Überlebenskampf

Alles wird teurer: Steirer lebt von 11 Euro am Tag

Steiermark
13.02.2022 11:00

Er wollte als tüchtiger Handwerker sein Leben bestreiten und den Kindern ein guter Vater sein - gekommen ist alles anders. Krankheiten zwangen einen 57-jährigen Grazer in die Knie, er „vegetiert“ dahin.

Sein Hunderl heißt „Aisha“, ist zehn Jahre alt - und „ohne sie würde ich heute überhaupt keinen Sinn mehr im Leben sehen“, sagt Erich G. Er ist 57 Jahre alt und „fertig g’fahren“. Der gelernte Maurer hatte seinen Job immer gerne gemacht - bis ihn 2006 ein Herzinfarkt in die Knie zwang. Danach „hab ich noch Hausmeisterarbeiten gehabt, bin aber gekündigt worden. Weil so viel Wasser in der Lunge war, ich so schwer Luft gekriegt hab‘ und nicht mehr wirklich g’scheit arbeiten konnte.“ Als wäre das Maß damit noch nicht voll, kam noch Diabetes dazu. Heute spritzt er viermal am Tag.

„Sonst gibt die Pumpe auf“
725 Euro bekommt Herr G. an Notstandshilfe, 625 Euro kommen als Sozialhilfe dazu - Letztere lässt ihn bitter auflachen. „Sie ist aufgestockt worden. Auf den ersten Blick klingt das super. Aber dafür ist die Wohnbeihilfe von 148 Euro weggefallen, und die Rezeptgebühr fällt wieder an. Das heißt, es bleibt mir weniger als vorher.“ Für 60 Euro muss er Tabletten kaufen, und das jedes Monat, „sonst gibt die Pumpe auf“.

Der Familienvater rechnet vor, wie viel Geld ihm im Monat bleibt: 358 Euro, rechnet man die Fixkosten wie Miete, Versicherung, Medikamente und Handy weg. Den größten Brocken macht die Wohnung aus. „Ich weiß, dass das billiger geht. Aber ich wohne seit 25 Jahren hier, meine Kinder sind da aufgewachsen, ich will nicht weg. Man kann mir doch nicht alles nehmen.“

Ihm bleiben 358 Euro im Monat für Lebensmittel für sich und den Hund. Das sind nicht einmal zwölf Euro am Tag. „Und jetzt wird auch noch alles teurer. Wie soll das weitergehen?“

Eine Lebensgefährtin hat er nicht, „und auch wenn ich eine Dame kennenlernen sollte: Ich kann sie nicht mal auf ein Getränk einladen, da sind locker sechs Euro weg. Und ich hab‘ am nächsten Tag nicht viel zum Essen.“

Außertourlichkeiten? Unmöglich. In tiefste Verzweiflung stürzte ihn, als „Aisha“ ein Gebärmuttergewächs hatte, „einen Kilo schwer“. 500 Euro hat der Tierarzt gekostet; Das Geld musste er von seiner Tochter leihen.

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Leben ist das keins. Mehr so ein Dahinvegetieren.

Erich G.

„Wissen Sie, wie man sich fühlt, wenn man sich als erwachsener Mensch von den eigenen Kindern etwas ausborgen muss? Oder man sich das ganze Jahr über was vom Mund abspart - nur damit man dem Enkerl zu Weihnachten was Kleines schenken kann?“ Wie der ärgste Versager, gibt er sich selbst die Antwort. „Leben ist das keines. Mehr so ein Dahinvegetieren.“

Wie geht es den Steirern mit der Preisexplosion im Alltag? Die „Krone“ beleuchtet in nächster Zeit weitere Einzelschicksale.

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