„Krone“-Interview

Steinhauer: „Hollywood hat mich nie interessiert“

Steiermark
01.05.2022 13:00

Erwin Steinhauer ist einer der beliebtesten Künstler des Landes. Dafür musste er hart arbeiten und viel aufgeben. Welchen Wert hat die Arbeit für den großen Südsteiermark-Fan? Der „Steirerkrone“ hat er zum Tag der Arbeit ein Interview gegeben.

Welche Bedeutung hat für Sie der Tag der Arbeit?
Der 1. Mai war in der Familie immer ein Tag der Erinnerung. Ich komme aus einer sozialdemokratischen Familie. Mein Großvater hat als Feuerwehrmann rote Nelken in den Löschteppich geworfen. Maiaufmärsche sind nicht meins. Ich habe eine Haltung und eine Meinung, die ich nicht offen bekunden muss.

Haben Sie Schauspielern jemals als Arbeit gesehen?
Diese Frage stellt man sich am Anfang nicht. Man geht in den Beruf, weil man davon beseelt ist und gar nicht anders kann. Schon in der 1. Klasse Volksschule habe ich gewusst, dass ich nichts anderes machen werde. Und ich bin unendlich froh und glücklich, dass ich stets von meiner Leidenschaft leben konnte und bis heute spielen kann.

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In den letzten Jahren hatte ich nur ein paar Drehtage, von denen man nicht leben kann.

Erwin Steinhauer

Kennen Sie eigentlich Existenzängste?
Natürlich. Existenzängste gibt es permanent, weil man nicht immer auf dem Level einer Vollbeschäftigung ist. Jetzt ist es ein wenig besser, weil ich eine kleine Rente bekomme, wo die Fixkosten, wenn es nicht allzu teuer wird, gedeckt sind. In den letzten Jahren hatte ich nur ein paar Drehtage, von denen man nicht leben kann. Dann gibt es wieder Phasen wie jetzt, wo ich innerhalb von 6 Wochen an vier Filmen parallel drehe. Das ist für mich zwar schrecklich, aber wenn die Angebote kommen, muss man sie annehmen.

Können Sie von der Pension leben?
Nein, das geht sich mit meiner Pension nicht aus. Ich bin berufstätiger Pensionist und damit auch kein guter Großvater, weil ich als werkstätiger Rentner nicht immer verfügbar bin. Von meinen vielen Kolleginnen und Kollegen kann ich keine Handvoll nennen, die mit 65 Jahren mit dem Arbeiten aufhören könnten. Viele spielen, weil es auch zu ihrem Leben dazugehört. Wer rastet, der rostet. Es bricht ein wesentlicher Teil deines Lebens weg, wenn du zu lange weg bist. In meinem Fall ist es gut, dass ich vielseitig bin. Hat die Arbeit beim Film nachgelassen, bin ich als Musiker mit meiner Band quer durch die Lande gefahren oder solo mit Lesungen aufgetreten.

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Ich war ein Workaholic, aber jetzt bin ich ein begnadeter Absager

Erwin Steinhauer

Würden Sie sich als Workaholik bezeichnen?
Ja, das war ich sicher. Aber jetzt bin ich ein begnadeter Absager. Ich mache nur mehr das, was mir Spaß macht. Rollen als Kriminalkommissare, Hoteldirektoren oder Ärzte interessieren mich überhaupt nicht mehr. Das habe ich alles hinter mir. Aktuell spiele ich in Bayern einen fortschrittlichen Kardinal, der gegen Kirchenaustritte ankämpft. Mir ist es wichtig, dass Kollegen und Kolleginnen an meiner Seite sind, die ich schätze und respektiere, aber auch eine Regie, die mich in meiner Arbeit nicht stört.

Haben Sie sich jemals für eine Rolle geschämt?
Nein - ich stehe zu allem. Ich kann mir nur viele Sache nicht anschauen, weil ich mich weiterentwickelt habe. Zum Beispiel „Der Sonne entgegen“ war meine erste große TV-Serie in einer Spielart, die heute nicht mehr funktioniert, da sich vieles geändert hat.

Doch gerade diese Serie sorgt heute noch für gute Quoten.
Die Serie war erfolgreich, weil es Quote hatte, aber ob sie wirklich gut ist, ist eine andere Frage. Mein Lebensthema ist Qualität und Erfolg. Vieles was gut ist, hat keinen Erfolg. Und vieles war sehr erfolgreich ist, ist nicht wirklich gut. Diese Wechselbeziehung von Qualität und Erfolg hat mich ein Leben lang beschäftigt, und ich bin fix der Meinung, dass Qualität für den Erfolg nicht unbedingt notwendig ist- sie ist im besten Fall nicht hinderlich.

Sie hatten wenig Zeit für Ihre Familie, würden Sie es heute anders machen?
Wenn ich könnte, ja! Ich weiß nur nicht, ob ich es könnte. Der Beruf des Schauspielers ist wahnsinnig familienfeindlich. Aber es bestimmt ein jeder selbst, was dir wichtiger ist. Für mich waren Familie und Kinder wichtig, auch wenn ich wenig Zeit gehabt habe. Als alleinerziehender Vater habe ich viele Angebote im Ausland abgelehnt, da ich mit den Kindern nicht von einer Stadt in die andere ziehen wollte. Auch hier hatte ich das große Glück in Wien sesshaft und erfolgreich zu werden.

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Der Beruf des Schauspielers ist wahnsinnig familienfeindlich.

Erwin Steinhauer

Damit war Hollywood auch nie ein Thema?
Absolut nicht, hat mich nie interessiert. Umso mehr habe ich mich mit meinem Freund und Oscargewinner Christoph Waltz gefreut, mit dem ich in jungen Jahren auf der Bühne stand. Er hat einen Berufsweg eingeschlagen, für den ich mich nie berufen gefühlt hätte.

Ein anderer guter Freud ist nicht mehr, wie sehr trifft Sie der Tod von Willi Resetarits?
Es tut mir sehr weh, dass er nicht mehr da ist. Ich kannte Willi Resetarits seit 1969. Wir haben damals im Grazer Orpheum eine Sozialoperette gespielt. Der Willi und ich haben dafür eine tänzerische stundenlang Stepptanzunterricht genommen. Das wird mir ewig in Erinnerung bleiben.

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