Im Pazifik gesunken

Dutzende Tote auf russischer Bohrinsel befürchtet

Ausland
19.12.2011 06:30
Vor der Ostküste Russlands hat sich im eisigen Pazifik am Sonntag eine Tragödie abgespielt: Eine Bohrinsel mit 67 Menschen an Bord sank bei einem schweren Unwetter im Ochotskischen Meer. 14 Besatzungsmitglieder konnten nach Angaben der Behörden aus den Fluten rund 200 Kilometer vor der Insel Sachalin gerettet werden, während für die übrigen Männer kaum mehr Hoffnung besteht. Bisher wurden 16 Leichen gefunden.

Die Bohrinsel Kolskaja wurde Sonntagmittag Ortszeit von einem Schlepper und einem Eisbrecher von der Halbinsel Kamtschatka zur Insel Sachalin gebracht, als sie bei heftigem Sturm in Seenot geriet und innerhalb von 20 Minuten sank. Bis zum späten Abend entdeckten die Rettungskräfte vier Leichen im Wasser, konnten diese aber wegen des hohen Wellengangs nicht bergen. Bis zum Montagmorgen wurden dann weitere zwölf Leichen entdeckt.

Wenig Hoffnung für Vermisste
37 Besatzungsmitglieder wurden am Montag noch vermisst, der Zustand von zwei der 14 geborgenen Ölarbeiter ist lebensbedrohlich. Nach Angaben des Kreml wurden die Rettungsbemühungen mit Flugzeugen, Hubschraubern und Schiffen trotz schwieriger Wetterbedingungen fortgesetzt. Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, bis zu fünf Meter hohe Wellen und Sturmböen behinderten die Suche nach Überlebenden. Experten gehen davon aus, dass die verunglückten Arbeiter in Schutzanzügen in dem eiskalten Wasser vielleicht sechs Stunden überleben hätten können. "Danach setzt die Unterkühlung ein", sagte Anton Prochorow vom Katastrophenschutzministerium. "Wir beten für ein Wunder."

In der Stadt Juschno-Sachalinsk nahe der Pazifikküste beteten Angehörige bei einem Gottesdienst gemeinsam für eine Rettung der Vermissten. Die örtliche Verwaltung stellte Angehörigen, die aus anderen Regionen angereist waren, kostenlos Unterkünfte zur Verfügung. "Zur Vermeidung einer Panik werden die Menschen psychologisch betreut", sagte ein Behördensprecher.

Laut dem Ministerium hatten am Sonntag Eis und meterhohe Wellen die Luken der Bohrinsel beschädigt. Das Wasser sei so rasch eingedrungen, dass sie untergegangen sei, bevor Rettungshubschrauber sie erreicht hätten. Die Besatzung habe offenbar keine Zeit mehr gehabt, sich in die Rettungsboote zu flüchten. Alle vier Boote seien verwaist gewesen.

Sicherheitsregeln missachtet?
Die Generalstaatsanwaltschaft leitete unterdessen Ermittlungen gegen den Kapitän des Eisbrechers ein, der die Bohrinsel trotz Sturmwarnung von Kamtschatka nach Sachalin schleppen wollte. Es bestehe der Verdacht, dass während des Transports der Ölplattform Sicherheitsregeln missachtet wurden. Es sei auch unklar, warum die Arbeiter während des Schleppmanövers auf der Plattform blieben und ob die Bohrarbeiten überhaupt erlaubt waren.

Die Besatzung der Kolskaja musste nach Angaben des Katastrophenschutzministeriums bereits vor dem Unglück permanent Wasser aus einem lecken Tank abpumpen. Die Plattform wurde im Auftrag von Gazflot betrieben, einer Tochtergesellschaft des russischen Gaskonzerns Gazprom. Der Eigentümer wehrte sich gegen die Vorwürfe, dass Regeln missachtet wurden. "Die Wettervorhersage war günstig, das Schleppen erfolgte nach absolut üblichen Regeln", sagte ein Sprecher nach Angaben der Agentur Interfax.

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