Covid-19-Patienten, die längere Zeit auf einer Intensivstation betreut werden mussten, haben zu einem hohen Anteil auch noch ein halbes Jahr später Gehirnleistungsstörungen. Die kognitiven Beeinträchtigungen entsprechen einer Alterung um etwa 20 Jahre, wie britische Wissenschaftler herausgefunden haben. Betroffene leiden besonders unter Wortfindungsproblemen. Doch es gibt auch eine gute Nachricht.
„Kognitive Defizite können die Folge von vielen neurologischen Erkrankungen sein. Das umfasst Demenz bis hin zu normalen Alterungsprozessen“, erklärt David Menon, Hauptautor der Studie, die im Online-Journal „eClinicalMedicine“ veröffentlicht wurde. „Das Muster, das wir sahen - der ,kognitive Fingerabdruck‘ von Covid-19 - sieht aber anders aus“, so der Forscher von der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin der Universität Cambridge.
Die Wissenschaftler hatten 46 Covid-19-Patienten im Mittel sechs Monate nach ihrem Aufenthalt auf der Intensivabteilung eines Spitals in Cambridge eingehenden computerunterstützten Tests unterzogen. 16 der Patienten hatten auch maschinell beatmet werden müssen. Das dauerte in einigen Fällen bis zu 50 Tage. Die Testergebnisse wurden jenen von 66.008 Personen aus der Allgemeinbevölkerung gegenübergestellt.
Reaktion auf Reize eindeutig verlangsamt
Der Vergleich brachte längerfristige Beeinträchtigungen der Hirnleistung der Covid-19-Patienten zutage: Sie zeigten weniger genaue Reaktionen auf Reize und insgesamt eine verlängerte Reaktionszeit. Besonders beeinträchtigt war die Fähigkeit, logische Schlüsse zu ziehen. Das entspreche den von Covid-19-Genesenen oft berichteten Wortfindungsstörungen, schrieben die Wissenschaftler. Insgesamt verlangsamte sich die Reizverarbeitung. Bei Covid-19-Überlebenden wird oft ein verringerter Verbrauch von Zucker (Glukose bringt Energie) festgestellt, und zwar in den Gehirnarealen, die für komplexe Aufgaben zuständig sind. Das dürfte mit der langsameren Verarbeitung von Reizen zusammenhängen.
Die Wissenschaftler schätzen, dass das Ausmaß des Verlusts an kognitiven Kapazitäten im Durchschnitt jenem zwischen dem Alter von 50 und 70 Jahren entspricht. Der IQ habe um zehn Punkte abgenommen, hieß es in der Mitteilung der britischen Universität.
Auch Zeichen von Erholung
Die gute Nachricht: Es scheint bei den Betroffenen aber mit der Zeit auch zu einer Erholung zu kommen. Menon meint hierzu: „Wir beobachteten einige der Patienten bis zu zehn Monate lang nach der akuten Infektion. Dabei stellten wir eine langsame Verbesserung fest. Statistisch signifikant war das nicht, aber es zeigt zumindest in die richtige Richtung. Allerdings ist es auch sehr gut möglich, dass diese Menschen sich nicht mehr ganz erholen werden.“
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