Mit Rechen und Motorsäge ist derzeit der Villacher Bergführer Sepp Egarter unterwegs, denn am Kanzianiberg ist Frühjahrsputz angesagt. Und die „Bergkrone“ packte mit an.
Umgestürzte Bäume, herausbrechende Felsen: Der Winter hat im österreichweit bekannten Klettergarten nahe Finkenstein seine Spuren hinterlassen. Und damit sich alljährlich hier 35.000 Klettersportbegeisterte in den Felswänden ihren Herausforderungen stellen können, muss jedes Frühjahr angepackt werden.
„Seit einem Monat bin ich schon mit Aufräumarbeiten beschäftigt“, sagt Sepp.
Für den 72-Jährigen ist der Kanzi, wie der Kanzianiberg gern genannt wird, wie ein zweites Zuhause. Egal, ob Königin, Glatzkopf, Ursulaturm oder Fallobstwand - Sepp kennt hier jeden Stein. Seit 1993 hat der Villacher gemeinsam mit seinen Bergführer-Kollegen Geri Sagmeister und Rainer Petek das gesamte Areal von der Nachbarschaft Mallestig-Finkenstein gepachtet.
„Wir sind seit 30 Jahren für Infrastruktur, Erhaltung und die Sicherheit hier verantwortlich“, verrät Sepp, während er Äste zu einem Haufen schlichtet: „Wenn etwas nicht passt und vom Schnee umgedrückte Bäume drohen, in Kletterrouten zu stürzen, dann kommen die Sportler zu mir und bitten mich, diese möglichst rasch zu entfernen.“
In der Sportkletterszene ist der Kanzianiberg einmalig, ist er doch eines der ältesten und größten Klettergebiete Österreichs. Die 700 Meter lange Wandflucht aus Kalk bietet fast 600 Routen und zahlreiche Klettersteige aller Schwierigkeitsgrade.
„Sportkletterer gehen nicht gerne zu Fuß. Beim Kanzi können sie vom Auto aus wegklettern, dass macht ihn einzigartig“, sagt Sepp: „Früher, in den vergangenen Sechzigerjahren, haben die Bergführer den Kanzianiberg als Ausbildungsgebiet für sich entdeckt, später dann, in den Achtzigerjahren, kam das Sportklettern aus den USA zu uns. Künftig soll sich die gesamte bergsportbegeisterte Familie am Kanzianiberg wohl fühlen können.“
Der 72-Jährige hat bereits begonnen, eine „Familien-Kinder-Wander-Klettermeile“ vom Parkplatz bis hinauf zur Königin zu errichten - mit Plätzen, wo Kinder mit Tschurtschen spielen oder aus kleinen Felsstückchen Steinmandln bauen können.
Zusätzlich ist laut Sepp ein eigener Bouldertrail im entstehen. Obwohl der Villacher seit Wochen schuftet, sieht er sich selbst nicht als Hausmeister: „Ich bin Bergführer und auf den Kanzi angewiesen, weil ich stark im Ausbildungsbereich arbeite.“ Sepp ist bekanntlich zurückhaltend, aber in Zahlen heißt das, dass der Villacher seit 1979 mit seiner Alpinschule Vier Jahreszeiten Schulsportwochen organisiert und dabei 40.000 (!) Kinder und Jugendliche für den Klettersport begeistert hat: „Einige von ihnen sind heute selbst Bergführer, die bei mir das erste Mal geklettert sind.“
Sepp ist beim Frühjahrsputz zwar allein, dennoch ist der Kanzianiberg ein Erfolgsprojekt vieler. „Die Nachbarschaft steht hinter uns, die Gemeinde sorgt für die Parkplatz-Infrastruktur, der Tourismus unterstützt uns finanziell - und die Interessensgemeinschaft Klettern kümmert sich um die Routen. Ich bin stolz, dass hier alle zusammenhalten und jeder seinen Teil leistet - ich halt auch mit Rechen und Motorsäge.“
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