Austro-Designerin Marina Hoermanseder unterstützt die Caritas-Aktion „Mütternhelfen“. Wir trafen die Mutter einer Tochter zum Interview über ihren humanitären Einsatz für die Ukraine, nach dem sie massive russische Drohungen erhielt.
„Krone“: In der letzten Zeit hat man dich stark im Netz für deine humanitäre Hilfe im Ukraine-Konflikt wahrgenommen - eine Art neue Marina?
Marina Hoermanseder: Es stimmt, eine neue Marina kam zum Vorschein. Denn mit humanitärer Hilfe hatte ich null Erfahrung, keine Anknüpfungspunkte. Ich habe immer gesagt: Ich setze mich für Tiere ein, aus der Motivation heraus ist das eigentlich auch alles erst entstanden. Ich wollte einen LKW voller Tierfutter in die Ukraine schicken und habe dann Ewa Herzog angerufen, weil ich mitbekommen habe, dass sie LKWs organisieren kann. Die meinte dann: Marina du bekommst deinen LKW. Ich bin mit meinem ganzen Team dann hin und hab Tonnen an Tierfutter verladen und verschickt. Und bin da dann reingerutscht, weil ich gesehen habe, da ist Not am Mann. Ich bin jemand, der dann helfen muss und mitanpackt. Und so wurde ich zum Kern des Teams. Ich war in diesem Sog drinnen, es haben so viele Menschen gespendet, so viele Menschen haben geholfen. Wir waren als Private schneller, als die staatliche Hilfe sein hätte können, wegen der Bürokratie. Ich wurde auch zur Anlaufstelle für Firmen, die spendeten, Menschen die Sachen gebracht haben und habe meine Reichweite dafür genutzt zu helfen.
Was habt ihr da geschafft, gibt es Zahlen?
In den ersten zehn Tagen haben wir es alleine geschafft, knapp 1000 Tonnen Hilfsgüter mit ungefähr 45 oder 50 LKWs in die Ukraine zu transportieren - meine Firma ist während diesen zwei Wochen komplett stillgestanden. Auch meinem Team habe ich gesagt: Ihr müsst da jetzt mitmachen. Es hat sich richtig angefühlt. Wir haben super funktioniert.
Glaubst du, dein Mama-Sein, hat dein Verhalten in dieser Extremsituationen verändert?
Diese Bilder des Kriegs, gerade weil ich Mutter bin, haben mich so unendlich berührt, schockiert und sprachlos und traurig gemacht. Früher, hätte mich das nicht so sehr berührt, wie heute. Also, wenn ich jetzt ein Foto von einem kleinen Mädchen sehe, ich habe gerade das Mädchen mit dem rosa Plüschhasen vor Augen, zerreißt es mir das Herz. Oder Bilder von Müttern, die keine Milch mehr produzieren, weil sie so im Stress sind, dass sie ihren Babys keine Nahrung mehr geben können. Das ist etwas, das hätte mir vor zwei Jahren leidgetan, aber heute bricht es mir wirklich das Herz. Und dann muss ich helfen, dann muss ich was machen. Ich hätte sonst nachts nicht schlafen können. Das war mein Beitrag, den ich leisten musste.
Wie ist es dir dabei gegangen?
Abgesehen von dem zeitlichen Spagat: Ich bin noch nie in meinem Leben so an meine Grenzen gekommen. Eine Fashion Week ist dagegen lächerlich und da bewirte ich immerhin über 1000 Menschen und schlafe gefühlt nicht. Da ich auch im ukrainischen Fernsehen war, haben mich viele angeschrieben. Dutzende Einzelschicksale, private Anfragen haben mich gefunden und Fotos wurden mir geschickt. Ich habe auch russische Nachrichten bekommen. Das war so schlimm, Drohungen, das war übel. „Jeder, der die Ukraine unterstützt, ist unser Feind“. Oder: „Sie werden mich suchen und sie werden mich finden“. Da läuft es einem kalt den Rücken hinunter. Ich bin zwei Wochen komplett neben mir gestanden, alle Emotionen waren da dabei. Es war dann wie ein Filmriss nach dem Ausgehen. Ich habe nicht mehr gecheckt, was da alles gerade passiert ist. Das schönste war dann immer, also meine Erlösung, wenn ich meine kleine Lotti auf den Arm genommen habe.
Das nach Hause kommen, in ein sicheres Daheim, ist eben nicht selbstverständlich…
Nach Hause kommen, war für mich schon immer ein sicherer Hafen. Ich hatte großes Glück. Aber in Zeiten wie diesen hat das noch einmal eine ganz andere Dimension für mich bekommen. Nach Hause kommen, ein sicheres zu Hause zu haben, das ist nicht selbstverständlich. Windeln für sein Kind zu haben, ist nicht selbstverständlich. Ich weiß, wie privilegiert ich leben darf, wie unfassbar luxuriös ich leben darf - auch vieles geschenkt bekomme, um es dann zu bewerben. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber auch genau deshalb will ich helfen und unterstütze die Aktion #Mütternhelfen zugunsten der Caritas Mutter-Kind-Häuser. Es sind nämlich nicht nur die Mütter in der Ukraine in Not, diese Not gibt es leider auch direkt vor unserer Haustüre. Man kann auch im eigenen Land helfen, da ist ein sehr großer Bedarf an Solidarität. Diese großartige Solidarität mit Menschen in der Ukraine sollten wir auch ein bisschen in unser eigenes Land mitnehmen.
Wohl auch deshalb unterstützt die Designerin die Aktion der Caritas, die noch bis Ende Mai läuft und Müttern und Kindern in Not helfen soll.
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