"Mehr Zeit geben"

Lagarde stößt bei Schäuble auf taube Ohren

Ausland
11.10.2012 16:55
Die Pläne Christine Lagardes, der Chefin des Internationalen Währungsfonds, den Griechen für die Bekämpfung ihrer Schuldenkrise mehr Zeit zu geben, stößt bei Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble auf weitgehende Ablehnung. Lagarde hatte am Donnerstag im Vorfeld der Jahrestagung des IWF und der Weltbank an diesem Wochenende in Tokio gesagt, "es wären zwei weitere Jahre notwendig, damit das Land die Haushaltskonsolidierung tatsächlich bewältigen kann". Schäuble wandte sich auch gegen den angedachten zweiten Schuldenschnitt für Athen.

Ein erneuter Schulden-Cut kam ins Gespräch, weil zahlreiche Wirtschaftsforschungsinstitute ihrer Einschätzung nach keine Alternative mehr für die Griechen sehen und die Zeit immer knapper werde. "Wir vermuten, dass Griechenland nicht zu retten ist", sagte der Kieler Ökonom Joachim Scheide.

Sein Kollege Kai Carstensen vom Münchner Ifo-Institut sagte, Griechenland habe viel erreicht, es reiche aber nicht aus, um die Schuldentragfähigkeit schnell wiederherzustellen. Deshalb sagten die Institute: "Liquiditätshilfen - nein, Restrukturierung der Schulden - ja." Letztendlich sei das Problem mit Reformen allein nämlich nicht zu lösen.

Nun sind öffentliche Gläubiger an der Reihe
Nachdem private Gläubiger bereits im Frühjahr ihren Beitrag mit dem Verzicht auf Forderungen in der Höhe von 100 Milliarden Euro geleistet haben, seien nun öffentliche Gläubiger an der Reihe. Zu diesen zählen neben den Steuerzahlern der anderen Euro-Staaten die EZB und nicht zuletzt auch der IWF.

Schäuble: Forderungsverzicht rechtlich nicht möglich
Schäuble hingegen meinte, Europa sei auf Kurs und habe bereits mehr geschafft, als der übrigen Welt vielleicht klar sei. Ein Forderungsverzicht der öffentlichen Gläubiger sei zudem rechtlich überhaupt nicht möglich. Fast alle Euro-Länder hätten klare Regeln, dass eine Garantie oder ein Kredit nur unter der Bedingung vergeben werden kann, wenn die Rückzahlung einigermaßen gesichert ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte ausweichend auf Lagardes Vorstoß. Man werde den Bericht der Troika abwarten, sagte sie in Berlin.

Athen wartet auf 31,5-Milliarden-Tranche
Derzeit ist offen, ob Griechenland die nächste Hilfszahlung erhält. Der Troika-Bericht von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank steht noch aus. Ohne die Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro droht dem Land, in dem laut aktuellen Zahlen der griechischen Statistikbehörde die Arbeitslosigkeit mittlerweile die 25-Prozent-Marke übersprungen hat, die Pleite und ein Austritt aus der Euro-Zone. Es wird aber erwartet, dass das Geld am Ende doch fließt.

IWF gibt Griechenland nicht auf
Lagarde versicherte, dass der Währungsfonds weiterhin mit Nachdruck an der Rettung Griechenlands arbeite. Die in das Land entsandten IWF-Mitarbeiter versuchten unermüdlich, die Differenzen zwischen den internationalen Geldgebern und dem krisengeschüttelten Euro-Land aufzulösen. Diskussionspunkte seien unter anderem das Tempo beim Defizitabbau und bei den Strukturreformen.

Weltweite Unsicherheit lähmt große Volkswirtschaften
Lagardes Herangehensweise solle auch für andere Krisenländer wie etwa Portugal und Spanien gelten: Manchmal sei besser, mehr Zeit zu erhalten. Zugleich rief die IWF-Chefin die Regierungen Europas und anderer großer Volkswirtschaften wie die USA und Japan auf, energischer gegen ihre Probleme vorzugehen. Rund um den Globus hindere eine Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung die Entscheidungsträger daran, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.

Gefragt seien jetzt aber "mutige und kooperative Handlungen". Der IWF hatte in dem jüngsten Wirtschaftsausblick seine globale Wachstumsprognose wegen der allgemeinen Unsicherheit nach unten korrigiert, besonders deutlich auch für Europa und Deutschland.

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