Schatzfund in Indien

Statt Armut zu lindern, soll Gold im Tempel verstauben

Ausland
06.07.2011 10:53
Nach dem spektakulären Schatzfund im indischen Hindu-Tempel Sree Padmanabhaswamy entbrennt jetzt der Streit um die Reichtümer in Milliardenhöhe. Denn obwohl Millionen Inder in dem Bundesstaat Kerala in Armut leben, könnten Gold, Edelsteine und Schmuck in den Kellern des Tempels bleiben. Ein Hindu-Verband drohte sogar mit kollektivem Selbstmord, sollte der Staat versuchen, den Schatz zu Geld zu machen.

Der Wert des Schatzes wurde mittlerweile nach oben korrigiert. War man zuerst von umgerechnet sieben Milliarden Euro ausgegangen, beziffern Archäologen den Fund mittlerweile mit 15 Milliarden Euro. "Es ist unglaublich", sagt Ajit Kumar vom staatlichen archäologischen Institut Kerala. Der Schatz im Kellergewölbe des Tempels in der südindischen Stadt Thiruvananthapuram dürfte der größte sein, der jemals in Indien gefunden wurde: säckeweise Goldmünzen, Statuen, Diamanten, Rubine und Smaragde, außerdem eine Krone, viel Schmuck. "So etwas haben wir noch nicht gesehen", sagt Kumar. 

In Kürze dürften noch mehr Funde gemeldet werden, da Forscher jetzt auch die letzten beiden der insgesamt sieben Kammern geöffnet haben. "Es ist noch nicht alles gesichtet und ausgewertet worden", so Kumar. Der archäologische Wert liege außerdem noch viel höher. Um den zu beziffern, müssten die Experten weitere Untersuchungen anstellen. 

Außerdem hat das Oberste Gericht die lückenlose Erfassung sämtlicher Funde angeordnet. Alle Bestandteile des Schatzes müssten fotografiert und gefilmt werden, berichtete die Nachrichtenagentur IANS am Mittwoch. Zudem sei die dem Kulturministerium unterstellte Archäologie-Behörde aufgefordert worden, die Herkunft der zahlreichen Fundstücke festzustellen.

Streit um den Milliarden-Fund entbrannt
Bislang war der Tempel für die Gläubigen lediglich ein religiöser Ort gewesen, doch jetzt wird der Streit um den Sree-Padmanabhaswamy-Schatz zum Politikum. Der Bundesstaat Kerala gilt als einer der ärmsten Indiens. Millionen von Menschen leben in Armut, die öffentlichen Kassen sind leer. "Der Berg an Gold, Smaragden, Rubinen, Diamanten und anderen Edelsteinen in den Gewölben des Kellers, die jetzt ausgegraben wurden, stehen im extremen Gegensatz zur Staatskasse, die ständig im Minus ist", schreibt die indischen Wirtschaftszeitung "Economic Times".

Wie "Spiegel Online" berichtet, könnte der Fund den Haushalt sanieren, mit dem Geld könnten Ernährungs- und Bildungsprogramme finanziert werden, fordern indische Intellektuelle. Krishna Iyer, ehemaliger Richter am Obersten Gerichtshof, sagte, der Schatz müsse der Öffentlichkeit zugutekommen.

Hindu-Verband droht mit Massenselbstmord 
Doch die Hindu-Verbände wollen davon nichts wissen. Sie fordern, den Schatz zu belassen, wo er ist. "Er darf auf keinen Fall angerührt werden, wir müssen ihn schützen", verlangt Narayana Panikker, ein Hindu-Aktivist. "Die Gegenstände wurden dem Tempel vermacht, der Staat kann sie nicht einfach wegnehmen."

Die hindunationalistische Partei BJP teilte mit, sie werde nicht zulassen, dass auch nur eine einzige Münze aus dem Tempel entfernt werde. Die Gegenstände dürften nicht einmal öffentlich ausgestellt werden, betonte ein Parteisprecher. Der Hindu-Verband SNDP drohte sogar mit kollektivem Selbstmord, sollte die Regierung versuchen, den Tempelschatz an sich zu reißen. "Nur Hindus und die königliche Familie, die pflichtbewusst die Reichtümer gehütet hat, haben ein Recht zu entscheiden, was damit geschehen soll", erklärte SNDP-Generalsekretär Vellappally Natesan. Andernfalls, drohte er, müsste man "mit den schlimmsten Folgen" rechnen.

Die Regierung des Bundesstaates will den Schatz vorerst im Tempel belassen, zumal man auf Einnahmen aus dem Tourismus spekuliert. Regierungschef Oommen Chandy: "Wir werden, in Absprache mit der königlichen Travancore-Familie und dem Chefpriester, Maßnahmen zum dauerhaften Schutz erarbeiten." 

Reichtümer in Indiens Tempeln
In den Tempeln Indiens lagern oftmals Reichtümer, die Gläubige im Laufe der Jahrhunderte gespendet haben. Die "Hindustan Times" meldet etwa, dass ein Tempel im Bundesstaat Andhra Pradesh über rund drei Tonnen Gold verfügen soll. Und der im April gestorbene Guru Sathya Sai Baba hinterließ Besitztümer im Wert von schätzungsweise sechs Milliarden Euro.

Gefunden wurde der Schatz in Kerala nur, weil das Oberste Gericht des Bundesstaates entschied, dass die private Stiftung, welche den Tempel verwaltet und betreut, nicht mehr für die Sicherheit aufkommen könne. Die Richter sprachen die Verantwortung für die Anlage dem Staat zu. Der schickte ein siebenköpfiges Team, das das Gebäude begutachten und eine Liste mit den Besitztümern aufstellen sollte. 

Mit Schlamm überzogen
In den Kellergewölben stießen die Experten auf von Schlamm überzogene Gegenstände, die sich als Schatz herausstellten. Leiter der Stiftung waren Nachfahren der Königsfamilie des damaligen Travancore, die das Gebäude im 16. Jahrhundert für den Gott Vishnu erbauen ließ. Ihm zu Ehren häuften die Regenten sowie Pilger und Reisende über Jahrhunderte die Reichtümer an. Weil der Schatz zum Teil in den Kellerräumen eingemauert wurde, gerieten er in Vergessenheit, lautet die offizielle Erklärung.

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