Beschlossene Sache

Regierung pumpt weitere Milliarden in die Euro-Rettung

Österreich
30.09.2011 14:24
Der Nationalrat hat am Freitagnachmittag in einer Sondersitzung der Aufstockung des Euro-Haftungsschirms EFSF mit der Mehrheit von Koalition und Grünen zugestimmt. Die Haftungsverpflichtung für Österreich wird damit von 12,2 auf 21,6 Milliarden angehoben. Dazu kommen noch Kosten und Zinsen, die sich nach aktueller Schätzung auf bis zu 7,1 Milliarden Euro belaufen könnten, in Summe also 28,7 Milliarden Euro, für die Österreich geradesteht.

Der Gesamtrahmen für den EFSF beträgt künftig 780 Milliarden Euro (derzeit 440 Milliarden). Den größten Teil der Last trägt Deutschland mit Haftungen in Höhe von 211 Milliarden. Der Bundestag hatte dieser Vorgabe am Donnerstag mit großer Mehrheit zugestimmt.

Altbekannte Standpunkte
Zuvor hatten die Abgeordneten ihre altbekannten Standpunkte zum Thema aufgewärmt. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache forderte abermals - vergebens und unterstützt vom BZÖ - eine Volksabstimmung, um letztlich nicht nach der "Brüsseler Peitsche" zu kuschen. "Was Sie hier betreiben, ist ein glatter Missbrauch gegenüber allen Österreichern", griff er erneut die Regierung an. "Sie leben hier die Solidarität mit den Tätern. Das Opfer sind die europäischen Völker." Strache scheute auch zeitgeschichtliche Vergleiche nicht: "Das Ganze erinnert an die untergegangene Sowjetunion, wo es auch zu Massenenteignungen gekommen ist."

"Es ist nicht populär, was wir hier heute tun"
"Es ist nicht populär, was wir hier heute tun, aber wir müssen es tun", konterte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf. Er erinnerte an die Debatte zum selben Thema im Deutschen Bundestag, die sehr sachlich abgelaufen sei. "Sie wollen mit der Volksmeinung spielen, mit dem Stammtisch." Kopf warnte vor einer Gefährdung des europäischen Integrations- und Friedensprojekts. Österreich sei zu klein, um seine Wirtschaftstätigkeit allein abwickeln zu können. "Es lohnt sich, Opfer zu bringen, denn alles andere wäre mit größerem Schaden verbunden."

BZÖ-Chef Josef Bucher wiederum sah in Kopfs Warnung Angstparolen: "Distanzieren Sie sich endlich einmal von diesem dummen Gedankengut, das Sie hier betreiben!" Der Rettungsschirm sei eine "Geldbombe, die den Euro in viele Einzelteile zerfallen lassen wird" sowie "der erste Schritt in die Knechtschaft der Europäischen Union unter Aufgabe unserer Souveränität". Die investierten 29 Milliarden Euro seien "Geld, das wir nie mehr wieder sehen". An die Grünen appellierte Bucher, sich an deren Wurzeln zu erinnern und einer Volksabstimmung zuzustimmen.

"Scharlatanerie" und "Dominoeffekte"
"Sehr interessant" fand Kai Jan Krainer von der SPÖ die Rufe aus dem rechten Lager nach einer Volksabstimmung. Denn: "Ich habe Sie nicht rufen gehört, als es darum gegangen ist, dass wir mit österreichischem Steuergeld die Hypo und Kärnten retten." Aus diesem Grund seien solche Forderungen auch "Scharlatanerie". Es sei wichtig, so Krainer, Stabilität in das System zu bringen, "weil wir wissen, was für Dominoeffekte es geben kann". Der SPÖ-Abgeordnete schlug zudem vor, ebenso wie eine Grenze bei den Schulden eine solche bei der Arbeitslosenrate einzuführen.

"Wissen Sie, was wirklich Volksvermögensvernichtung war in Österreich? Das war die schwarz-blaue Regierung", meinte die Grüne Eva Glawischnig, die sich gegen eine Linie à la "zurück zum Schilling, zurück zur Drachme" aussprach. Das österreichische Sparbuch wäre dadurch sehr viel schlechter geschützt. "Das ist wirtschaftspolitischer Harakiri, was Sie vorschlagen", sagte sie in Richtung der blauen und orangen Abgeordneten. Und: "Wir haben nie gesagt, dass diese Situation lösbar ist ohne Belastungen."

Fekter: "Siehe Hypo"
ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter verteidigte die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms neuerlich. Sie diene doch dazu, die Stabilität der Währung und damit auch Österreichs Bonität zu sichern. Hilfe gebe es für Griechenland freilich nur dann, wenn Reformen und Auflagen erfüllt seien: "Wenn die Maßnahmen nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden und der Internationale Währungsfonds aussteigt, steigt auch Österreich aus."

Kritikern aus FPÖ und BZÖ entgegnete die Ressortchefin, dass man auch Kärnten mit der Hypo geholfen habe. Da hätten die Steuerzahler von Vorarlberg bis Burgenland mittun müssen. Nichts anderes als bei der Hypo mache man jetzt bei Griechenland.

Peinlicher Streit sorgte für Unterbrechung
Ein Disput zwischen BZÖ und Grünen hat am Freitag auch zu einer Sitzungsunterbrechung geführt. Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig fühlte sich durch die Titulierung "Schoßkätzchen" durch den Abgeordneten Peter Westenthaler provoziert, was eine Lawine an Zurufen aus der orangen Fraktion zur Folge hatte.

"Kollege Westenhaler hat seltsame Träume, er redet von Schoßkätzchen", stieß sich Glawischnig an der angeblichen Titulierung und konterte: "Ich bin der Meinung, rechtskräftig verurteilte Politiker haben in diesem Haus nichts verloren, aber das machen wir uns nach der Debatte aus." Nachdem bereits ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf den "Hooligan-Sektor" namens BZÖ zurechtgewiesen hatte und von verbaler "Gewaltanwendung" sprach, griff schließlich auch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ein. "Wir machen wirklich kein gutes Bild", das Thema werde bei der kommenden Präsidiale behandelt.

Nachdem sich auch nach den mahnenden Worten Prammers die Situation nicht beruhigt hatte, unterbrach die Präsidentin die Sitzung vorübergehend und rief zu einer Stehpräsidiale samt Westenthaler. Dieser fühlte sich schließlich auch noch durch die körperliche Präsenz der Grünen Gabriele Moser "bedroht", die restlichen Orangen nutzten die wegen ihnen entstandene Pause zum Ausrollen eines Transparents aus: "Volksabstimmung jetzt!" Im allgemeinen Trubel fühlte sich schließlich auch noch ein Zuschauer motiviert, gelbe Flugzettel von der Journalistengalerie auf die Abgeordneten segeln zu lassen.

"Dringliche" der FPÖ an Faymann
Bundeskanzler Werner Faymann bekam zudem noch einen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Untersuchungsausschuss zu den Affären im staatsnahen Bereich. Die FPÖ brachte im Rahmen der Sondersitzung eine "Dringliche Anfrage" an den Regierungschef ein. Antworten verlangten Strache und Kollegen zu den umstrittenen Inserate-Vergaben von ÖBB und Asfinag während Faymanns Zeit als Infrastrukturminister (mehr dazu siehe Infobox).

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