Urteile verkündet

Prikraf: Freispruch für Heinz-Christian Strache

Gericht
10.01.2023 11:09

In der Causa Prikraf rund um einen vermuteten Gesetzeskauf zur Aufnahme der Privatklinik Währing in den Finanzierungsfond fielen zum zweiten Mal Urteile: Sowohl Heinz-Christian Strache als auch Walter Grubmüller werden von den Vorwürfen der Bestechlichkeit und Bestechung freigesprochen. 

Bereits zum zweiten Mal wurde die Causa Prikraf am Landesgericht Wien verhandelt. Dem Ex-Vizekanzler Strache und seinem langjährigen Freund Walter Grubmüller wurden Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung vorgeworfen. Grubmüller, der Inhaber der Privatklinik Währing, soll der FPÖ 12.000 Euro gespendet haben. Dafür hätte sich Strache für die Aufnahme der Klinik in den sogenannten Prikraf (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds) einsetzen sollen.

Rasche Neudurchführung in der Causa Prikraf
Im August 2021 wurde Strache am Wiener Straflandesgericht zu 15 Monaten bedingt und Grubmüller zu zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt. Ein Jahr später wurde dieses Urteil vom Oberlandesgericht jedoch aufgehoben. Chat-Nachrichten wurden als Beweise nicht hinreichend gewürdigt. Der Prozess ging also in die zweite Runde: Das Programm blieb ähnlich, nur ein wenig schneller. Bereits nach zwei Verhandlungstagen waren die Beschuldigtenvernehmungen des Ex-Vizekanzlers und seines engen Freundes sowie Zeugenbefragungen erledigt. Von einem Gesetzeskauf will keiner der Zeugen etwas wissen. Die beiden Angeklagten blieben bei ihren Unschuldsbeteuerungen.

Drei Zeugen am Urteilstag gehört
Ein Urteil in der Causa Prikraf war eigentlich bereits im November 2022 geplant. Kurzfristig beantragte die Staatsanwaltschaft aber weitere Zeugen und Verlesungen von Chatnachrichten - eine Wendung gegenüber des ersten Rechtsgangs. Am zweiten Verhandlungstag musste Richterin Helene Gnida also auf Jänner 2023 vertagen.

Zwei FPÖ-Mitglieder waren für den dritten Verhandlungstag als Zeugen geladen - beide unterschrieben den Initiativantrag zur Änderung des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfond. Erwin Angerer, Wirtschaftssprecher der Freiheitlichen und ehemaliges Mitglied des Gesundheitsausschusses, kann dem Gericht eine Dringlichkeit des Antrages - vor allem von Seiten des dahmaligen Parteichefs Strache - nicht bestätigen. Auch, dass es sich um einen Gefallen für einen Freund des Clubobmanns handelte oder Geld für den Antrag gezahlt wurde, hörte er aus dem Medien zum ersten Mal: „Das ist mir noch nie untergekommen.“

FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm, ehemaliges Ersatzmitglied im Gesundheitsausschuss, sagt ähnliches: „Ich kann mich ganz ehrlich an diese spezielle Geschichte nicht erinnern.“ Er würde sogar behaupten, der Initiativantrag zum Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfond sei eher aussichtlos gewesen. Gestellt wurde er aber trotzdem. Das sei eine normale Vorgehensweise im Parlament.

Keine neuen Erkenntnisse durch Zeugen
Zu guter Letzt ist Christoph Matznetter - Vize-Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer -  als Zeuge geladen. Seine Befragung wurde von der Verteidigung des Zweitangeklagten beantragt. Metznetter hätte mit Klinikinhaber Walter Grubmüller zwar über den Prikraf gesprochen und klar mitbekommen, dass dieser über die Ungerechtigkeit des Fonds verärgert war, eine Gesetzesänderung war aber nie Thema.

Weder neue Erkenntnisse noch belastende Beweise lieferten die drei Zeugen. Nach einer Reihe von Chat-Verlesungen, die sowohl die WKStA als auch das Oberlandesgericht für essenziell erachteten, setzte der Oberstaatsanwalt zum Schlussvortrag an: Er musste zugeben, dass die neuen Beweise der zweiten Prozessdurchführung nicht wirklich in diese Richtung der angeklagten Delikte weisen. Er brachte den Tatbestand der Vorteilsannahme beziehungsweise der Vorteilszuwendung ins Spiel.

„Für nur 12.000 Euro kann man kein Gesetz kaufen.“
Dennoch räumte er ein: „Es gibt kein Video, Chatnachrichten, Tonaufnahmen oder schriftliche Verträge, die eine Bestechung beweisen.“ Das gebe es aber so gut wie nie. „Das Wesen von korrupten Vereinbarungen ist heimlich“, so der Oberstaatsanwalt. Fakt sei, die Spenden gab es und Strache wusste von ihnen - es wurde ein Dankschreiben verfasst. Ein eindeutiger Gesetzeskauf könne jedoch nicht nachgewiesen werden. „Für nur 12.000 Euro kann man kein Gesetz kaufen“, so der Ankläger. Aber, es könne eine amtliche Tätigkeit eines Abgeordneten möglich gemacht werden. Und verwies wieder auf die Tatbestände der Vorteilsannahme und -zuwendung.

