Debütalbum & Ö-Tour

Oskar Haag: Österreichs allergrößte Pop-Hoffnung

Musik
02.03.2023 09:00

Mit 14 die ersten Songs geschrieben, mit 15 die Überraschung des Wiener Popfests 2021 und mit 17 folgt nun das Debütalbum „Teenage Lullabies“ - die Karrierekurve des gebürtigen Kärntners Oskar Haag zeigt steil nach oben. Im „Krone“-Talk erklärt er uns seine Musik, warum er gerne Theater spielt und Filme dreht, wie sehr ihn seine Familie und die Beatles geprägt haben und weshalb er das österreichische Schulsystem für veraltet hält.

(Bild: kmm)

Juli 2021. Ein heißer Sommer tröstet gerade über den wenige Monate zuvor zu Ende gegangenen Coronawinter hinweg. Auch wenn der Sommer einen Hauch von Freiheit bringt, ist man noch immer in Restriktionen und unsicheren Momenten gefangen. Im Zuge des „Popfest“ setzt sich ein junges Bürschchen namens Oskar Haag auf die improvisierte Bühne in der Wiener Karlskirche und zieht die Zuseher mit einer Akustikgitarre und seiner eindringlichen Stimme in seinen Bann. Der markanteste Song, „Stargazing“, wird zu einem Dauerläufer auf den alternativen Radiostationen und lässt den damals erst 15-Jährigen zu mehr als nur einem Geheimtipp der Szene gedeihen. Er gilt längst als Wunderkind und vielleicht größte Pop-Hoffnung des Landes, hebt aber trotz all der Vorschusslorbeeren nicht ab. Dafür sorgt nicht zuletzt seine Familie - Vater Oliver Welter etwa hatte mit Naked Lunch einst selbst eine florierende Musikerkarriere.

Ein Jahr voller Beatles
„Meine Eltern sind ziemlich cool und unterstützen mich bei allem, was ich mache“, lacht der heute 17-Jährige im „Krone“-Interview, „es ist wirklich schwer gegen sie zu rebellieren.“ Mit dem Namen und seinem zwischen träumerischen Indie-Songs und melancholischen Singer/Songwriter-Nummern mäandernden Songs emanzipiert sich Haag vom Vater, von ihm mitbekommen hat er aber eine fühlbare Coolness dem Musikbusiness gegenüber und die unbändige Liebe zu den Beatles. Auch wenn Haag Harry Styles für seinen Stil und Billie Eilish für ihren Zugang zum Pop schätzt, war es das Beatles-Album „Help!“, das ihn musikalisch sozialisierte. „Es war das allererste Album, das ich bewusst in voller Lautstärke hörte. Ich war damals erstaunt, wie gut Musik sein kann und bin voll reingekippt. Die Beatles sind noch heute meine Götter. Ich habe ein Jahr lang nichts anderes gehört.“

Haags Zugang zu Kunst und Kultur war anfangs nicht in der Musik, sondern im Schauspiel verankert. Seine Mutter ist Kostüm- und Maskenbildnerin und am Stadttheater Klagenfurt schärft er sein Profil früh mit Statistenrollen und 2021 mit seiner ersten Sprechrolle in Peter Handkes Stück „Immer noch Sturm“ auf der Haimburg. Mittlerweile ist er auch am Wiener Burgtheater etabliert und schnuppert ins Filmbusiness. Die ersten Songs schreibt er 2020 im ersten Corona-Lockdown aus reiner Langeweile. Der Spagat zwischen dem damals 14- und heute bald 18-Jährigen ist ein gewaltiger, deshalb blieb von den 50-60 Songskizzen auch nicht mehr viel übrig, das auf dem nun erscheinenden Debüt „Teenage Lullabies“ Platz fand. „Die Pubertät hat natürlich viel durcheinandergeworfen, aber ich habe die alten Ideen noch am Handy. Manche sind gut, andere weniger.“

Die Grundessenz zählt
Der Name „Teenage Lullabies“ ist Programm. Das Gros der Songs ist ruhig, reduziert und melancholisch gehalten. Ein bewusstes Statement gegen die massiven Überproduktionen im gegenwärtigen Pop-Geschäft. „Auch wenn es nicht immer so klappt, möchte ich schon, dass jeder einzelne Song zuerst in seiner Grundessenz nur mit Stimme, Klavier und Gitarre funktioniert. Dafür hole ich mir manchmal schon auch Tipps von meinem Vater“, lacht er verschmitzt, „der kennt sich damit ja ein bisschen aus. Aber im Endeffekt habe ich das letzte Wort, weil es auch meine Lieder sind.“ Sanfte Momente wie in „Stargazing“, „Lady Sun And Mr. Moon“ oder „Lullaby“ laden zum romantischen Schwelgen ein, Tracks wie etwa „Tired Eyes“ beweisen aber, dass Haag auch ganz anders kann. „Es ist jetzt kein harter Song, aber es machte Spaß, mit einem Drumcomputer zu experimentieren und in eine härtere Richtung zu gehen. Ich setze mir keine Grenzen.“

