Mit einer vernichtenden Halbzeit-Bilanz sah sich Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag bei ihrem Eintreffen auf dem Öko-Gipfel konfrontiert. Die Konferenz stehe laut Aktivisten an der Kippe...
„Das Vertrauen ist auf vielen Ebenen belastet. Der COP-Präsident ist gleichzeitig Chef eines riesigen Ölkonzerns. Die Vereinigten Arabischen Emirate predigen Klimaschutz, investieren aber weiter massiv in fossile Energien. Versprechungen vergangener Gipfel wurden nicht eingehalten, und geleakte Dokumente weisen darauf hin, dass die Verhandlungen für Öl- und Gasdeals missbraucht wurden“, analysiert der maßlos enttäuschte Philipp Steininger, der als Teil der österreichischen Jugenddelegation in Dubai weilt. Der von ihm angeprangerte Skandal: „Mehr als 4000 Akkreditierungen wurden großzügig vom Gastgeberland an fossile Lobbyisten verteilt. Akteure, die noch nie etwas für den Klimaschutz getan haben, dürfen hinein, während viele Klimaaktivisten draußen bleiben müssen.“ Dubai spiele ein gefährliches Spiel, indem es die Bühne der COP für wirtschaftliche Interessen nutze.
Versprechungen vergangener Gipfel wurden nicht eingehalten, und geleakte Dokumente weisen darauf hin, dass die Verhandlungen für Öl- und Gasdeals missbraucht wurden.
Philipp Steininger, österreichischer Jugenddelegierter
Viel Klimashow - wenig wirkungsvoller Umweltschutz
Überhaupt präsentiere sich der Gipfel im Glanz von Superlativen, aber hinter der Kulisse wirke alles wie eine inszenierte Klimashow mit mehr als 70.000 Teilnehmer, Showeinlagen, großer Rhetorik - doch der ernsthafte Klimaschutz bleibe auf der Strecke! Sultan Al-Jabers Klimakonferenz werde aber nicht am Luxus vor Ort, sondern an einem verbindlichen Ausstieg aus fossilen Energien gemessen. Es scheint so, als ob er dies verdränge.
Die nackten Zahlen: Die Erderhitzung verursacht bereits heute horrende Schäden, die ab 2030 auf etwa 400 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt werden. Im krassen Gegensatz dazu stehen die bisher bereitgestellten vergleichsweise niedrigen Summen von etwa 720 Millionen US-Dollar durch Industriestaaten, um Schäden und Verluste zu kompensieren. Steiningers (öko)logische Forderung: „Das Gastgeberland und die Welt müssen endlich wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen, um die Folgen der Erderhitzung zu kompensieren.“
Das Gastgeberland und die Welt müssen endlich wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen, um die Folgen der Erderhitzung zu kompensieren.
Philipp Steininger
Dabei nimmt der 24-jährige Vorarlberger die EU und Österreich sogar in Schutz: „Sie leisten bei weitem nicht genug, um ihren fairen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu erreichen. Im zentralen Bereich der Emissionsreduktion liegen die großen Blockierer aber woanders, in Saudi-Arabien, Ägypten, Südafrika und teilweise auch in China, die sich gegen einen verbindlichen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas wenden“. Oftmals auch mit Mitteln außerhalb der diplomatischen Gepflogenheiten...
Nicht einmal Minimalkompromisse?
Steininger ortet auch noch eine andere perfide Taktik: „Seitens des globalen Südens werden die komplette Schuld an der Erderhitzung, sowie die Verantwortung diese zu lösen, auf die Industriestaaten im Westen abgewälzt. Sich selbst stellt man als Länder dar, die ohne Mittel und Verantwortungen zur Lösung beitragen. Das ist fatal, und muss öfters thematisiert werden, gerade von Aktivisten in Europa. Dieses Schwarz-Weiß-Narrativ muss durchbrochen werden.“ Der Globale Süden sei eben vielschichtig. Gebot der Stunde: „Allianzen mit konstruktiven Kräften zu schmieden. Doch der Gipfel scheitert von Stunde zu Stunde immer mehr. Selbst Minimalkompromisse rücken immer mehr in weite Ferne.“
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