Schneidige Debatte

Vizes Biden und Ryan zeigen in TV-Duell die Zähne

Ausland
12.10.2012 09:00
Harter Schlagabtausch bei der TV-Debatte der Vize-Kandidaten im US-Wahlkampf. Vor allem beim Thema Nahost und Wirtschaft kam es bei der Debatte am Donnerstagabend zu harten Wortgefechten zwischen dem demokratischen Vize-Präsidenten Joe Biden (69) und dem Republikaner Paul Ryan (42). US-Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt Romney zeigten sich nach dem Duell stolz auf ihren jeweiligen Vize.

Gleich in den ersten Minuten der Debatte in Danville im Bundesstaat Kentucky warf Ryan US-Präsident Obama vor, Amerika in der Welt als eine schwache Nation darzustellen. Dies ließ der 69-jährige Biden nicht auf sich sitzen: "Mit allem Respekt, das ist vollkommener Quatsch!"

Die Regierung habe im Vorfeld der tödlichen Terrorattacke auf das US-Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi versagt, schoss sich Ryan außenpolitisch auf seinen Kontrahenten ein. Zudem warf er der US-Regierung vor, widersprüchliche Angaben über den Anschlag gemacht zu haben: "Der Präsident hat zwei Wochen gebraucht, um einzugestehen, dass dies ein Terroranschlag war", so Ryan. Biden erwiderte, die USA würden die Hintermänner der Tat zur Rechenschaft ziehen.

Biden warnt vor Kriegstreiberei
Obamas Vize warf den Republikanern wiederum vor, die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm zu übertreiben. "Was für ein loses Gerede", sagte Biden. Der Iran sei noch ein gutes Stück vom Atomwaffenbesitz entfernt. Mit Blick auf die harsche Rhetorik Romneys im Atomstreit mit dem Iran warnte er vor "einem weiteren Krieg". Obama werde alles tun, um einen nuklear bewaffneten Iran zu verhindern. Ryan erklärte die Bemühungen des Präsidenten, die Regierung in Teheran zum Einlenken zu bewegen, dagegen für gescheitert. "Sie sagen, die militärischen Optionen liegen auf dem Tisch, aber das wird nicht als glaubhaft angesehen", sagte er.

Der Präsident habe sein Versprechen gehalten, den Krieg im Irak zu beenden, strich Biden die außenpolitischen Leistungen Obamas hervor. Außerdem habe der Präsident eine klare Perspektive für einen Abzug aus Afghanistan geschaffen. Der Vize-Präsident erinnerte auch an die Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden bei einem US-Kommandoeinsatz in Pakistan.

Heißes Wahlkampf-Eisen Steuerpolitik
Nach der Außenpolitik kehrten die beiden Kontrahenten in ihre Heimat zurück und zerpflückten die Lösungsansätze der jeweils anderen Partei zur Bewältigung der Wirtschaftskrise. Ryan warf Biden vor, die Regierung habe in vier Jahren Amtszeit keinen echten Aufschwung geschaffen. Es gebe 23 Millionen Arbeitslose. "Wir gehen in die falsche Richtung. So sieht kein echter Aufschwung aus."

"Sie nehmen die Mittelschicht als Geisel, um die Steuern für die Superreichen zu senken", warnte Biden wiederum vor einer sozial ungerechte Steuerpolitik Romneys. Unter Obama würde dagegen der wohlhabenste Teil der US-Bevölkerung "etwas mehr zahlen", um die Mittelschicht zu entlasten und dem Land aus der Krise zu helfen.

Ryan entgegnete, dass die republikanischen Steuerpläne zu mehr Wachstum und Arbeitsplätzen führten. Schätzungen würden von sieben Millionen neuen Jobs ausgehen, sagte er. Zugleich bestritt er, dass die Steuerlast der Reichen sinken werde, da Romney Schlupflöcher im Steuerrecht schließen werde.

Biden nahm auch die umstrittene Aussage Romneys über die "47 Prozent" der Wähler ins Visier, die keine Steuern zahlten und wegen ihrer Abhängigkeit vom Staat ohnehin für Obama stimmen würden. "Diese Leute sind meine Mutter und mein Vater, meine Nachbarn", sagte der Vize-Präsident. "Sie zahlen mehr Steuern als Gouverneur Romney."

Vize-Debatte feuriger als Obamas Duell mit Romney
Die Vize-Debatte war jedenfalls wesentlich lebhafter als das Duell zwischen Obama und seinem Herausforderer Romney vor einer Woche. Nach der enttäuschenden Vorstellung des Präsidenten beim ersten Fernsehduell mit Romney stand Biden unter Druck, mit seinem Auftritt wieder einen Vorsprung herauszuarbeiten.

Konnte Biden inhaltlich durchaus punkten, musste er aber im Anschluss an das TV-Duell mit seinem wiederholten Lachen und Belächeln des politischen Gegners viel Spott einstecken. Der Demokrat hatte auf die Redebeiträge des Republikaners Ryan immer wieder mit einem breiten, mitunter überheblich wirkenden Lächeln reagiert. Dabei zeigte der 69-Jährige seine blendend weißen Zähne.

"Ich bin mir nicht sicher, ob die Debatten-Kameras auf Bidens Zähne vorbereitet waren. Das schaut man sich besser mit einer Sonnenbrille an", spotette daraufhin etwa der Korrespondent des "Time"-Magazins, Michael Scherer. Auch der politische Gegner griff Bidens auffälliges Verhalten dankbar auf. Noch in der Nacht verschickte der Parteichef der Republikaner, Reince Pribus, einen Video-Zusammenschnitt von Ryans Rede und dem zeitgleichen Lächeln des 27 Jahre älteren Kontrahenten Biden.

Obama und Romney stolz auf ihre Vizes
"Ich bin sehr stolz auf ihn", sagte indessen Obama im Anschluss an die Debatte mit Blick auf Biden. Bei einer eher ungewöhnlichen Erklärung direkt unter dem Flügel der Präsidentenmaschine lobte der Präsident seinen Vize vor allem für seinen Einsatz für die Mittelschicht. Auch Romney zeigte sich höchst zufrieden mit seinem Vize. Er habe Ryan bereits angerufen und ihm gesagt, dass "seine Familie stolz auf ihn" sein könne, erklärte der republikanische Herausforderer. Ryan habe sich "fantastisch" geschlagen.

Am kommenden Dienstag ist der Präsident selbst wieder gefragt - dann trifft er zum zweiten Mal auf Romney.

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