Langjähriger Amtstierarzt prangert Vormacht der Agrarlobby an. Statt für strengere Kontrollen zu sorgen, schieben Politiker die Verantwortung ab. Dabei wäre es höchste Zeit, hier zu handeln, fordern Tierschützer.
Grausame Haltungssysteme, qualvolle Tötungen, vom viel gepriesenen Tierwohl keine Spur. Schon seit Längerem gehen nicht nur bei Tierschutz-Aktivisten die Wogen hoch. Immer wieder sorgen massive Missstände in Tiermastbetrieben für blankes Entsetzen. Doch ihre Forderungen nach mehr Kontrollen und einer klaren Trennung zwischen Betreuung und offizieller Begutachtung durch einen Tierarzt verhallen im undurchsichtigen Dschungel der Zuständigkeiten.
„Missglücktes System“ bei Kontrollen
„Das System ist ein Widerspruch in sich. Der Betreuungstierarzt braucht den Landwirt als Kunden, um Geld zu verdienen“, so David Richter vom Verein gegen Tierfabriken (VGT). Bei Missständen sollte derselbe Veterinär aber Meldung machen und damit den zahlenden Kunden anschwärzen. „Das machen die wenigsten“, sagt Richter.
Ein großes Versagen bei den Tierschutzkontrollen ortet auch Rudolf Winkelmayer, selbst langjähriger Amtstierarzt aus dem Bezirk Amstetten. Und leider auch keinen ernsthaften Willen, dies zu verbessern. „Es werden nur Mindeststandards abgecheckt, die Behörde hat offenbar gar nicht den Willen, intensiv zu kontrollieren“, so der Fachmann für Tierethik. Das liege zum einen an der starken Agrarlobby. Zum anderen werde das Tierschutzgesetz oftmals zugunsten der Wirtschaft missinterpretiert.
Häufigere Kontrollen gefordert
Da wie dort wird die Politik aufgerufen, endlich zu handeln. ÖVP-Landesvize Stephan Pernkopf spielt als Agrarlandesrat den Ball, wie berichtet, zu Tierschutzlandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ). Tierschützer Richter, Winkelmayer – der es als ehemaliger Amtstierarzt aus der Praxis wissen sollte – sowie Waldhäusl verweisen aber auf Pernkopf. Auf „Krone“-Anfrage heißt es aus seinem Büro: „Nicht zuständig!“
Auf der Homepage des Landes NÖ ist zu lesen, dass in die Zuständigkeitsbereiche des Regierungsmitgliedes Stephan Pernkopf neben Veterinär- oder Tierzuchtangelegenheiten auch der Tiergesundheitsdienst (TGD) fällt - damit jener Verein, der für das „System“ der Kontrollen durch die Betreuungstierärzte zuständig ist. „Wenn die Politiker wollten, könnten sie etwas ändern“, so Winkelmayer. Etwa durch eine unabhängige Behörde, die objektiv und wesentlich öfter kontrolliert.
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