Fazit der COP27

„Krone“ bei COP27: So versagen wir beim Klima

Ausland
20.11.2022 16:40

Das Tor zur Klimahölle konnte auch beim Ultramarathon-Gipfel, der am Sonntag im Morgengrauen in Scharm el-Scheich zu Ende ging, nicht geschlossen werden! „Krone“-Umweltredakteur Mark Perry berichtet aus Scharm el-Scheich. 

Bis zur totalen körperlichen, geistigen und auch seelischen Erschöpfung hatten die letzten noch ausharrenden Delegierten - darunter auch Österreichs Verhandler mit Umweltministerin Leonore Gewessler an der Spitze - gerungen, um doch noch ein von der Menschheit heiß ersehntes Ergebnis über die Ziellinie zu bringen! Und dennoch lag - als die Sonne gerade glühend rot über der Wüste aufging - der Kampf gegen die Erderwärmung in Scherben, aber wenigstens nicht in Trümmern!

„Das Ergebnis der Klimakonferenz ist ein blamabler Minimalkompromiss. Wenn wir mit unserem Kurs Richtung Klimahölle brechen wollen, müssen die Staaten ihre klimaschädlichen Treibhausgase radikal senken. Dafür hat der Mut in Scharm el-Scheich jedoch gefehlt“, schlussfolgerte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich, die als Beobachterin die Verhandlungen in Ägypten vor Ort verfolgt hatte, im Morgengrauen.

Zitat Icon

Das Ergebnis ist enttäuschend. Es bräuchte wesentlich mehr Tempo. Denn Klimaschutz ist zu einer Überlebensfrage geworden.

Leonore Gewessler, Umweltministerin, Die Grünen

Nur von Kohle geht man weg
Ihr siedend heißer Kritikpunkt: „Die Staatengemeinschaft ist einmal mehr davor zurückgeschreckt, den Teufel beim Namen zu nennen und das klare Ende von Öl und Gas einzuläuten. Dabei sind fossile Energien für rund 70 Prozent aller weltweiten Treibhausgase verantwortlich und befeuern die Klimakrise.“ Immerhin: In der Abschlusserklärung der Klimakonferenz findet sich einzig die Abkehr von Kohle, wie bereits bei dem Klimagipfel in Glasgow. Duregger wetternd: „Das ist kein Fortschritt! Damit kommen wir nicht einen Zentimeter weiter!“ Und dennoch gibt es auch einen Erfolg zu verzeichnen.

Geldtopf für Klimaopfer
Denn nach jahrelangem Appell der buchstäblich vom Untergang betroffenen Inselstaaten stand das Thema der klimabedingten Schäden und Verluste das erste Mal offiziell auf der Agenda der Klimakonferenz. Es wurde nächtelang diskutiert. Als Ergebnis liegt jetzt - wie berichtet - ein eigener Finanztopf vor, der besonders jenen Menschen zugutekommt, die schon heute stark von der Klimakrise betroffen sind. „Es liegt nun an den Ländern, rasch die Details des Finanztopfs festzulegen, damit das Geld schnell und treffsicher fließen kann. Millionen Menschen leiden bereits unter Dürre sowie Überflutungen und sind dringend auf Hilfe angewiesen“, so Dureggers glasklare Forderung!

Millionen spüren schon die Klimafolgen
Leicht positiver beurteilte die NGO „Südwind“ den Ausgang des im Chaos versunkenen UNO-Treffens von 35.000 Konferenzteilnehmern! „Die Einigung auf einen Ausgleichsfonds für Schäden und Verluste ist ein historischer Meilenstein. Damit wird eine lange gehegte Forderung des Globalen Südens endlich erfüllt. Für die am stärksten von der Klimakrise betroffenen Menschen bedeutet dies nach langem Warten erstmals Hoffnung. Zu echter Klimagerechtigkeit ist es aber noch ein weiter Weg“, urteilte Joachim Raich von Südwind mit gemischten Gefühlen. Denn Millionen Menschen im Globalen Süden würden dramatische Klimaschäden schon heute am eigenen Leib verspüren!

Fond für das Ende der Welt
Im Bereich der Vermeidung von Klimaschäden fehlt es dem Abschlusstext an Ambition und Dringlichkeit. Wieder wurde die Chance vergeben, den Weg für den Ausstieg aus allen fossilen Energien - also aus Kohle, Öl und Gas - zu ebnen. Dies widerspricht allen wissenschaftlichen Erkenntnissen des Weltklimarats. „Wir brauchen Fortschritte in der internationalen Klimapolitik - was wir hier bekommen haben, ist Stillstand. So schlafwandeln wir weiter in die Klimakrise“, kritisiert denn auch WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. Er prangerte die unwürdigen Verhandlungen an und spricht wörtlich von einem „Fond für das Ende der Welt“!

Finanzielle Hilfen nicht zu Ende gedacht
„Die Verhandlungen zum Fond für Schäden und Verluste haben andere wichtige Finanzierungsthemen überlagert. So wurde kein Fortschritt beim Schließen der Lücke zu den versprochenen 100 Milliarden USD jährlich zur Unterstützung von Entwicklungsländern beim Klimaschutz und zum Schutz ihrer Bevölkerung erreicht“, zeigt sich wiederum Martin Krenn, Klimaexperte der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz bitter enttäuscht! Seine niederschmetternde Diagnose: „Das Problem der Überschuldung von Ländern des Globalen Südens durch Klima-Kredite werde in der Abschlusserklärung zwar anerkannt, Gegenmaßnahmen suche man darin aber vergeblich. Und die im Vorjahr von den Industriestaaten versprochene Verdoppelung der Mittel für Anpassungsmaßnahmen hätte weiterhin keinen Umsetzungsplan.“

Keine Rede mehr von Paris-Zielen
Viel zu langsam und umstritten beginne zudem endlich die Arbeit am dritten Ziel des Pariser Abkommens, dem Aus für alle globalen Investitionen in fossile Energieträger, welches separat von den Verpflichtungen zur Klimafinanzierung unumgänglich zur Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles sei. Die Einhaltung dieses für das Überleben der Menschheit so wichtigen Emissionslimits verkam im Wüstensand fast schon zur Randnotiz. WWF-Klimaexperte Zehetner: „Zuletzt war davon fast keine Rede mehr.“

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