Anlässlich der entsetzlichen Gewalttat erklärt der bekannte Grazer Psychiater Manfred Walzl im Interview, was Nachahmungstäter antreibt.
„Krone“: Der aktuelle Fall lässt einen sofort an das Verbrechen in Graz denken: Könnte es sich um eine Nachahmungstat handeln?
Manfred Walzl: Ich stelle keine Ferndiagnose, aber Parallelen sind offensichtlich, und Trittbrettfahrer gibt es immer wieder. Aktuell entsetzt uns ja auch die brutale Amoktat in einem serbischen Dorf, die einem Amoklauf an einer Schule folgte.
Was treibt einen Nachahmungstäter an?
Eine gewisse Bewunderung für den Täter und die „Bestärkung“, dass ein Verbrechen so schon einmal „funktioniert“ hat. Es kann auch sein, dass eine Tat im Vorfeld der endgültige Anstoß dafür ist, einen vorher nur gedanklichen Gewaltakt in die Tat umzusetzen.
Steigt bei uns grundsätzlich die Gewaltbereitschaft?
Ja, und das ist auch kein Wunder. Man schaltet den Fernseher ein und hat binnen drei Minuten drei Tote; das lässt abstumpfen, lässt Brutalität zum Alltag und „normal“ werden. Außerdem wird Gewalt verherrlicht. Allein wenn Rapper davon singen, werden sie bejubelt. Da fallen Schranken.
Viele Täter fallen im Vorfeld nicht einmal auf.
Psychiater Manfred Walzl
Wie kann man dieser Entwicklung entgegenwirken?
Mit einer grundlegenden Änderung in der Gesellschaft. Mit Eltern, die wieder Grenzen setzen. Problemlösungen finden innerhalb der Familie heute ja immer weniger statt. Empathie gibt es immer seltener, Zivilcourage wird zur Ausnahme. Es muss sich wieder in die Gegenrichtung entwickeln - und zwar schleunigst und mit aller Kraft.
Das war der mittlerweile elfte Frauenmord. Was kann man zur Prävention tun?
Nicht viel, ernüchternderweise. Viele Täter kündigen ihre Verbrechen nicht an und fallen im Vorfeld nicht einmal auf.
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