„Krone“-Interview

Sänger Sueco: „Habt niemals einen Plan B im Leben“

Wien
05.12.2023 09:00

Via TikTok und Spotify sang sich der 27-jährige Kalifornier Sueco mit einer Mischung aus Punkrock, Rap und (früher) EDM in die Herzen seiner vornehmlich jungen Fans. Im Interview erklärt er uns, wie die Musik sein Leben rettete und weshalb er sie als Gemeinschaftserlebnis begreift.

Suecos Geschichte kennt man. Sie begleitet Mitglieder von Punkrock-Bands seit Mitte der 80er-Jahre und hat Subgenres wie Emo-Core oder Screamo erst möglich gemacht. William Henry Victor Schultz, so der bürgerliche Name des im kalifornischen Pasadena geborenen Musikers, hatte keine leichte Kindheit. Der Vater als Fernfahrer die meiste Zeit unterwegs, die Mutter starb an Brustkrebs, als der Sohn gerade einmal 15 Jahre jung war. Zu den ohnehin mangelnden Freundschaften in der Schule folgten auch noch Orientierungslosigkeit und Depressionen. Zu dieser Zeit hat sich Schultz aber längst in die Welt der Musik gewühlt. Sie ist ihm ein Begleiter in schweren Zeiten, spendet ihm Trost und bringt ihn auf andere Gedanken. Sein erstes selbst gekauftes Album ist Green Days „American Idiot“, von dort weg rutscht er zunehmend in den Hardcore. Eine Szene, die auf Außenseitertum, Zusammenhalt und Gemeinschaft baut.

Musik als Therapie
„Die Musik war für mich immer das einzige Ventil, um mit meinen Emotionen klarzukommen“, erzählt Sueco der „Krone“ im Interview, während er lässig im übergroßen Pulli und mit Emo-Haarschnitt am Sessel lümmelt, „ich saß als Teenager in meinem Schlafzimmer und habe all das niedergeschrieben, was mich beschäftigt hat. Erst als ich mir die Texte später noch einmal durchgelesen habe, dachte ich mir, ,heilige Scheiße, so schlimm ist es also um dich bestellt?‘“. Das Texten ist für den 27-Jährigen genauso Therapie wie das Performen auf der Bühne. Sein Österreich-Debüt gab er im Sommer 2022 auf der Bühne des Frequency Festivals, wo sich sofort ein ansehnlicher Mob aus Teens und jungen Menschen wiederfand, die seine zwischen Rap, Punkrock und Emo changierenden Songs aus voller Kehle mitzusingen.

„Mir ist es prinzipiell egal, ob ich vor zwei oder 10.000 Leuten spiele. Es liegt im Endeffekt an mir, für die Stimmung zu sorgen. Ich bin der Entertainer, ich habe die Verantwortung.“ Auf der Bühne schlüpft der so zurückhaltende wie schüchterne Musiker in eine Art neue Haut, die ihn zu Bestleistungen anspornt. Bis er im Sommer 2018 mit „Henny In The Trunk“ seine erste Single veröffentlichte, tingelte Sueco durch Spanien, Puerto Rico, Nashville und Los Angeles. In Europa wurde ihm auch sein Spitz- und Bühnenname verliehen. Sueco ist das spanische Wort für Schwedisch und spielt auf seine schwedischen Vorfahren an. Vor vier Jahren ging er mit dem Song „Fast“ auf TikTok viral und wurde wenig später von Atlantic Records unter Vertrag genommen. Ein halbes Jahr vor Ausbruch der Pandemie krallte sich Sueco in der Musikszene fest.

Guter Vernetzer
Seine Mischung aus EDM, Rap und Punk hat sich mittlerweile stärker Richtung Punkrock und Pop-Punk entwickelt. „Wenn es um die Gefühle und Emotionen ging, habe ich immer Punkrock und Hardcore gehört. Ging es um eine gute Zeit und lässige Kumpels, dann hörte ich Rap.“ In den letzten Jahren vernetzte er sich mit Szene-Schwergewichten wie Blink-182-Drummer Travis Barker, Linkin Parks Mike Shinoda oder Papa Roach. Im März 2022 veröffentlichte er sein Debütalbum „It Was Fun While It Lasted“, mit dem er sich schlussendlich auch in Europa bekannter machte. „Durch die Streaming-Plattformen hast du heute Möglichkeiten, die es früher nicht gab. Die Qualität muss aber trotzdem stimmen. Wichtig ist, dass man sich nie verunsichern lassen darf. Geht ein Song mal nicht gut oder hat man das Gefühl, hängenzubleiben, dann muss man weitermachen. Ich nehme alles selbst in die Hand und bin meines eigenen Glückes Schmied.“

Zu seinen intensivsten Songs zählt „Today“, wo Sueco darüber singt, dass er gerne seine vor vielen Jahren verstorbene Mutter treffen möchte. „Meine Kunst ist ehrlich und Ehrlichkeit kennt keine Grenzen. Zu den schönsten Dingen an der Rockmusik gehört, dass sie einerseits unheimlich hart und tough ist, andererseits aber auch sehr verletzlich und emotional. Man findet darin ein Ventil, um seine Sorgen abzuladen. Das habe ich als Teenager gefühlt, als ich Musik hörte und fühle es jetzt, wo ich sie selbst mache.“ Am Wichtigsten sei ihm, den Schmerz zu teilen. „Ich mache die Musik nur ganz am Anfang für mich, aber eigentlich für alle da draußen. So wie meine favorisierten Künstler mir durch eine schwere Zeit geholfen haben, will ich das auch bei anderen machen. Es gibt nichts Schöneres, als wenn man Sorgen teilt und einen Abend gemeinsam genießen kann.“

Zufriedenheit und Erfüllung
Zuletzt zeigte Sueco mit der Single „POS“ - steht für „Piece Of Shit“ - auf, ein weiteres Album steht wohl schon in den Startlöchern, auch wenn der Single-orientierte Künstler gar kein volles Produkt fertigen müsste. Erfolg misst der Amerikaner aber nicht an Geld und Verkaufszahlen. „Da geht es um Zufriedenheit und Erfüllung. Allerdings sind das zwei verschiedene Paar Schuhe, die man keinesfalls verwechseln darf.“ Der Infight mit Fans ist auch bei seiner Wien-Show erwünscht und ersehnt. „Bei mir ist es wie bei einer Hardcore-Show. Die Leute hüpfen auf die Bühne, reißen mir das Mikro aus der Hand, brüllen was hinein und springen wieder ins Publikum zurück.“ Mit 27 fühlt er sich im Leben angekommen wie nie zuvor. „Ein Tipp von mir an euch: habt nie einen Plan B im Leben. Der sorgt nur dafür, dass ihr Plan A nie richtig umsetzen werdet.“

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Wien Wetter



Kostenlose Spiele