Wenige Tage nach der Geburt seiner Tochter klickten bei einem 31-Jährigem in Wien die Handschellen. Die Geschichte ist kaum zu glauben: Ausgerechnet jener Mann, der ihn 2023 fast totgestochen hatte, beschuldigte den frisch gebackenen Papa aus der Haft heraus fälschlich des Drogenhandels. Die Staatsanwaltschaft Linz glaubte ihm.
Freudentränen sind im Gericht selten. Vor Saal 32 im Wiener Landl flossen sie am Freitag. Der Angeklagte schließt nach dem glatten Freispruch seine Frau und seine zwei Monate alte Tochter in die Arme. Drei Tage nachdem das Baby zur Welt gekommen war, wurde die Gattin mit der Kleinen aus dem Spital entlassen. Zeitgleich klickten in Wien-Meidling aus heiterem Himmel die Handschellen.
Quälende Wochen in U-Haft folgten, die Anklage der Staatsanwaltschaft Linz war für den Beschuldigten der reinste Albtraum. Was dem 31-Jährigen, der vor vielen Jahren in Deutschland straffällig wurde, vorgeworfen wird, beruht ausschließlich auf der Aussage seines Jugendfreundes.
Aus Eifersucht früheren Freund falsch beschuldigt
„Der Mann bildete sich ein, mein Mandant hätte eine Affäre mit seiner Frau“, berichtet Verteidiger Philipp Wolm (www.kw-anwaelte.com) in seinem Plädoyer. Der Streit mündete im Jänner 2023 darin, dass der Albaner auf den jetzt Angeklagten einstach. Wegen Mordversuchs musste sich der „Freund“ vor Gericht verantworten, fasste damals zehn Jahre Haft aus.
Es gibt keinen einzigen Nachweis, nur die Behauptungen des damaligen Täters. Alles andere als eine Entschuldigung und ein Freispruch wäre dem Rechtsstaat nicht würdig.
Rechtsanwalt Philipp Wolm
Bild: Gerhard Bartel
Am Freitag wird der bedrohlich wirkende Mann aus der Justizanstalt Stein vorgeführt, um als Zeuge die Anschuldigungen gegen sein damaliges Opfer zu bekräftigen. Demnach hätte ihm der Jungvater vier Kilogramm Kokain gegeben. Die Hälfte davon habe er weiterverkauft, den Rest selbst konsumiert. „Ich habe ihm gar nichts gegeben. Ich glaube, er behauptet es, weil er eifersüchtig ist, dass ich ein schönes Familienleben habe“, ist der Angeklagte im Prozess verzweifelt.
Erste Lebensmonate ohne Papa
„Es gibt keinen einzigen Nachweis, nur die Behauptungen des damaligen Täters. Alles andere als eine Entschuldigung, weil er unschuldig in U-Haft saß, und ein Freispruch wäre dem Rechtsstaat nicht würdig“, sagt Wolm. Als Richter Peter Sampt diesen ausspricht, faltet der Angeklagte erleichtert die Hände. Er stürmt aus dem Saal zu seiner Frau und seiner kleinen Tochter – die die ersten zwei Monate ihres Lebens ohne ihren Papa verbringen musste. Die geringe Haftentschädigung kann diese Zeit nicht ersetzen.
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