Antrag abgelehnt

Küssel-Prozess nach Anwalt-Trick erneut geplatzt

Österreich
26.06.2012 11:13
Die Verhandlung im Wiederbetätigungs-Verfahren gegen den Rechtsextremisten Gottfried Küssel, die am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wieder aufgenommen hätte werden sollen, ist erneut geplatzt. Nachdem Richterin Martina Krainz eine Vertagungs-Bitte von Verteidiger Herbert Orlich, der den Zweitangeklagten Felix B. vertritt, abgelehnt hatte, kündigte dieser nach offensichtlich vorangegangener Absprache mit Orlich seinem Anwalt die Vollmacht. Da in Geschworenenverfahren zwingend ein Rechtsbeistand vorgesehen ist, konnte nicht weiterverhandelt werden.

Hintergrund des "anwaltlichen Notwehrrechts", wie Küssels Rechtsvertreter Michael Dohr diesen Schritt gegenüber Journalisten verteidigte, ist folgender: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat dem Gericht einen brisanten Zwischenbericht vorgelegt, den die Verteidiger ihrer Darstellung zu Folge erst am Montag erhalten haben.

Dohr verwies darauf, dass der Bericht erst nach der am 24. Mai erfolgten zeugenschaftlichen Einvernahme der Leiterin des Extremismus-Referats im BVT, Sybille Geissler, vorgelegt wurde: "Es ist schon interessant, warum nach jahrelangen Ermittlungen der Polizei ein Bericht über ein Verschlüsselungssystem 14 Tage nach Geisslers Befragung kommt."

Geschützte E-Mails entschlüsselt
Der mit 6. Juni datierte Zwischenbericht des BVT umfasst 33 Seiten. Inhaltlich ist er deshalb interessant, da es den Verfassungsschützern mit Experten-Hilfe gelungen ist, die auf einer Computer-Festplatte des Drittangeklagten Wilhelm A. gespeicherten Daten zu entschlüsseln. 2.351 bis dahin geschützte E-Mails konnten damit gelesen werden. Dem Vernehmen nach sollen diese Wilhelm A. und den Zweitangeklagten Felix B. belasten.

Anwalt ortet "Überrumpelung der Angeklagten"
Anwalt Orlich hatte in seinem Vertagungs-Antrag erklärt, man wolle die Angeklagten offenbar mit neuen Ermittlungsergebnissen des BVT "konfrontieren und überraschen". Für die Verteidigung sei es unumgänglich, den Bericht zu prüfen und mit den Mandanten zu besprechen. "Eine Überrumpelung der Angeklagten und ihrer Verteidiger wäre ein schwerer Verstoß gegen das Fairness-Gebot", so Orlich.

Richterin Martina Krainz lehnte den Antrag mit dem Hinweis auf das Beschleunigungsgebot in Strafsachen ab. Außerdem sei es "nicht Aufgabe des Gerichts, den Verteidigern Akten nachzutragen", so Krainz. Unmittelbar darauf meldete sich Felix B. zu Wort und trennte sich von seinem bisherigen Rechtsvertreter. Für B. muss nun ein neuer Anwalt gefunden werden. Sollte das rasch gelingen, dürfte der nächste geplante Verhandlungstermin am 12. Juli nicht gefährdet sein.

Zu wenige Geschworene: Prozessauftakt geplatzt
Bereits Mitte Mai war der Prozess am ersten Verhandlungstag geplatzt, weil zu wenige Geschworene anwesend waren. Auf der Geschworenenbank hatten sich nur sieben von mindestens acht benötigten Laienrichtern eingefunden. Nach einer halbstündigen Wartezeit hatte Richterin Krainz die Verhandlung dann auf den 21. Mai vertagt.

Küssel und den beiden Mitangeklagten wird nationalsozialistische Wiederbetätigung vorgeworfen. Sie sollen die Homepage "alpen-donau.info" sowie das Forum "alinfodo.com" betrieben haben, wobei die drei laut Anklage eine "nationalsozialistische Zielsetzung" bzw. den "Vorsatz verfolgten, durch ihr Handeln die Ziele der NSDAP zu fördern".

Küssel soll die Namen der beiden Domains ausgesucht und Wilhelm A. mit der Registrierung und Einrichtung der an die neonazistische deutsche Homepage "Altermedia" angelehnten "alpen-donau.info" beauftragt haben. Laut Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter nahm er danach maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung des bis zum 22. März 2011 abrufbaren "Sprachrohrs" für Rechtsextreme, mit dem "rassistische, fremdenfeindliche und menschenverachtende Inhalte auf Basis nationalsozialistischen Gedankenguts verbreitet wurden".

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