Finale im Prozess gegen den Steirer Robert L., der für die Anschläge auf die Zeugen Jehovas verantwortlich ist. Dieser blieb weiterhin dabei: „Ich wollte niemanden außer meiner Ex-Frau töten!“ Am späten Nachmittag fiel das Urteil: Er muss lebenslang in Haft und wird in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen.
Der Aufwand der Ermittlungen, um herauszufinden, wer für die Bombenanschläge auf die Zeugen Jehovas verantwortlich ist, war enorm, wie ein Ermittler am Mittwoch schildert: „Die führenden Polizeikräfte aus ganz Österreich waren involviert, immerhin war das ganze Land betroffen. Aufwand und Druck waren enorm! Dass jemand ,nur seine Frau töten wollte‘, wurde ja erst später klar.“
Nach dem zweiten Attentat zog sich die Schlinge allerdings für den damals Tatverdächtigen immer weiter zu. DNA-Spuren auf dem Sprengkörper wiesen auf ihn hin. Auf seinem Arbeitsplatz ließ er sich widerstandslos festnehmen. Seine Worte, kurz nachdem die Handschellen klickten: „Ich wollte doch nur meine Ex-Frau töten. Habt's eigentlich schon die Bombe auf ihrem Auto gefunden?“
Da schrillten natürlich die Alarmglocken, Gefahr war im Verzug! Die Frau wurde von der Polizei informiert, der Wagen aufwendig durchsucht – „doch wir konnten die Bombe einfach nicht finden, das war schon sehr unangenehm“, gibt der Ermittler zu. Erst durch weitere Angaben des Angeklagten wurde sie schließlich entdeckt, versteckt im Radkasten und schwarz lackiert, um nicht aufzufallen. Insgesamt war die verhasste „Ex“ rund sechs Wochen lang mit dem Sprengkörper am Wagen unterwegs!
Was Richter Andreas Rom wundert: Im Zuge ihrer Einvernahme am ersten Verhandlungstag wollten seine Ex-Gattin und die Tochter nicht auf den Angeklagten treffen, er musste abgeführt werden. Am Urteilstag jedoch scheint die Angst verflogen zu sein, beide sitzen im Zuschauerbereich. Peinlich berührt verlässt die Tochter daraufhin wortlos den Saal.
„Er kann ein großes Feld der Zerstörung zurücklassen“
Schließlich kommt der psychiatrische Gutachter Manfred Walzl zu Wort. Dieser hat beim Angeklagten eine schwerwiegende, nachhaltige psychische Störung diagnostiziert, die Zurechnungsfähigkeit war aber gegeben. Walzl: „In 38 Jahren ist es mir noch nie passiert, dass jemand so offen gesprochen hat, so klar und emotionslos.“ Robert L. habe sich immer nur als Melkkuh seiner Verflossenen gesehen, das habe ihn finanziell sehr eingeschränkt. Zum Schluss sei er vor einer Wand gestanden. „Dann hat er sich eine Lösung überlegt, die nicht an der Tagesordnung steht: seine Frau zu töten. Die Idee kam ihm schon im Juni 2023, als er im Krankenhaus lag. Die hat er quasi mit seinem Gehirn besprochen.“
Bei ihm dominiert das Ego alles andere, und er ist extrem kränkbar. Wird das nicht behandelt – und das ist schwer – besteht ein außerordentlich großes Risiko zur Gewalttat.
Psychiater Manfred Walzl
Für gefährlich halte sich der Angeklagte nicht. Empathie und Mitleid empfände er laut dem Sachverständigen nicht bzw. nur für seine jetzige Frau. Jetzt, in der Haft, habe er endlich Zeit für sich. Als Bügler in der Wäscherei fühle er sich ein bisschen befreiter. Walzls weitere Expertise: „Bei ihm dominiert das eigene Ego alles andere, und er ist extrem kränkbar. Wird das nicht behandelt – und das ist schwer –, hat er ein außerordentlich großes Risiko zur Gewalttat. Er kann ein großes Feld der Zerstörung zurücklassen. Leider hat er trotz seiner hohen Intelligenz viel in Kauf genommen, weil er ausschließlich auf den Tod seiner Frau fixiert war. Die Haft hat er miteingeplant – Hauptsache, er muss nicht mehr zahlen. Ein hohes Rückfallrisiko mit schwerwiegenden Folgen wie Mord ist anzunehmen. An einer Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum führt kein Weg vorbei.“
Ich konnte bis zuletzt kein reumütiges Geständnis erkennen. Er ist eiskalt und empathielos. Nichts kann rechtfertigen, was er getan hat, er hätte eine andere Wahl gehabt.
Die Staatsanwältin
Für die Staatsanwältin hat sich im Zuge des Prozesses nichts geändert, sie hält ihre Anklage aufrecht, dehnte die Anklage dann sogar auf 38 statt ursprünglich 35 Mordversuche aus: „Vor allem in Kalsdorf war es ein Wunder, dass die Bombe nicht umgesetzt hat.“ Er habe gewusst, dass die Bomben nicht nur seine Ex-Frau, sondern auch andere ums Leben bringen kann. Sogar den Tod seiner Kinder habe er billigend in Kauf genommen. Er habe gewusst, dass diese Anschläge ein Angstklima bei den Zeugen Jehovas erzeugen. „Dadurch hat er jegliche rote Linie überschritten. Ich konnte bis zuletzt kein reumütiges Geständnis erkennen. Er ist eiskalt und empathielos. Nichts kann rechtfertigen, was er getan hat, er hätte eine andere Wahl gehabt.“
Sie, die Geschworenen, haben zu entscheiden: Sitzt vor Ihnen ein gefährlicher terroristischer Massenmörder, oder jemand, der von seiner Ex-Frau in den Wahnsinn getrieben worden ist.
Verteidiger Gerd Krassnig
Verteidiger Gerd Krassnig kontert: „Er hätte den Tod Unschuldiger niemals in Kauf genommen. Dafür gibt es auch Beweise, alleine seine Gesamtverantwortung gibt das wieder. Er hat sehr wohl eine rote Linie gezogen, die er nicht bereit war, zu überschreiten. Das Tatmotiv war stets ein persönliches. Er wollte aufgrund von Unterhaltsstreitigkeiten seine Ex-Gattin töten. Sie, die Geschworenen, haben zu entscheiden: Sitzt vor Ihnen ein gefährlicher terroristischer Massenmörder oder jemand, der von seiner Ex-Frau in den Wahnsinn getrieben worden ist.“
Dreifacher Mordversuch und Terrorismus
Am späten Mittwochnachmittag fällt das nicht rechtskräftige Urteil: Der Angeklagte muss wegen Terrorismus und dreifachen Mordversuchs (an Ex-Frau, Sohn und Tochter) lebenslang hinter Gitter und wird in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Die Geschworenen haben einstimmig für die Verurteilung gestimmt. Sie lassen aber eine ganze Reihe von weiteren Mordversuchen im Urteil streichen, die in der Anklage noch aufgelistet waren. Der Angeklagte erbittet sich nach der Urteilsverkündung drei Tage Bedenkzeit.
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