Studie mit Mäusen

Wiener Mediziner zeigen: Würmer dämpfen Allergien

Wissenschaft
25.07.2013 09:33
Seit Jahren geistert die sogenannte Hygiene-Theorie zum weltweit beobachteten Anstieg der Häufigkeit von Allergien durch die Wissenschaft. Demnach neigen die Menschen in den Industriestaaten (auch) deshalb vermehrt zu Allergien, weil ihr Immunsystem durch die Absenz von Parasitenbefall quasi "unterbeschäftigt" ist. In einer Studie mit Mäusen haben Wiener Forscher jetzt Hinweise für die Gültigkeit dieser These gefunden.

"Die Sache ist durchaus spannend. Man weiß, dass Kinder in Weltregionen wie Afrika deutlich weniger an Allergien leiden als Kinder aus Industrieländern. Sie werden häufig von Würmern, Protozoen oder anderen Parasiten befallen", sagte Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des vom Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien.

Immerhin leidet beispielsweise ein Drittel der Menschheit zu jedem gegebenen Zeitpunkt an Wurmbefall. "Parasiten haben oft die Eigenschaft, sich als chronische Infektion zu etablieren. Da hilft ihnen die Fähigkeit, dem Immunsystem des Wirtsorganismus zu entgehen", so die Expertin. Das erfolge, indem sie die Antwort des körpereigenen Immunsystems bzw. ihre Erkennung als Eindringlinge unterdrücken.

Hinweise auf Gültigkeit der Hygiene-Theorie
Ein Nebeneffekt von Parasitenbefall sei, dass das Immunsystem so moduliert wird, dass es neben den Parasitenantigenen auch auf andere Antigene wie Allergene (Allergien auslösende Stoffe) oder bestimmte Impfstoffe weniger stark reagiert, schreiben die Forscher im Fachjournal PLOS One.

Diesen Vorgang haben die Forscher versucht, im Labor nachzuvollziehen. "Mäuse wurden mit dem Extrakt eines für den Menschen und sie nicht pathogenen Wurms von Schweinen (Oesophagostom dentatum, Anm.) 'behandelt'. Daraufhin kam es zur verstärkten Produktion von regulatorischen (dämpfenden, Anm.) Immunbotenstoffen wie Interleukin-10 und TGF-beta", so Wiedermann-Schmidt.

Belastete man die Tiere gleichzeitig mit dem Birken-Hauptallergen Bet v 1, kam es zu einer geringeren Bildung von allergie-spezfischen Antikörpern (Immunglobulin E, Anm.) sowie zu einer geringeren Freisetzung von Entzündungen auslösenden Botenstoffen aus Immunzellen. Außerdem zeigten sich in Lungengewebe weniger Entzündungszeichen, was auf eine verringerte Potenz zur Auslösung von Asthma hinwies.

Der Effekt - so die Wissenschafter - beruht offenbar auf einer geringeren Aktivierung jener Zellen, welche von außen in den Organismus eingedrungene Antigene aufnehmen und dem Immunsystem präsentieren, um eine Abwehrreaktion herbeizuführen.

Suche nach verantwortlichen Substanzen
Die Angelegenheit rund um die immunmodulierende Fähigkeit von Parasiten könnte in Zukunft von medizinischem Nutzen sein. So hat es bereits Studien an Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gegeben, denen man Wurmeier-Präparate zu trinken gab. Daraus wurden Hinweise abgeleitet, wonach diese experimentelle Therapie die Darmentzündungen besserte. Allerdings gab es dafür andere, potenziell schädliche, Immunreaktionen.

"Es sieht so aus, als würden bestimmte Zuckerstrukturen der Parasiten die Abwehr-dämpfende Wirkung haben. Wir wollen jetzt Fraktionen aus den Wurmextrakten herstellen, um diese Strukturen genau zu identifizieren. Dann könnte man sie beispielsweise als Hilfsstoff für therapeutische Allergieimpfstoffe verwenden", erläutert Wiedermann-Schmidt.

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