Anwälte von Strache und Grubmüller forderten Freisprüche
Verteidiger Helmut Grubmüller war sich aber sicher: „Den Zusammenhang zwischen der Spende und Tätigkeit von Strache, der hier konstruiert wurde, gibt es nicht.“ Sein Mandant und Bruder hätte letztlich lediglich aus Frust über die eigene Partei, die SPÖ, an die Freiheitlichen gespendet. In dem Initiativantrag wurde außerdem gefordert, alle Privatkliniken in den Prikraf aufzunehmen. Keinesfalls beschränkte er sich nur auf die Privatklinik von Walter Grubmüller. Wie erwartet forderte er einen Freispruch. 

Genau wie Strache-Anwalt Johann Pauer. Dass sich sein Mandant für Anliegen von Personen einsetzte, sei auch nichts Außergewöhnliches: „Mir war das nicht bewusst, dass Politiker auch Vorschläge von Andersdenkenden behandeln und weiterleiten. Sein Handy war voll von solchen Anliegen. Er hat sie an die zuständige Stelle weitergegeben“, sagte Pauer über den Ex-Vize-Kanzler. 

Freisprüche, aber „Korruption ist zu verurteilen“
Rasch gingen am dritten Verhandlungstag nun die Befragungen der im November 2022 beantragten Zeugen und Verlesungen zu Ende. Dann fiel ein Urteil: Sowohl Ex-Vize-Kanzler als auch Klinikinhaber Walter Grubmüller werden nicht rechtskräftig freigesprochen. Richterin Helene Gnida begründet: „Korruption ist absolut zu verurteilen. Ein wichtiges Instrument dagegen ist die strafrechtliche Verfolgung. Aber es kann nicht sein, dass bei Korruptionstatbeständen ein anderer Beweismaßstab vorliegt.“ Die vorliegenden Fakten würden nicht für eine Verurteilung reichen. 

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Korruption ist absolut zu verurteilen. Ein wichtiges Instrument dagegen ist die strafrechtliche Verfolgung. Aber es kann nicht sein, dass bei Korruptionstatbeständen ein anderer Beweismaßstab vorliegt.

Richterin Helene Gnida in der Urteilsbegründung

Die Version der Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei zwar schlüssig und nachvollziehbar, beruhe jedoch nicht auf Fakten und Beweisen. Die Ankläger hätten Vorhandenes mit eigenen Gedanken verknüpft, was für Strafprozesse keinesfalls unüblich sei. Die Darstellung würde am Oberlandesgericht so aber auf keinen Fall halten, kritisiert die Richterin. Sie erinnert an das erste Urteil des Wiener Landesgerichts: „Es ist hier auf über 80 Seiten jeder Satz seziert worden. Es gibt kaum einen Satz, der in diesem Urteil gehalten hat.“

Ein besonderer Zweifelsfreispruch sei es aber trotzdem nicht. Die letzten Zeugen hätten nichts beigetragen, am letzten Tag hätte sich die Beweislage nur noch verschlechtert. „Ich habe schon Angeklagte mit viel mehr Zweifel freigesprochen als Sie beide“, schließt Richterin Helene Gnida die Verhandlung. 

Erleichterung vor dem Gerichtssaal 303
Sichtlich erleichtert verließ Heinz-Christian Strache nach seinem zweiten Freispruch in einem Bestechlichkeitsprozess den Gerichtssaal. Vor den Medien sagte er: „Ich nehme den Freispruch mit einem lachenden und weinenden Auge dankend entgegen.“ Zwar sei er froh über den Ausgang des Verfahrens, jedoch hätte ihn die Dauer von drei Jahren sehr belastet. Sein Anwalt Johann Pauer war zufrieden: „Ich habe mit diesem Ergebnis gerechnet.“ Das Verfahren sei rechtlich einwandfrei abgelaufen. 

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Ich freue mich, meinen Mandanten an meinen Kollegen so zu übergeben, wie ich ihn kennengelernt habe: Von Kopf bis Fuß unbescholten.

Anwalt Johann Pauer wird HC Strache nicht weiter vertreten.

Außerdem gab er bekannt, den ehemaligen FPÖ-Chef das letzte Mal vor Gericht verteidigt zu haben. „Ich freue mich, meinen Mandanten an meinen Kollegen so zu übergeben, wie ich ihn kennengelernt habe: von Kopf bis Fuß unbescholten.“

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