Was für ein Wetterumschwung! Zwar hat die Barocksektion des Recreation-Orchesters im Titel ihres Märzkonzerts den Frühling angekündigt, Solistin Lina Tur Bonet entfacht im Grazer Minoritensaal aber lieber einen Sturm.
In kühler, barockschlanker Klanggewandung eröffnet die spanische Geigerin Lina Tur Bonet den Abend im d-Moll Concerto Grosso Francesco Geminianis mit einer reichhaltigen Klanggestaltung: Raureif, Hagel und Blitzschlag glimmen da über die galanten Saiten. Der Titel der Vorlage ist klanglich zu greifen: „La Follia“ – der Wahnsinn.
Zu voller Kraft gelangt der barocke Regenschauer später in Vivaldis Violinkonzert „Grosso Mogul“, in dem Bonet mit siedend-virtuosen Läufen hörbar die Grenzen ihrer Kraft auslotet.
Tänzelndes Temperament
Zuvor spielt man ungewöhnliche Stücke. In die „Graz-Sonata” Vivaldis (die so heißt, weil man sie als Abschrift in hiesigen Archiven fand) legt Bonet tänzelndes Temperament. In Charles Avisons Concerto aus Bearbeitungen von Stücken Domenico Scarlattis beweist die Musikerin durch gemeißelte Läufe (im „con furia”) und einen variierten Spreiztanz („Vivacemente”) endgültig, dass ihre Klangauffassung von Barockmusik nicht altvaterisch, sondern ereignishaft ist. Dem folgt auch das Orchester: Flockig und gut austariert, gleitet man durch einen turbulenten Frühling.
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