„Du willst unkompliziert sein, damit du wieder gebucht wirst.“
„Gerade am Anfang der Karriere schlucken viele schon sehr viel, oft zu viel.“
„Macht‘s euch das aus, das ist ja kein Kindergarten hier. Ihr seid alle erwachsen, sag halt was.“
Es sind Sätze wie diese, die jene Menschen - vor allem junge, vor allem Frauen - oft hören, wenn sie Missstände aufzeigen. Wenn sie Vorwürfe der (sexuellen) Belästigung, der Gewalt, der Demütigung gegenüber ihren - meist älteren, meist Männern - Kollegen äußern. In jeder Branche gibt es das. Die Verkäuferin, der der Filialleiter tief ins Dekolleté schaut. Die Kellnerin, die vom Restaurantchef einen Klaps auf den Po bekommt. Die Sekretärin, die vom Manager mit Nachdruck gebeten wird, am Abend länger und mit ihm alleine zu bleiben. Die Maskenbildnerin, vor der der große Star und Publikumsliebling sich ganz ungeniert selbst befriedigt. Nein, es ist kein Spezifikum der Filmbranche, was „Krone“-Medienredakteurin Jasmin Gaderer und Kulturchef Stefan Weinberger aufgedeckt haben: Dass sich trotz #metoo und anderen Skandalen noch immer die wenigsten trauen, Missbrauch öffentlich zu machen - weil immer die missbraucht werden, die Angst vor den Konsequenzen haben müssen, vor beruflichen, vor gesellschaftlichen.
Jede zweite Frau hat sich schon einmal an ihrem Arbeitsplatz belästigt gefühlt. Und dennoch schlägt es deutlich höhere Wellen, wenn die Vorfälle dort passieren, wo wir alle gerne hinsehen, wohin wir uns alle träumen: in der schönen Glitzer- und Glamourscheinwelt. Deren Schattenseiten - von (Macht-)missbrauch bis zu prekären Arbeitsverhältnissen - wir gerne ausblenden. Solange wir das tun, den Scheinwerfer nicht auch dorthin richten, wird sich nichts zum Besseren ändern. Nicht für Schauspieler und Schauspielerinnen, nicht für die Maskenbildner und -bildnerinnen und schon gar nicht für Sekretärinnen, Kellnerinnen, Verkäuferinnen. Jede Frau - auch jeder Mann - die Missbrauch aufzeigt und darüber spricht, ändert sehr wohl etwas zum Besseren. Ebenso wie jede Frau - und jeder Mann - die für ein Opfer da ist, ihm zuhört, Kraft gibt, es versteht und ermutigt. Eine leise Tat, die viel bewegt - und die, konsequent verfolgt und gesellschaftlich breit getragen - den Opfern auf Dauer ebenso viel bringt, wie die Täter öffentlich zu machen und zu konfrontieren. Wenn nicht sogar mehr ...(ts)
Starten Sie gut ins Wochenende!
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