Live im Steinbruch

Van Morrison: Musikalischer Dienst nach Vorschrift

Burgenland
20.07.2022 10:55

Nach sieben Jahren machte uns Dienstagabend im Steinbruch St. Margarethen wieder einmal der große Van Morrison seine Aufwartung. Der mittlerweile 76-jährige Nordire ließ zwar seine Verschwörungstheorien zu Hause, abermals aber auch Motivation und Spielfreude. Zurück bliebt ein routinierter Abend, aus dem mehr rauszuholen gewesen wäre.

So manchen schlug die Pandemie massiv aufs Gemüt und in vielerlei Hinsicht sind gewisse Irritationen auch nachvollziehbar. Alte Hasen wie Eric Clapton oder Van Morrison etwa waren über diverse Covid-Maßnahmen verärgert und hielten mit ihrer Wut nicht hinterm Berg. Morrison goss diesen Zorn dann auch in Songs wie „Born To Be Free“, „No More Lockdown“ oder „As I Walked Out“ und auch sein maximal mediokres neues Album „What It’s Gonna Take?“ besteht in erster Linie aus Abneigung, Grant und einer leidlich unentspannten Grundhaltung. Ganz anders verhält sich das Morrison’sche Wesen dafür auf der Bühne. Den ehrwürdigen Steinbruch von St. Margarethen füllte er mit rund 4800 Fans mühelos, damit konnte er den Schnitt von seinem Stadthallen-Konzert aus 2015 gut in die Gegenwart retten.

Pflichtbewusst abgespult
Wer sich bei hochsommerlichen Temperaturen Hoffnungen auf Songs seines Kultwerks „Astral Weeks“ machte, wurde schwer enttäuscht. Van exerziert seine Konzerte seit geraumer Zeit pflichtbewusst, aber ohne große Emotionen. Zwischenansagen, Geschichten aus seiner langjährigen Karriere oder humorige Auflockerungen sucht man vergeblich. Gemeinsam mit seiner famosen achtköpfigen Band betritt er pünktlich um 20 Uhr die Bühne und legt tatsächlich mit „Dangerous“, dem einzig gespielten Song aus seinem Weltverschwörer-Album los, findet dann aber doch recht schnell wieder zurück in die Vergangenheit, die zumindest etwas weniger Mieselsucht beinhaltet. Das Songmaterial aus seiner gut 60-jährigen Karriere spricht für sich. Van Morrison hat sich gleichermaßen in die Jazz-, Blues, wie auch Folk-Pop-Geschichtsbücher geschrieben, wählt aber lieber den Weg eines Bob Dylan und stellt sich selbst vor sein Publikum.

Im himmelblauen Anzug und mit verspiegelter Pilotenbrille steht er im Zentrum des Geschehens. Das Getümmel auf den Rängen behagt ihm anfangs nicht, die Fans statten sich noch mit regionalem Bier und Wildschwein-Käsekrainer aus, um ihren alternden Helden in der Abendsonne zu bestaunen. Schon recht früh im Set hört man seinen 1995er Klassiker „Days Like This“ - einer der wenigen Momente, wo die Stimmung beim eher reservierten Publikum ein bisschen hochkocht. Musikalisch gibt’s freilich nichts zu bemängeln. Morrison würzt seine Songs mit Percussion- und Bläsereinsetzen, seine Backgroundsängerin verstärkt ihn nach Kräften und die Saiteninstrumente sind der rhythmische Rückhalt des versatilen Treibens. „These Dreams Of You“, „Precious Time“ oder „Baby, Please Don’t Go“ rattern in Maschinengewehrgeschwindigkeit von der Bühne. Es bleibt kaum Zeit, um durchzuatmen.

Ruckartige Flucht
Van Morrison changiert zwischen erdigem Blues und bodenständigem Jazz. Poppige Auflockerungen haben nur wenig Platz, die sommerliche Leichtigkeit dieses Freiluftkonzerts versteckt sich hinter einer starr abgespulten Routine, die Songs wie „Real Real Gone“, „Did We Get Healed?“ oder „Down To Joy“ etwas durchschnittlich erklingen lässt. Sehr viel Zeit der etwa 100-minütigen Show geht in Trompeten- und Saxofonsoli. Das Saxofon und die Mundharmonika nimmt Van Morrison zuweilen selbst in die Hand, dafür lässt er den Kultsong „Moondance“ uninspiriert ins Steinbruch-Oval tröpfeln. Auf das heiß ersehnte „Brown Eyed Girl“ verzichtet er völlig und während seine Band die Extended-Version des Them-Hits „Gloria“ als Gute-Nacht-Song zelebriert, sitzt der Großmeister schon in seinem Mercedes und lässt sich - noch während der Song gespielt wird - mitten durch die Fans in sein Hotel bringen. Nur ja keine Minute zu viel Service anbieten.

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