Koalitionskälte: Die „Causa Sideletter“ wird zwar in den betroffenen Parteien maximal abgewiegelt - denn Nebenabsprachen habe es bei Koalitionsvereinbarungen in Österreich doch immer gegeben. Aber hinter den Kulissen sorgt nun weniger die Veröffentlichung des von Sebastian Kurz und Heinz Christian Strache Ende 2017 unterschriebenen Geheimpapiers mit Abmachungen von zahlreichen Personalien bis hin zur ORF-Gebührenabschaffung für Unruhe, sondern vielmehr jenes, das Kurz und sein damals neuer Koalitionspartner Werner Kogler von den Grünen zu Jahresbeginn 2020 parafiert haben. Dieses Schriftstück war am Freitag aufgetaucht, nachdem sich herumgesprochen hatte, dass der türkis-blaue Sideletter aus einem WKStA-Akt den Weg in die Medien gefunden hatte. Diese Kurz-Kogler-Geheim-Abmachung lässt tief blicken und zeigt, dass auch die Grünen wie zuvor die Blauen nur zu gerne aus dem sprichwörtlichen Futtertrog naschen. Wobei eine weitere quasi Nebenabsprache zu den Nebenabsprachen zwischen Türkis und Grün letzterer Partei, die sich so gerne Sauberkeit und Transparenz auf die Fahnen heftet, nun besonders üble Nachrede beschert: Offensichtlich hatte man für die Zusage, den ORF-Stiftungsrat-Vorsitz grün einfärben zu dürfen, eine für Grüne an sich unverdauliche „Krot gefressen“ und dem Lehrerinnen-Kopftuchverbot zugestimmt. Aus ihrem Verdacht, wie diese geheimen Absprachen nun an die Öffentlichkeit kommen konnten, machen die Grünen keinen Hehl: Sie meinen, das Team rund um Alt-Alt-Bundeskanzler Sebastian Kurz habe die Papiere „rausgespielt“. In Zusammenhang mit der Tragfähigkeit der türkis-grünen Koalition wird seit dem Abschuss von Bundeskanzler Kurz durch den kleinen Koalitionspartner oft von „dünnem Eis“ gesprochen. Durch die aktuellen Ereignisse hat das Koalitionsklima zwar einen Tiefstwert erreicht - eine Kälte, die allerdings nicht dazu angetan sein wird, das Eis tragfähiger zu machen.
Alles wie immer. Die Sideletter und deren Veröffentlichung nimmt in der heutigen „Krone“-Ausgabe auch im Kommentar von Claus Pándi Raum ein. Er beschäftigt sich unter dem Titel „Viele Verlierer“ mit dem, wie er schreibt, „desolaten Zustand des Landes und Europas im Allgemeinen“, schließt dabei die Innenpolitik samt U-Ausschuss, aber auch die internationale Lage mit Putin und der Ukraine mit ein. Rund um die Wahlgänge im Herbst und im nächsten Jahr erwartet er Schmutzkübelaktionen, er schreibt: „Der Kampf um die Macht hat schon begonnen, und am Ende werden viele Verlierer auf der Bühne liegen.“ Die jetzt bekanntgewordenen „Sideletter“ seien da „ein übler Vorgeschmack“. Dabei verrate das nur, dass nie etwas geheim bleibe. Pándis Resümee: „Unterm Strich zeigt das einmal mehr, dass unter Sebastian Kurz und seinen gefährlich loyalen Gefolgsleuten im Bund und in den Ländern wenig neu, sondern alles wie immer war.“
Einen schönen Montag!
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