Je nach Haltungsform

Bauern wollen Qualitätsstufen bei AMA-Gütesiegel

Wirtschaft
07.02.2024 07:36

Die Landwirtschaftskammer und die heimischen Tierhaltungsverbände wollen ein neues Qualitätsstufen-System für tierische Lebensmittel auf Basis des AMA-Gütesiegels. Es gehe darum, neben der Herkunft künftig auch die Haltungsform und Qualität sichtbar zu machen, sagte Landwirtschaftskammer-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger. In den vergangenen Jahren sind viele private Tierwohlsiegel entstanden, die von Supermarktketten und Lebensmittelproduzenten verwendet werden. 

Ziel sei es, eine bessere Wahlmöglichkeit für die Konsumentinnen und Konsumenten zu schaffen, sie für mehr Tierwohl zu gewinnen und eine bessere Lebensgrundlage für die heimischen Bauernfamilien zu erreichen, so Moosbrugger. Der Landwirtschaftskammer-Präsident wies aber darauf hin, dass „noch kein fertiges Konzept“ vorliegt.

„Qualitätsstufen für tierische Produkte“
Die landwirtschaftlichen Branchenvertreter wünschen sich von der AMA-Marketing ein „gut durchdachtes, zertifiziertes und unabhängig kontrolliertes System von Qualitätsstufen für tierische Produkte“. Wichtig sei auch die Verständlichkeit für Konsumentinnen und Konsumenten. Die Einordnung der Tierhaltung soll in einem Fünf-Stufen-System vom gesetzlichen Mindeststandard bis Bio erfolgen. Auch die Tierfütterung, Gentechnikfreiheit und Biodiversität-Maßnahmen soll im Rahmen des Qualitätsstufen-Systems berücksichtigt werden.

AMA-Marketing-Chefin Christina Mutenthaler-Sipek begrüßt den Vorstoß der Landwirtschaftskammer und Tierhaltungsverbände. Man werde bald mit der Landwirtschaft, Lebensmittelproduzenten, Supermarktketten und NGOs das Gespräch suchen und gemeinsam bis zum Sommer einen Vorschlag erarbeiten, sagte Mutenthaler-Sipek zur APA. Als positives Beispiel führte die AMA-Marketing-Chefin Deutschland an. Dort gibt es eine freiwillige Haltungsformkennzeichnung, die unter anderem dabei hilft, verschiedene Tierwohlsiegel in eine Range einzuordnen und zu klassifizieren.

Herkunftsregelung für Milch und Fleisch
In Österreich hatten im Vorjahr von den 4,3 Millionen geschlachteten Schweinen rund zwei Millionen das behördlich anerkannte AMA-Gütesiegel. Von hierzulande 13,7 Mio. Hendlmast-Mastplätzen entfielen 2023 rund 12 Millionen auf das AMA-Gütesiegelprogramm. Bei Rind-Frischfleisch belief sich der Anteil auf 43 Prozent. Fleisch dürfe nur dann ein rot-weiß-rotes AMA-Zeichen tragen, wenn die Tiere in Österreich geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt wurden, heißt es von der AMA-Marketing. Diese umfassende Herkunftsregelung gelte auch für Milch und Milchprodukte wie Käse oder Joghurt.

Tierschützer kritisieren Gütesiegel
Umwelt- und Tierschützer haben in der Vergangenheit beim AMA-Gütesiegel vor allem das Thema Fütterung und Tierschutz kritisiert. „Aus Übersee importiertes gentechnisch verändertes Futtermittel ist in der Schweine- und Rindermast zulässig und wird auch häufig verwendet“, schreibt Greenpeace in ihrem Gütesiegel-Guide. „Tierschutzstandards gehen bei den Basisanforderungen nur selten wesentlich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Es gibt allerdings freiwillige Zusatzmodule“, so die Umweltschützer zum AMA-Gütesiegel. Das AMA Bio-Siegel stuft Greenpeace hingegen als „sehr vertrauenswürdig“ ein.

Im Jahr 2022 haben skandalöse Zustände in einem steirischen Hühnermastbetrieb sowie Missstände in einem Schweinemastbetrieb in Kärnten und Niederösterreich für Aufsehen gesorgt. Die AMA-Marketing sperrte daraufhin die Betriebe für ihr Gütesiegel und sprach von „punktuellem Fehlverhalten“. Tierschützer und Rewe Österreich (u.a. Billa, Penny) forderten strengere AMA-Kontrollen. Die AMA-Marketing erhöhte die Zahl der jährlichen Kontrollen. Seit langem kritisieren Tierschützer in Österreich auch die Haltung von Schweinen auf Spalten-Betonböden ohne Einstreu. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat zu Jahresbeginn die bis 2040 dauernde Übergangsfrist beim Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung aufgehoben. Dem Gesetzgeber wurde bis Juni 2025 Zeit gegeben, die Regelung zu reparieren. Die Landwirtschaftskammer will bald einen eigenen Vorschlag auf den Tisch legen.

Bauern fürchten „unfairen Wettbewerb“
Die Landwirtschaft fordert seit langem eine kostendeckende Abgeltung der höheren Produktionsstandards. „Wenn es unsere Handelspartner und qualitätsbewussten Gruppen in der Gesellschaft wirklich ernst meinen mit mehr Tierwohl, braucht es einen konkreten Plan mit klaren Zukunftsperspektiven für unsere tierhaltenden Betriebe“, so Landwirtschaftskammer-Österreich-Chef Moosbrugger. Investitionen in Tierwohl-Ställe müssten über mehrere Jahre bis Jahrzehnte abbezahlt werden. „Hingegen ständig die nationalen Produktionsstandards ohne Begleitmaßnahmen erhöhen zu wollen, führt lediglich zu einem unfairen Wettbewerb, schließenden Bauernhöfen und Billigimporten jener Standards, die dann in Österreich verboten sind“, warnte der Bauernvertreter.

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