Tod in Müllcontainer

Fünf Straßenkinder erstickt: Debatte über Armut in China

Ausland
22.11.2012 11:21
Am Freitag vergangener Woche sind im chinesischen Bijie fünf Kinderleichen in einem Müllcontainer (Foto) entdeckt worden, in dem sie offenbar Schutz vor der Kälte gesucht hatten. Nun steht laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua fest, dass es sich um fünf Buben im Alter zwischen neun und 13 Jahren handelte, die in dem Container erstickten. Der Tod der verwahrlosten Kinder hat in China Empörung hervorgerufen und die Debatte über die Kluft zwischen Arm und Reich angefacht.

Bijie liegt in der südlichen Provinz Guizhou, einer der ärmsten Regionen Chinas. Die Buben waren laut Xinhua die Söhne dreier Brüder, von denen zwei ihre Heimat verlassen hatten, um in der Küstenstadt Shenzhen als Müllmänner zu arbeiten. Ein häufiges Schicksal in armen Regionen Chinas: Viele Kinder wachsen bei Großeltern oder anderen Verwandten auf, während die Eltern versuchen, genug zum Überleben zu verdienen.

Kritik an Familie und Polizei
Der in Bijie verbliebene Bruder hat die Buben offenbar nicht beaufsichtigt - seinen Angaben zufolge seien vier der fünf nicht mehr zur Schule gegangen und nachts manchmal nicht nach Hause gekommen. Drei Wochen lang sollen die Buben vor ihrem Tod bereits abgängig gewesen und als Straßenkinder umhergezogen sein, so Xinhua. Ob sie in der Zeit von der Polizei gesucht wurden, ist offenbar fraglich - sechs Beamte sind inzwischen vorläufig beurlaubt oder entlassen worden, die Ermittlungen laufen.

Trostloser Tod schockiert Chinesen
In China sorgt der Tod der Buben für Empörung, die Geschichte zählt zu den am meisten aufgerufenen auf populären chinesischen Websites. Der Familie kommt im Land eine große Bedeutung zu, Kinder gelten auch wegen der Ein-Kind-Politik als besonders wichtig. Umso schockierter zeigt sich die Öffentlichkeit darüber, dass verwahrloste Kinder in einem Müllcontainer Schutz suchen mussten und dabei erstickten.

Gewaltige Kluft zwischen Arm und Reich
Auch der Politik werden schwere Vorwürfe gemacht, denn die Kommunistische Partei ist längst berüchtigt dafür, die Kluft zwischen Arm und Reich befeuert zu haben und damit zu solchen Ereignissen beizutragen. Während vor den ersten großen Wirtschaftsreformen 1978 die meisten Chinesen ähnlich viel besaßen, gehen 56 Prozent des Einkommens des Landes heute auf das Konto von nur zehn Prozent der Chinesen, so eine Studie der Texas A&M University. Korruption und folgenschwere Entscheidungen ohne Einbeziehung der Bevölkerung - etwa Massenenteignungen - rufen selbst unter der einfachen Landbevölkerung immer öfter Proteste hervor, die nicht selten in Festnahmen oder Blutvergießen enden.

Erinnerungen an überfahrenes Mädchen
Der Kommunismus habe nicht dazu geführt, dass es allen besser gehe, sondern dass jeder nur noch auf sich schaue, so ein weiterer Vorwurf im Land. Zuletzt wurde dieser laut, als im Oktober 2011 ein zweijähriges Mädchen überfahren wurde - sowohl die Lastwagenfahrer als auch 18 Fußgänger ignorierten das schwer verletzte Kleinkind. Erst eine arme Müllsammlerin kam dem Mädchen zu Hilfe und informierte die Mutter. Die Bemühungen kamen allerdings zu spät, die Zweijährige verstarb im Krankenhaus (siehe Infobox).

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