken Eck kommen, über Facebook ein kabarettistisches Plakat verbreitet, und ich habe beim Neustifter Kirtag eine Persiflage darauf gemacht. Nicht mehr und nicht weniger.

"Krone": Aber es geht wieder gegen die Muslime... Wenn Sie ganz ehrlich sind, haben Sie nicht Angst, dass es in so einem Klima leicht zu einer Radikalisierung kommen könnte?
Strache: Wir sind nicht radikal. Wenn andere manipulativ agieren und die FPÖ denunzieren, dann stellen sie sich damit selbst ins Eck. Also nicht wir säen den Hass. Wir plakatieren unsere Mitbewerber auch nicht als Tiere, wie die Grünen es machen. Man stelle sich die Aufregung vor, wenn das von uns gekommen wäre.

"Krone": Sie haben diese Woche den holländischen Rechtspopulisten Geert Wilders getroffen. Sind Sie ein Fan von ihm?
Strache: Er ist eine sehr interessante, faszinierende, charismatische Persönlichkeit, er liegt momentan auch in allen Umfragen in Holland mit Abstand auf Platz eins.

"Krone": Im Gegensatz zu Ihnen.
Strache: Na ja, warten Sie die Wahl ab. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

"Krone": Sie glauben aber nicht im Ernst, dass Sie Erster werden?
Strache: Also ich bin davon überzeugt, dass bei der kommenden Wahl am 29. September jede Überraschung möglich ist. Die SPÖ ist in Wahrheit ziemlich nervös, das historisch schlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte einzufahren, und die ÖVP liegt viel schlechter als in den veröffentlichten Prognosen. Am Ende ist es gut möglich, dass es drei relativ gleich starke Parteien geben wird. Von einem Kanzler-Duell zwischen Rot und Schwarz sind wir dann weit entfernt. Der Spindelegger hat doch eh nur den Hampelmann für den Faymann gespielt. Der einzige, der den Kanzler wirklich herausfordert, bin ich.

"Krone": Ein Mann wird diesmal sicher die Politik aufmischen - und das ist Frank Stronach. Gesetzt den Fall, es würde sich nach den Wahlen Schwarz-Blau-Stronach ausgehen, wäre das für Sie denkbar?
Strache: Ich glaube nicht, dass er die Politik aufmischen wird, seine Partei ist in Wahrheit eine Art AMS für gescheiterte BZÖ-Söldner. Da wird sehr wohl ein bisschen Wähleraustausch stattfinden, aber mehr als sechs bis acht Prozent wird er nicht einfahren. Er ist ja – bei aller Wertschätzung für seine privatwirtschaftlichen Leistungen – ein Steuerflüchtling, der gar nicht in Österreich lebt. Wenn die Wahl vorbei ist, fliegt er nach Kanada und Tschüss!

"Krone": Er zahlt in drei Ländern Steuern, das bezeichnet man nicht als Steuerflüchtling.
Strache: Er erspart sich jedenfalls mit dieser Konstruktion viel Geld.

"Krone": Zurück zu Schwarz-Blau-Stronach. Denkbar? Die Freundschaftsbänder an Ihrem politischen Hintergrund. (lacht) Sie reden immer von Farben. Wichtig sind drei Punkte. Erstens: Ausstieg aus dem EU-/ESM-Schuldendiktat. Zweitens: Sofort Steuerentlastung! Drittens: Schluss mit dem Asylmissbrauch. Jeder, der diese drei Kernforderungen mit uns umsetzen will, kann Partner sein. Aber in Wahrheit haben sich ja Faymann und Spindelegger schon festgelegt, dass sie so weiterwurschteln wollen wie bisher.

"Krone": Nix mit Kanzler Strache...
Strache: Am Ende freut sich oft der Dritte. Ich bin davon überzeugt, dass ich politische Verantwortung tragen werde, wenn meine politischen Mitbewerber schon längst in Pension sind. Der Kanzler der Herzen bin ich ja schon.

