Für die Gruppe Wagner

„Putins Koch“ rekrutiert Söldner in Straflagern

Ukraine-Krieg
07.08.2022 22:09

Die russische Söldnergruppe Wagner gilt als Putins Schattenarmee: Sie ist berüchtigt für ihr brutales Vorgehen und operiert auch in der Ukraine. Jewgeni Prigoschin, ein Vertrauter des Machthabers im Kreml, soll nun einem Medienbericht zufolge selbst in russischen Straflagern für die Gruppe Söldner rekrutieren. Den Häftlingen wird Geld und eine Begnadigung geboten, wenn sie gegen die Ukraine kämpfen.

Das unabhängige russische Online-Medium „Mediazona“ hat zwei Häftlinge interviewt, die in Strafkolonien in den Regionen Jaroslawl und Tula einsitzen. Sie berichten, dass die Gefängnisse von einem kleinen, glatzköpfigen Mann besucht worden seien. Er habe ihnen Freiheit und Geld in Austausch für die Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine geboten. Die Insassen erkannten in dem Anwerber Jewgeni Prigoschin - auch bekannt als „Putins Koch“. Er kennt die russischen Gefängnisse: In den 1980ern saß er selbst Strafen wegen Raubüberfalls, Betrugs und Prostitution von Minderjährigen ab. Später gründete er eine Catering-Firma, die auch den Kreml und die russische Armee beliefert, daher der Spitzname.

Söldnertruppe muss Verluste ausgleichen
Bereits im Juli hatte das britische Verteidigungsministerium berichtet, dass die Gruppe Wagner ihre Rekrutierungsstandards gesenkt habe. Nun würden auch verurteilte Straftäter sowie bisher für den Einsatz gesperrte Personen eingestellt, hieß es. So sollen die schweren Verluste ausgeglichen werden, die die ukrainischen Streitkräfte der Söldnertruppe zugefügt haben. Die neuen Kämpfer bekämen allerdings nur eine eingeschränkte Ausbildung, was die Schlagkraft der Truppe und damit ihren Wert als Unterstützung für das russische Militär vermutlich verringere.

Nachdem Gruppen von Anwerbern laut Berichten kremlkritischer Medien schon seit längerer Zeit in russischen Strafkolonien unterwegs gewesen waren, nahm Prigoschin nun offenbar die Sache selbst in die Hand. Gegenüber „Mediazona“ berichtet ein Häftling, dass fast alle Insassen seines Straflagers in Rybinsk in der Oblast Jaroslawl nördlich von Moskau auf den Exerzierplatz gerufen worden seien. Daraufhin fuhr ein Kleinbus vor, aus dem mehrere Männer in Zivil stiegen. Einer hatte den Orden „Held der Sowjetunion“ auf der Brust. In dem Träger des goldenen Sterns erkannte der Sträfling Jewgeni Prigoschin.

„An Mördern und Räubern interessiert“
Er habe den Insassen der Strafkolonie erklärt, dass „der Dritte Weltkrieg im Gange ist“ und dass es möglich sei, sich auf der Seite Russlands daran zu beteiligen. „Meine Leute gehen in afrikanische Länder und lassen innerhalb von zwei Tagen nichts am Leben, und jetzt machen sie das Gleiche mit ihren Feinden in der Ukraine“, erinnert sich der Gefangene an die Rede Prigoschins. Die Söldnergruppe Wagner sei demnach „in erster Linie an Mördern und Räubern interessiert, bei Drogensüchtigen sind sie misstrauisch, das Gleiche gilt für Vergewaltiger.“

Zitat Icon

Meine Leute gehen in afrikanische Länder und lassen innerhalb von zwei Tagen nichts am Leben, und jetzt machen sie das Gleiche mit ihren Feinden in der Ukraine.

So wird Prigoschin von einem russischen Häftling zitiert.

Der Bericht eines weiteren Häftlings aus der Strafkolonie in Plawsk in der Region Tula südlich von Moskau stimmt in vielen Dingen mit der Geschichte des ersten überein. Ihm zufolge wiederholte Prigoschin immer wieder: „Ich habe Sondervollmachten vom Präsidenten, ich sch**** auf jeden, ich muss diesen verdammten Krieg um jeden Preis gewinnen.“ Für die Teilnahme an der Invasion in der Ukraine versprach er demnach nicht nur Geld, sondern auch Begnadigung, Streichung aus dem Strafregister und für diejenigen ohne russische Staatsbürgerschaft einen Pass.

Prämie bei „würdigem“ Tod
Denjenigen, die das Angebot annehmen, seien 100.000 Rubel pro Monat, umgerechnet rund 1620 Euro, plus eine Prämie in gleicher Höhe versprochen worden. Im Fall eines „würdigen“ Todes erhalte die Familie fünf Millionen Rubel, rund 80.000 Euro. Zudem hätten die Söldner-Anwerber gesagt, dass die Häftlinge, sollten sie in den Krieg ziehen, „kein Kanonenfutter“ seien. Die Sterblichkeitsrate liege bei 15 Prozent. Andere Gefangene hätten ihnen geglaubt, erklärt der Häftling gegenüber „Mediazona“, er aber nicht. Er sei der Ansicht, dass „nur wenige“ aus der Ukraine zurückkehren werden: „Ich werde nicht in den Krieg ziehen, auch wenn sie meine Strafe erhöhen.“

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