Interview zum 65er

Lafer: „Influencer verdienen mit Nichtstun Geld“

Steiermark
02.10.2022 11:00

Johann Lafer feiert seinen 65. Geburtstag. Mit der „Krone“ sprach der steirische Starkoch über sein bewegtes Leben, seine Zukunftspläne - und Unverständnis für Influencer.

Johann, du hast deinen 65. Geburtstag gefeiert. Ist es für dich ein Thema, in Pension zu gehen?
Also, ich war ja immer mein eigener Arbeitgeber. Aber jetzt geht es darum, die Jahre, die mir hoffentlich noch bleiben, so zu gestalten, dass ich weiter eine Aufgabe habe und Dinge tun kann, für die mir früher die Zeit gefehlt hat.

Was für Dinge sind denn bisher zu kurz gekommen?
Eine Woche ohne Zeitdruck verbringen zu können, egal ob mit Urlaub, Kultur oder einem Sportevent. An diesem Wochenende gönne ich mir das Formel-1-Rennen in Singapur und hänge entspannt noch ein paar Tage dran.

Jetzt erscheint dein neues Buch „Ein Leben für den guten Geschmack“. Beginnend mit der Eierspeis’ des Großvaters bis hin zu Höhepunkten und Tiefpunkten deiner Karriere.
Auf jeden Fall ist das kein Buch, um sich selbst zu beweihräuchern! Ich erzähle auch von Fehlern, die nicht ausgeblieben sind. Am Ende soll das Buch zeigen, wie ein junger Mann aus einem Dorf in der Oststeiermark es mit 500 Schilling Startkapital geschafft, sein Leben zu bewältigen.

Hat dir seinerzeit die steirische Herkunft geholfen oder dich anfangs gar gebremst, nach dem Motto: „Dem Steirerbua müss‘ ma erst einmal das Reden beibringen.“
Na gut, am Beginn haben einige TV-Zuseher gemeint, „der spricht zu schnell, den kann man nicht verstehen“. Das lag natürlich an der Nervosität. Aber nachdem ich so bodenständig aufgewachsen bin, mit dieser puren Beziehung zur Natur, bestand auch nie die geringste Gefahr abzuheben.

Spürst du die Wertschätzung aus deiner Heimat?
Ich glaube schon, dass man zu Hause weiß, dass ich aus Überzeugung nie meine Herkunft verleugnet habe. Eine jüngst erschienene GfK-Studie hat etwa ergeben, dass 78 Prozent der Deutschen Johann Lafer in erster Linie mit der Steiermark verbinden. Dabei lebe ich bereits seit 1977 in Deutschland.

Wo siehst du die Zukunft der Gastronomie angesichts von Personalmangel, Inflation und Energiekrise?
Das Schlimme ist, dass viele Verantwortliche es versäumt haben, diese Berufe attraktiver zu gestalten. Wenn man sieht, wie viel Geld sogenannte Influencer mit Nichtstun verdienen und wieviele junge Leute nur auf die Uni gehen wollen, dann hat man grobe Fehler gemacht.

Mittlerweile nehmen sich auch Podcaster des guten Geschmacks an, hat das Fernsehen in dieser digitalen Welt noch eine Vormachtstellung?
Auf alle Fälle, aber ich sehe darin auch eine Chance, sich der modernen Welt zu öffnen, der Digitalismus ist nicht mehr aufzuhalten.

Du hast in deinem eigenen Podcast ja viele Prominente zu Gast. Wen würdest du gerne noch bekochen?
Das war immer der Papst Benedikt. Ich habe alle möglichen Kontakte bemüht, um es zu schaffen, leider ist es mir verwehrt geblieben. Es wär’ schön gewesen, diesen Bogen zu spannen vom kleinen Ministranten Hansi aus St. Stefan im Rosental bis heute. Schade. Dabei darf ich mit Stolz sagen, dass ich für einige ganz Große kochen durfte. Von Herrn Bush bis Gorbatschow oder von Primakow bis Boris Becker.

Man hört, dass du wieder in die Steiermark zurückkehrst.
Da gibt es nichts Konkretes. Ich werde auf jeden Fall vieles in der Steiermark erleben wollen, was ich in den letzten 25 Jahren nicht geschafft habe. Aber ich werde in keinen Bauernhof ziehen und darauf schauen, wie die Trauben reifen. Ich will mich weiter gebraucht fühlen und den Eindruck vermitteln, dass ich noch eine Aufgabe erfüllen kann.

Du hast zwei Kinder, wie weit tragen die beiden dein Lebenswerk weiter?
Beide sind nicht in meiner Branche, die Tochter hat in London studiert, alles was mit Mode zu tun hat, der Sohn in Den Haag. Man muss für den Gastronomie-Beruf Leidenschaft mitbringen, meine Kinder haben sich für einen anderen Weg entschieden. Natürlich ist es schade, dass ein Lebenswerk wie die Stromburg nicht in dieser Form weitergeht - aber wenn ich mir die aktuelle Krise und die Personaldiskussion samt Corona anschaue, weiß ich nicht, wie das jetzt weitergehen würde.

Muss denn ein Koch für dich noch einen Strudelteig ausziehen können?
Mit Sicherheit, das gehört zur Basis, zu vieles beim Kochen ist der Rationalität zum Opfer gefallen. Auch ein richtig gutes, fein gemachtes Wienerschnitzel muss sein, das gehört immer noch zur höchsten Kochkunst. 80 Prozent der heurigen Köche können keinen Strudelteig mehr ausziehen.

Alle reden aktuell vom Sparen. Kann man beim Kochen und beim Essen wirklich sparen?
Na klar, so ein Strudelteig kostet fast nix, man kann doch aus regionalen, steirischen Zutaten jede Menge köstliche Speisen zaubern! Ohne große Transportwege, die Steiermark etwa ist das Apfelland schlechthin.

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