Hotspot Kitzbühel

In Tirol fehlen 53 Zahnärzte für Kassenstellen

Tirol
21.04.2024 14:20

Da braut sich was zusammen! Vor allem um den Nobelort Kitzbühel klafft in Tirol eine große Lücke bei der zahnärztlichen Versorgung für die breite Bevölkerung. Das Beispiel Kitzbühel zeigt, wie ein Gesundheitssystem kippen kann. 

Über Hausärztemangel wurde in den letzten Jahren viel diskutiert. Ein anderer Brennpunkt sei darüber aus dem Blickfeld gerückt, meint Paul Hougnon, Präsident der Tiroler Zahnärztekammer. Denn auch in seinem Fach spitzt sich die Lage zu. Zumindest in Tirol.

53 Kassenstellen (laut ÖGK 54) im Fach Zahnmedizin sind in Tirol aktuell unbesetzt. „Bewerber gibt es nur vereinzelt“, stellt Hougnon dem gegenüber. Vor allem im Unterland ist es in einigen Orten kaum mehr möglich, Kassenstellen nachzubesetzen. Hougnon nennt Kitzbühel als krasses Beispiel. Zahnärzte gibt es dort einige, aber nur auf Wahlarztbasis. Für Patienten bedeutet das höhere Kosten und bescheidene Rückerstattung durch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK).

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Mein Mann ist Wahlarzt, ich bin Kassenärztin. Ich sehe jeden Tag in unserer Familie den Unterschied. Ich muss deutlich mehr arbeiten für den gleichen Ertrag.

(Bild: Christof Birbaumer)

Ingrid Schilcher, Vize-Präsidentin Tiroler Zahnärztekammer

„600.000 Euro für eine neue Ordination“
Für Hougnon und seine Vize-Präsidentin Ingrid Schilcher liegen die Gründe für das Fehlen von Kassenärzten klar auf der Hand. Zu geringe Honorarabdeckung durch die Kasse bei vergleichsweise vielen aufwendigen Behandlungen, zu viele Zusatzaufgaben wie Wochenenddienste und extrem hohe Kosten für Neueröffnung einer Ordination. Schilcher spricht von rund 600.000 Euro an Investitionen. In einer Stadt mit Rekord-Immobilienpreisen wie Kitzbühel sei es natürlich besonders schwierig, ergänzt Hougnon.

Domino-Effekt führte zu Misere in Kitzbühel
Die hohen Kosten in Kitzbühel sieht auch Arno Melitopulos-Daum, Bereichsleiter in der ÖGK, als einen Grund für die Misere, aber: „Hauptursache ist der Umstand, dass vor einigen Jahren zahlreiche Zahnärzte im Raum Kitzbühel und Kufstein in Pension gegangen sind und der Druck auf die verbleibenden zu groß wurde.“ Das habe zu weiteren Kündigungen wegen Überlastung geführt.

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Hohe Mieten und viel Konkurrenz durch Wahlärzte sind im Unterland ein Problem. Hauptursachen waren jedoch Pensionierungen und einige Kündigungen.

Arno Melitopulos (Bild: Birbaumer Christof)

Arno Melitopulos-Daum, Bereichsleiter ÖGK

Um die immer größere Lücke zu schließen, richtet die ÖGK in Kitzbühel gerade ein Zahnambulatorium ein. Man hofft, dass es heuer noch aufsperren kann. Sicher ist das aber nicht. Es gibt Bauverzögerungen.

Zahnambulatorien sollen die größten Lücken füllen
Vier ÖGK-Zahnambulatorien (Innsbruck, Reutte, Wörgl, Schwaz) gibt es in Tirol bereits. Ohne sie wäre das System vermutlich schon kollabiert. Dort werden jene aufgefangen, die der private Gesundheitsmarkt nicht will: Menschen mit wenig Einkommen und vielen Zahnproblemen. Auch Kassenärzte kümmern sich um diese Personen. „Doch die Honorare in dem Bereich sind sehr bescheiden“, sagt Hougnon. Als Beispiel nennt er 23,30 Euro für das Reißen eines Zahnes, „inklusive Anästhesie und Injektionsmittel.“ Dazu ein Vergleich: Der empfohlene Privattarif allein für eine Anästhesie beträgt laut Kammer derzeit 29 €.

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Die Situation dürfte sich weiter verschärfen. Denn in den nächsten Jahren kommen weniger Zahnärzte aus Österreich von den Unis, weil dort die Quote gefallen ist.

(Bild: Christof Birbaumer)

Paul Hougnon, Präsident der Tiroler Zahnärztekammer

Am Beispiel Zahnärzte wird deutlich, in welchem Spannungsfeld die öffentliche Gesundheitsversorgung zunehmend agiert: Wer es sich leisten kann, geht zum Wahlarzt. Gleichzeitig fehlt Kassenärzten ein gesunder Patientenmix, durch den sie Kosten ausgleichen können.

Zu den Honoraren gebe es laufend Verhandlungen, sagt ÖGK-Vertreter Melitopulos-Daum. Zuletzt habe es deutliche Aufstockungen bei Bereitschaftsdiensten gegeben. Die Honorare sieht der ÖGK-Mann nicht als „den“ Hemmschuh. Schließlich gebe es in vielen Regionen Österreichs keine Probleme, Kassenärzte zu finden.

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