Seit 1898 ist der Leder H. Schuster unter Grazern bekannt für seine Lederwaren. Doch jetzt muss das Geschäft ohne Nachfolger schließen – aus gesundheitlichen Gründen. Inhaber Hermann Heinz Schuster erzählt von der Geschichte des Traditionsbetriebs und den Besonderheiten von Leder.
„Für den Beruf braucht man nicht nur Fachwissen, sondern auch die Liebe zum Material“, sagt Hermann Heinz Schuster. Er steht in seinem Geschäft in der Grazer Schmiedgasse, hinter ihm das Lager, vor ihm ein Korb mit großen Lederteilen und der altbekannte Geruch in der Luft. „Bis jetzt war ich noch nie länger als zehn Tage auf Urlaub“, erzählt der Inhaber des letzten Grazer Ledergeschäfts.
Doch mit Ende Juni muss der Leder H. Schuster seine Türen für immer schließen – und Schuster selbst in Pension gehen. „Ich wollte gerne weitermachen bis ich 70 bin, aber ich bin gesundheitlich sehr angeschlagen“, sagt der 68-Jährige. „Meiner Lunge geht es nicht gut, und ich schaffe es nicht mehr, den ganzen Tag im Geschäft zu stehen.“ Ein harter Schlag, hat er das Lokal doch seit 1994 betrieben.
Ein Stück Grazer Geschichte
Gegründet wurde das Geschäft bereits 1898 – von dem Onkel von Schusters Vater. 1925 übernahm dann sein Vater, der bis zu seinem Tod hier arbeitete. Über beide Weltkriege hinweg blieb der Betrieb bestehen, nur die Adresse änderte sich einmal: Ursprünglich in der Neutorgasse gelegen, wurde das Geschäft 1955 in das heute unter Grazern bekannte Lokal in der Schmiedgasse übersiedelt. Schuster übernahm den Betrieb mit 39 Jahren.
Schon nach der Matura hatte er begonnen, bei seinem Vater mitzuarbeiten, seither hat er so einige Veränderungen miterlebt. „Früher haben vor allem Sattler, Taschner, Schuster und Orthopäden bei uns eingekauft. Heute sind es eher Privatkunden oder Kunsthandwerker.“ Sie kaufen hier Lederriemen, Schuhzubehör oder auch Reste zum Kilopreis, die weiterverarbeitet werden können. Die meisten der Produkte sind aus Italien und Deutschland, von Rindern, Schafen oder Ziegen. „Leder ist ein sehr vielfältiges Material“, sagt Schuster.
In diesem Moment kommt eine ältere Frau bei der Tür hinein – sie möchte sich beraten lassen. Ob sie häufiger hierherkommt? „Ich kaufe oft und schon lange hier ein. Der Leder Schuster wird sehr fehlen“, antwortet sie. Schuster tut es vor allem um seine drei langjährigen Mitarbeiter leid. „Ich habe nie Chef gespielt. Ich habe auch selbst 50 bis 60 Wochenstunden gearbeitet, aber jetzt muss ich alle kündigen.“
Denn für den Traditionsbetrieb gibt es kein Nachfolger. „Seit drei Jahren suche ich, aber finde niemanden. Dabei ist der Verkauf von Leder ein lukratives Geschäft, wenn man das entsprechende Fachwissen hat“, sagt der 68-Jährige. Bevor das gemietete Geschäftslokal der Stadt Graz Ende Juni einen neuen Pächter bekommt, gibt es einen großen Abverkauf. „Wir haben jetzt schon minus 33 Prozent auf einige Waren“, sagt Schuster.
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