Kurz schwer belastet

Schmid: „Ich will nicht das Bauernopfer sein“

Politik
19.10.2022 10:20

„Ich will nicht das Bauernopfer sein“, hat Thomas Schmid, Ex-ÖBAG-Vorstand und früherer Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), in einer ersten Aussage bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gesagt. Kurz habe von ihm verlangt, alle Schuld in der Korruptionscausa auf sich zu nehmen. Und Kurz wolle nichts mit alledem zu tun haben. Doch Thomas Schmid tritt die Flucht nach vorne an. Und er will reinen Tisch machen.

Zu 15 Themen wurde er befragt. Sechs neue Themen hat er angesprochen. Liest man die Einvernahmeprotokolle, so klingt es, als ob jemand den Kronzeugenstatus erlangen will. Was er auch will. Thomas Schmid gibt gleich zu Beginn zu allen Tatvorwürfen an, Verantwortung zu übernehmen, bestätigt die Verdachtslage der WKStA und kündigt an, Details zu verraten.

Etwa zum „Faktum Beinschab/Österreich“ (geschönte Studien im Sinne von Sebastian Kurz, erschienen in Fellners Medien); zum „Faktum Wolf“ (der Investor soll spezielle Steuererleichterungen erhalten haben), oder zur „Verdachtslage Falschaussage Kurz/Bonelli“ (der Ex-Kanzler und sein Kabinettschef sollen vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht die Wahrheit gesagt haben). Besonders Augenmerk liegt auf den geschönten Studien.

Inserate geschaltet, Themen gesetzt?
Causa Umfragen: Schmid belastet hier auch den ehemaligen Kurz-Vertrauten und Kommunikationsexperten Gerald Fleischmann. Im Wissen, dass Inserate des Finanzministeriums nicht zu Wahlkampfzwecken der ÖVP geschaltet oder bezahlt werden dürfen, habe das Ministerium rund um den Wahlkampf 2017 Inserate in allen Medien geschaltet, Fleischmann habe gesagt, dass diese auf „Kurz zu buchen“ seien. „Damit meinte er, dass Kurz vorgeben konnte, welche Themen und welche mediale Berichterstattung als Gegenleistung dafür in der Mediengruppe Österreich platziert wurden.“

Zur Erinnerung: Diese Schaltungen und Studien wurden vom Finanzministerium, also vom Steuerzahler, finanziert. Dies sei auch Kurz klar gewesen. Ein weiterer Kurz-Vertrauter, Johannes Frischmann, war laut Schmid sehr in das „Beinschab-Tool“ involviert, er, Schmid, habe ihm diese Aufgabe übertragen. Ein weiterer Mitarbeiter, Johannes Pasquali, sei später für die Schaltungen von Inseraten zuständig gewesen. Dass Kurz in dieser Angelegenheit nicht direkt mit Schmid kommuniziert hat, sei Sicherheitsgedanken geschuldet gewesen.

Kurz soll sich nach Löschungen erkundigt haben
Schmid, der angibt, alle Mails und alle Arbeiten via Handy ausgeführt zu haben, berichtet von großer Nervosität unter Beteiligten, nachdem es Hausdurchsuchungen bei Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) gegeben habe. Es habe kein anderes Thema gegeben. „Das war für mich der Grund, Löschungen auf meinem Handy vorzunehmen bzw. das Handy auf Werkseinstellungen zurückzusetzen.“

Schmid berichtet den Ermittlern auch von einem Gespräch mit Kurz, als jener wissen wollte, ob vor allem die Chats zu Beinschab gelöscht worden seien. Generell sagt Schmid, er habe mit Kurz das „Beinschab-Tool“ ausgemacht. Damit liefert er ein weiteres belastendes Teil gegen den ehemaligen Kanzler. Gernot Blümel, die Nummer 2 damals in der ÖVP, habe mit diesen Aktivitäten nichts zu tun gehabt. Man habe das auch kleinhalten wollen. „Es war eine Geschichte, die eigentlich ‚zwischen uns beiden‘ gedacht war. (…) Das Gespräch mit Kurz war für mich der Ausgangspunkt. Für mich war das ein Auftrag vom angehenden Chef und ich war voller Tatendrang.“

Beinschab von Karmasin ins Spiel gebracht?
Schmid trat zeitnah an Sophie Karmasin heran. Die Meinungsforscherin, die später durch die Studien ebenfalls in den Fokus der Ermittler rückte. Gegen sie sind Anklagen in Vorbereitung. Für sie wie für alle anderen gilt die Unschuldsvermutung.

Karmasin habe schon für Werner Faymann (SPÖ) quasi „frisierte Studien“ getätigt, nun hätte dies auch im Sinne von Kurz geschehen sollen. Karmasin war damals noch Familienministerin und sie schlug laut Schmid vor, Sabine Beinschab zu beauftragen. Karmasin selbst wollte wieder zurück in die Wirtschaft und habe großes Interesse an den Studien gezeigt, aber generell einen Posten beim Institut für Höhere Studien angestrebt.

Abgerechnet wurde teils in „Wellen“, so wie ein im Akt angeführtes Beispiel zeigt. Über Inserate Ende Juli 2016 zum Thema Reise/Zoll. Kostenpunkt 116.000 Euro.

Studien gegen Inserate?
Schmid: „Zum System allgemein möchte ich aber noch einmal sagen, dass mit ,Österreich‘ ausgemacht war, dass sie Umfragen machen und dafür den Zugang zum Finanzministerium bekommen. Der Zugang zum Finanzministerium bedeutet, Geld über Inserate. Die Fellners hatten sicher Interesse daran, das Geld für diese Inserate zu bekommen, und es war inhaltlich unerheblich, was der Inhalt der Inserate war.“

Zitat Icon

Zum System allgemein möchte ich aber noch einmal sagen, dass mit ,Österreich' ausgemacht war, dass sie Umfragen machen und dafür den Zugang zum Finanzministerium bekommen. Der Zugang zum Finanzministerium bedeutet, Geld über Inserate.

Thomas Schmid

Keine Erkenntnisse zu Novomatic
Zur Causa Steuererleichterung für den Glücksspielkonzern Novomatic (hier geriet Gernot Blümel in den Fokus) kann Schmid nichts beitragen. Auch nicht zu einem Deal mit der FPÖ - ein Vorstandsposten für die Blauen im Gegenzug Vorstand für Schmid bei der Staatsholding ÖBAG.

Sobotka belastet
Belastet wird auch der heutige Nationalratspräsident, Wolfgang Sobotka (ÖVP). Er habe beim damaligen Generalsekretär im Finanzministerium erfolgreich interveniert, dass etwa eine geplante Steuerprüfung im Alois-Mock-Institut nicht stattfinden werde. Auch gegen Sobotka wird (wegen Amtsmissbrauchs) ermittelt. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

„Anpatzen für Kronzeugenstatus“
Werner Suppan, der Anwalt von Sebastian Kurz, meint, die von Schmid aufgestellten Behauptungen seien falsch. „Indem er alle anderen anpatzt und beschuldigt, hofft er, den Kronzeugenstatus erwirken zu können. Seine Beschuldigungen sind falsch und das wird auch noch bewiesen werden.“

Ähnlich argumentiert auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Die Aussagen Schmids seien nicht unter Wahrheitspflicht gefallen. Es werde nun von der WKStA zu ermitteln sein, welche der Aussagen sich erhärten werde.

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