Der SPÖ-Super-GAU

Namen wurden vertauscht: Babler ist Sieger!

Politik
05.06.2023 15:41

Es ist eine politische Kernschmelze: Andreas Babler hat die Wahl zum SPÖ-Chef offenbar aufgrund einer Verwechslung gewonnen. Hans Peter Doskozil und Andreas Babler sprechen von einem „Tiefpunkt“ der österreichischen Sozialdemokratie. Der vermutliche Neo-Chef will nun noch einmal auszählen lassen, weil sich neue Fragen stellen.

„Ich bin heute gegen 14 Uhr in die Löwelstraße gegangen, um nach der ominösen verlorenen Stimme zu suchen“, sagt die SPÖ-Wahlleiterin Michaela Grubesa mit belegter Stimme. Sie habe sie auch gefunden. Und dann folgen Worte, die alles verändern.

Außerdem sei ein weiterer „außerordentlicher Fehler aufgefallen“. Bei der Überführung des Ergebnisses in eine Excel-Tabelle wurden die Namen der Kandidaten vertauscht. Die Daten seien nicht mehr „kontrolliert“ worden.

Das neue Ergebnis:

  • Babler: 317 Stimmen
  • Doskozil: 280 Stimmen

Eine „verlorene“ Stimme führt zum Super-GAU
Dass es überhaupt zur Neuauszählung am Nachmittag kam, hängt damit zusammen, dass beim offiziell verkündeten Ergebnis am Samstag eine Stimme fehlte.

Das „verlorene“ Votum habe sich nun als ungültig herausgestellt. Dass die Suche danach das Ergebnis indirekt komplett auf den Kopf stellt, weil dadurch nachgezählt wurde, kommt einem politischen Super-GAU gleich.

Neuer Parteitag „nicht nötig“ - und neue Verwirrung
Ein neuer Parteitag ist laut Grubesa nicht nötig: „Aus meiner Sicht ist der ganze Prozess belegbar“, so Grubesa, die sich bei Doskozil entschuldigte. Dass am Parteitag nicht nachkontrolliert wurde, nahm sie auf sich. Niemand in der Kommission - auch nicht sie selbst - habe das veranlasst.

Doch auch Grubesas Ausführungen sorgen für Verwirrung: Die fehlende und nun wieder gefundene Stimme ordnete sie nämlich den ungültigen Stimmen zu - doch hat sich deren Zahl gegenüber dem Wahltag nicht geändert. Dafür gibt es bei den Sieger- und den Verlierer-Stimmen plötzlich jeweils eine mehr.

Doskozil zieht sich aus Bundespolitik „ein für alle Mal“ zurück
„Das ist in einem gewissen Maße ein Tiefpunkt der österreichischen Sozialdemokratie“, befand Doskozil vor Journalisten in Eisenstadt. Er habe bereits am Montagvormittag von Ungereimtheiten gehört - obwohl Grubesa nach eigenen Worten erst am Nachmittag nachgezahlt habe. An dem Ergebnis sei nun trotzdem nicht zu rütteln. Für ihn persönlich sei das „kein besonders angenehmer Tag“. Dennoch wolle Doskozil nicht mit dem „Finger zeigen“. Der burgenländische Landeshauptmann appellierte an all seine Unterstützer, Babler nun den Rücken zu stärken. „Häme und Spott“ würde es jetzt sowieso geben, das müsse die Partei aber aushalten.

Das Kapitel Bundespolitik sei für Doskozil „ein für alle Mal abgeschlossen“. Auch Roland Fürst, der dem Team Doskozil angehört, gratulierte auf Twitter dem Traiskirchner Bürgermeister zum Parteivorsitz. Wie es weitergehe, sei „seit Samstag“ in Bablers Verantwortung, so Doskozil.

Babler fordert Überprüfung der Wahl
Babler hätte die bittersüße Nachricht am Montag kurz nach 15 Uhr erhalten. Dem Ergebnis traut offenbar auch er nicht. Babler bitte die Wahlkommission nun, „die Stimmen noch einmal zu überprüfen“. Es sei ganz wichtig, dass keine Fragezeichen bleiben. Oberstes Gebot: „Absolute Transparenz“, so Babler bei einer Pressekonferenz. Das schulde die SPÖ ihren Mitgliedern. Auch Babler spricht von einem „Tiefpunkt“, er entschuldige sich „aus ganzem Herzen“. Sollte das Ergebnis bestätigt werden, würde er mit seinem Team am „Comeback der Sozialdemokratie“ arbeiten. 

Der mögliche neue Parteichef wolle den Genossinnen und Genossen ihre „Würde“ zurückgeben. Der Traiskirchner Bürgermeister wirkte sichtlich geschockt. Babler hielt fest: „Was hier passiert ist, ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Fragen wollte er nicht beantworten.

Die folgenschwere Verwechslung bildet den (vorläufigen) Höhepunkt chaotischer Monate in der SPÖ. Bablers Vorvorgänger Christian Kern fasst es auf Twitter so zusammen: Der Ablauf des ganzen Vorgangs sei „eine eindrückliche Bestätigung, dass man es in der Politik nicht so dumm denken kann, wie es hinterher kommt.“

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