Schweiz

Erwanderter Weingenuss

Reisen & Urlaub
04.07.2023 06:00

66 Kilometer durch Terrassen voller Reben im Schweizer Kantons Wallis, entlang der Rhone, an der Südseite der Alpen: das stärkt die Kondition, auch in kulinarischer Hinsicht

Schweizer Berge, Almen, Käse, Schokolade, Banken, Uhren, Pünktlichkeit - Schlagworte beim Gedanken an unsere westlichen Nachbarn.

Malerische Dörfer: Wehrtürme, Schlösser und Brücken zeugen von der langen Geschichte des Rhone-Tales. (Bild: (c)2022 BRIGITTE MUSSIL)
Malerische Dörfer: Wehrtürme, Schlösser und Brücken zeugen von der langen Geschichte des Rhone-Tales.

Wein ist nicht dabei – und das ist ein Fehler, wie ein Lokalaugenschein im mit fast 5000 ha wichtigsten Anbaugebiet der Schweiz zeigt. Im Wallis gibt es weniger Niederschlag und mehr Sonnenstunden als in anderen Kantonen, der Himmel ist oft besonders blau, weil hohe Berge im Norden den Regen abhalten und der Föhn die Wolken wegfegt. Dieses günstige Klima macht nicht nur seine Bewohner lockerer und offener, als es dem Klischee von den trockenen Eidgenossen entspricht, es ist auch ideal für den Weinbau. Die hohen Temperaturunterschiede fördern die Reife der Trauben, schützen sie vor Krankheiten, erhöhen ihre Komplexität und ihre Aromafinessen.

DATEN & FAKTEN

Infos allgemein:
Schweiz Tourismus 00800 100 200 30 (kostenlos)
info@myswitzerland.com
MySwitzerlandcom

Weinwanderung Veranstalter:
eurotrek@eurotrek.ch www.eurotrek.ch
Hotline: 0041 78 750 29 77

Soweit die Theorie: Die Praxis lässt sich auf dem 66 Kilometer langen Weinwanderweg, dem Chemin du vignoble, zwischen Martigny und Leuk entlang der Rhone ergehen – und erkosten. Vier Tagesetappen sieht der offizielle, mit Schweizer Genauigkeit erstellte Plan dafür vor. Gehzeiten, Wegbeschreibung. Sehenswürdigkeiten, Einkehrmöglichkeiten sind genau aufgelistet. Quartiere, Gepäcktransport, Optionen für Schlechtwetter, alles organisiert.

Die etwa 100.000 Schritte führen auf idyllischen, gut ausgebauten Wegen in sanftem Auf und Ab zwischen 400 und 800 Metern Meereshöhe, immer mit Blick auf die imposanten Gletscher der nahen Viertausender. Stolz zeigen unsere Gastgeber ihre terrassenförmig an den steilsten Sonnenhängen angelegten Flächen; wer, wie wir, im September wandert, profitiert nicht nur von warmen, aber nicht zu heißen Tagen, sondern kann die Winzer auch bei der Weinlese beobachten.

Die Weinlese ist auf den kleinflächigen, steilen Terrassen noch anstrengende Handarbeit für die ganze Winzerfamilie. (Bild: (c)2022 BRIGITTE MUSSIL)
Die Weinlese ist auf den kleinflächigen, steilen Terrassen noch anstrengende Handarbeit für die ganze Winzerfamilie.

Auf diesen kleinen, steilen Terrassen wird alle Arbeit händisch verrichtet; auch die insgesamt 3000 Kilometer Trockensteinmauern im Gebiet müssen liebevoll in Handarbeit erhalten und ausgebessert werden. Obwohl es hier schon zu Beginn unserer Zeitrechnung erste Weinkulturen gab, entstanden viele Rebflächen erst vor etwa 50 Jahren. Unser Wanderbegeleiter Valentin schildert genau, wie Milchbauern damals vorwiegend aus finanziellen Gründen von der Almwirtschaft auf Reben umstellten.

Nach einer ausgiebigen Wanderung gibt’s abends traditionelles, schweres Raclette - mit gutem Gewissen. (Bild: (c)2022 BRIGITTE MUSSIL)
Nach einer ausgiebigen Wanderung gibt’s abends traditionelles, schweres Raclette - mit gutem Gewissen.

Wie gut das gelang, zeigten einige - wohlverdiente - kulinarische Pausen entlang des Weges. Alle der 50 Rebsorten konnten wir bei allem gutem Willen nicht verkosten, einige, wie die Petite Arvine, der Lafnetscha, der Heida und natürlich Fendant und Malvoisie, hinterließen allerbesten Eindruck. Mit der passenden „Unterlage“ aus Bündnerfleisch, Speck und Käse lässt sichs gestärkt weitermarschieren - bis zum abendlichen traditionellen Raclette . . .

Nach vielen Tausend Schritten gibt’s ein Gläschen zur Belohnung - und als Ansporn fürs weitergehen. (Bild: (c)2022 BRIGITTE MUSSIL)
Nach vielen Tausend Schritten gibt’s ein Gläschen zur Belohnung - und als Ansporn fürs weitergehen.

Ein kultureller „Seitenblick“ zeigt Schloss Muzot oberhalb von Sierre/Siders, wo Rainer Maria Rilke seine letzen fünf Lebensjahre verbrachte - und schrieb: „Das Wallis ist eine der herrlichsten Landschaften, die ich je gesehen habe, und in großartiger Weise fähig, auch unser Innenleben zu berühren“. Ein auch heute - und für Genuss-Wanderer - gültiges Dichterwort!

Brigitte Egger

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