"Krone": Wer sagt das?
Strache: Ich höre das in der Bevölkerung von vielen Menschen, wenn ich quer durchs Land fahre und zu Kirtagen gehe. Dass sie nachhaltig die Hoffnung haben, dass sich in diesem Land endlich etwas zum Besseren wendet. Dass sie mit ihren Verantwortungsträgern ganz und gar nicht zufrieden sind. Aber SPÖ und ÖVP haben sich aneinander gekettet, und wenn es sich gemeinsam nicht ausgeht, dann werden sie als Lebensverlängerer und Mehrheitsbeschaffer die Grünen ins Boot holen. Die sind ja jetzt schon wie ein Soletti überall dabei.

"Krone": Warum haben Sie sich eigentlich mit Frank Stronach ein peinliches Badehosenduell geliefert?
Strache: Ich liefere mir mit gar niemandem ein Badehosenduell. Okay, der HC Strache hat, wenn er schwimmen geht, auch eine Badehose an. Welch eine Überraschung! Soll ich in Zukunft vielleicht einen Burkini tragen? Also was da wieder für ein Theater gemacht wird.

"Krone": Aber warum stellen Sie so ein Foto auf Facebook - und das ausgerechnet, nachdem sich auch Stronach in Badehose gezeigt hat? Hannes Androsch hat am Samstag in der "Krone" gesagt: "Badehosen-Fotos zeugen nicht von Leadership, das hat eher einen Stich ins Lächerliche. Und man ist in guter Gesellschaft mit Wladimir Putin."
Strache: Es ist schon interessant: Offenbar plagt da manche der Neid... Und offenbar haben manche Angst, vielleicht einmal in Badehose abgelichtet zu werden. Ich nicht, ich habe ein gesundes Verhältnis zu meinem Körper und ich sehe das auch nicht als Wettbewerb.

"Krone": Neid worauf? Auf Ihre Sixpacks?
Strache: Da geht es nicht um Sixpacks. Man soll sich einfach rundum mit sich selbst wohlfühlen. Ich habe ein sehr entspanntes Verhältnis zu mir und meinem Körper. Deshalb kann ich mich auch getrost mit nacktem Oberkörper zeigen.

"Krone": Sie haben zwei Kinder. Ist "Strache" ein Name, mit dem man in Österreich gut aufwachsen kann?
Strache: Meine Kinder wachsen zum Glück sehr behütet auf. Aber natürlich gibt es da oder dort die eine oder andere Gehässigkeit, in der Schule auch den einen oder andern Mobbingversuch. Das stellen die Lehrer gut ab, sie leisten überhaupt exzellente Arbeit. Mit dieser Situation müssen meine Kinder lernen zu leben. Und es beschäftigt sie natürlich, wenn sie Ungerechtigkeiten gegen den Vater erleben, wenn sie sehen, was da manche auf meine Plakate draufzeichnen.

"Krone": Hitlerbärtchen?
Strache: Genau. Ich erkläre ihnen dann, dass es leider Gottes manchmal sehr böse und gemeine Menschen gibt, die mit solchen negativen und miesen Methoden arbeiten müssen, weil sie selbst offenbar keine Argumente haben.

Zur Person
Geboren am 12. Juni 1969 in Wien. Sein Vater lässt sich scheiden, als Heinz-Christian drei Jahre alt ist. Die Mutter arbeitet in einer Drogerie, ihr Sohn kommt mit sechs Jahren in ein Internat. Mit 15 beginnt er eine Lehre als Zahntechniker, mit 21 wechselt er in die Politik. 1999 wird er FPÖ-Bezirksparteiobmann in Wien-Landstraße, 2004 Wiener Landesparteiobmann, 2005 FPÖ-Bundesparteiobmann. Privat ist Strache mit Andrea Eigner (28) verlobt. Er hat zwei Kinder aus erster Ehe: Heidi ist 13, Tristan 11 Jahre alt.

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