Beim Songwriting changiert Haag zwischen Erlebtem und Beobachtetem. So ist der Opener „Leaving For Monaco Or Wherever The Fuck We Want To Go To“ seinem direkten Umfeld entlehnt. „Eine Freundin von mir hat eines Tages ihr Geld in die Hand genommen, ist von zu Hause abgehauen. Sie hatte keine Lust mehr auf Klagenfurt und ihre Eltern und wollte einfach ausbrechen. Unlängst habe ich sie in Wien getroffen, ihr geht es sehr gut.“ Klagenfurt war Haag schon mit 17 zu klein. Burgtheater, Film- und Musikkarriere lassen sich von Wien aus leichter angehen, deshalb zog er vergangenen Herbst mit seiner Freundin in die Hauptstadt. Das muss noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. „Derweil ist es toll hier, aber ich kann mir gut vorstellen, auch mal eine Zeit lang in London oder den Vereinigten Staaten zu leben.“ Eine Rückkehr nach Klagenfurt ist mittelfristig kein Thema. „Eine tolle Stadt, aber wenn man 16 wird, wird es dort fad. Vielleicht kehre ich wieder heim, wenn ich mal älter bin.“

Liebe und Ernsthaftigkeit
Frei nach John Lennons Motto „all you need is love“ dreht sich auch auf Haags Debütalbum alles um das Thema Liebe. „Sie ist gleichzeitig schwer und leicht zu beschreiben. Ich habe einen großen Bezug zu Liebe und Gefühlen und kann mich sehr klar dazu ausdrücken. Außerdem bin ich in einem Alter, wo zum Thema Liebe und Beziehungen viel passiert, das ich in Songs reflektieren oder verarbeiten kann.“ Ein Track wie „Sober“ zeigt aber auch, dass es anders geht. „Es ist ein sehr ernstes, aus meinem Umfeld gezogenes Lied über jemanden, der ein ernstes Alkoholproblem hat, sich besoffen, furchtbar aufführt und Menschen in seinem Umfeld verletzt. Die Person setzt sich damit auseinander und versucht das zu ändern. Zu diesem Thema haben die meisten Leute einen Bezug.“

Was auf „Teenage Lullabies“ dezidiert nicht vorkommt, sind politische Anprangerungen, auch wenn sich Haag selbst als hochpolitischen Menschen sieht. „Das ist bei uns familiär geprägt. Wir sind alle politisch engagiert und das hat auf mich abgefärbt. Meine große Schwester ist im Bundessitz der “Aktion kritischer Schüler_innen„ und ich bin immer wieder auf antifaschistischen oder Klimademos zu sehen. Ich bin politisch sehr links und stehe für Gleichberechtigung jedweder Art, aber meine Musik ist mein Zufluchtsort. Da will ich jetzt nicht unbedingt Aufreger oder aktuelle Ereignisse kommentieren.“ Sehr wohl kann sich Haag politisches Engagement als Künstler außerhalb seiner Lieder vorstellen. „So wie AnnenMayKantereit, die zuletzt im besetzten Lützerath in Deutschland spielten, wo Klimaschützer protestierten. Solche Aktionen finde ich sehr cool und kann ich mir gut für mich vorstellen.“ Wäre Festkleben auch ein Thema? „Eher nicht. Ich bleibe lieber bei den Demos.“

Nächstes Album ante portas
Für seine künstlerische Karriere hat Haag sogar die Schule abgebrochen. Er setzt alles auf eine Karte, hat mit dem gängigen Schulsystem aber auch so seine Schwierigkeiten. „Ich war bis zur siebenten Klasse im Gymnasium, dort hätte ich aber schon wild eingefleckt“, lacht er, „ich war ja kaum noch da. Ich finde unser Schulsystem veraltet und viel zu wenig individuell. Der Grundgedanke früher war, dass die Leute lesen, schreiben und rechnen lernen. Das war okay, reicht aber heute nicht aus. Du kannst super in Französisch oder Englisch sein und dann kommt ein Fach wie Chemie und versaut dir die Tour. Ich fange eigentlich mit nichts was an, was ich nach der Fünften gelernt habe.“ Neben dem Debütwerk erscheinen mit „Wald“ und „In einem Land der starken Frauen“ noch zwei Filme mit seiner Beteiligung, dazu schraubt er schon jetzt am nächsten Album. „Es wird sich musikalisch verändern, aber ich weiß nicht genau, wohin die Reise gehen wird.“

Tour durch Österreich
Nun geht Oskar Haag mit „Teenage Lullabies“ auf große Österreich-Tour. Am 3. März spielt er im Wiener Rabenhof Theater, am 4. März im Linzer Posthof, am 5. März in den Kammerlichtspielen Klagenfurt, am 8. März in der ArgeKultur Salzburg, am 9. März im Grazer Dom im Berg, am 10. März im Treibhaus Innsbruck, am 13. April im St. Pöltner Cinema Paradiso, am 14. April im Bertholdsaal in Weyer, am 15. April im Spielboden in Dornbirn und am 20. April im Cinema Paradiso in Baden. Unter www.oeticket.com oder auch HIER gibt es Karten und weitere Informationen. Auch interessant: Oskar Haag ist unter den Top-5 für den „Amadeus FM4 Award“ - sollte er ihn gewinnen, wäre er der bislang jüngste Amadeus-Gewinner. Elf Tage jünger als der Salzburger Popstar Chris Steger bei seinem Sieg 2021.

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