Immense Papierkosten

Hohe Preise: Bücher werden in Türkei zum Luxusgut

Ausland
29.12.2021 16:32

Der Verfall der türkischen Lira, die hohe Inflation und immens gestiegene Papierkosten haben Bücher in der Türkei mittlerweile zu einem Luxusgut gemacht. Einige türkische Verlage entschieden sich dieser Tage bereits dazu, weniger Bücher zu veröffentlichen. Sie befürchten gleichzeitig, dass dadurch weniger kritische und alternative Stimmen Gehör finden.

„Der Buchpreis explodiert gerade“, beklagt die Promotionsstudentin Gulfer Ulas, die Internationale Beziehungen studiert. Sie muss derzeit fast 1000 Lira - das sind rund 70 Euro und entspricht einem Drittel des türkischen Mindestlohns - monatlich in Bücher für das Studium investieren. 

Eigentlich liest Ulfer (Bild unten) in ihrer Freizeit auch gerne Romane, doch dieses Hobby ist derzeit fast unerschwinglich. Denn binnen Monaten hat sich etwa der Preis für die Ausgabe eines Thomas-Mann-Romans von 33 auf 70 Lira mehr als verdoppelt.

Viele Kunden sind angesichts steigender Preise verärgert. „Das Buch, das ich jetzt kaufen möchte, kostet 38 Lira. Vorher habe ich es für 24 Lira gekauft. Früher habe ich mehrere Exemplare von Büchern gekauft, weil ich sie gerne an Freunde verschenkte. Aber die Preise sind zu sehr gestiegen. Es heißt, das liege am Papiermangel auf dem Markt. Mich wundert das nicht, denn die Türkei importiert jetzt alles“, sagt Ibrahim Özcay.

Jährliche Inflation zuletzt bei über 21 Prozent
Dieser Anstieg steht exemplarisch für das Ausmaß der Wirtschafts- und Währungskrise in der Türkei. Die türkische Lira verlor im Laufe des Jahres ein Viertel ihres Werts gegenüber dem Dollar, die jährliche Inflationsrate lag zuletzt bei über 21 Prozent. Kritiker glauben, dass diese offiziellen Zahlen noch deutlich zu niedrig angesetzt sind. Die Kaufkraft der Türken ist in jedem Fall deutlich geschwächt.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan verfolgt dabei eine Strategie, die der gängigen Ökonomenlehre widerspricht, denn er lehnt eine Erhöhung der Leitzinsen zur Eindämmung der Inflation strikt ab. Erdogan möchte hingegen über niedrige Zinsen Kredite und Investitionen ankurbeln - damit allerdings erhöht sich die Geldmenge im Umlauf weiter.

Papierpreis binnen eines Jahres verdoppelt
Angaben des Verlagshauses Kirmizi Kedi zufolge stieg der Preis für Papier binnen eines Jahres von 700 bis 800 US-Dollar auf zuletzt 1500 Dollar pro Tonne, was auch an Engpässen in der Lieferkette liegt. Die Türkei ist aber von den Einfuhren abhängig, 2018 importierte sie für drei Milliarden Dollar (umgerechnet rund 2,6 Mrd. Euro) Papier.

Da nicht absehbar ist, wie sich die Preise weiterentwickeln, entscheiden sich Verleger zum Teil dafür, Bücher zunächst nicht nachzudrucken oder herauszubringen. Denn letztlich müssen die höheren Kosten weitergegeben werden und die Bücher Abnehmer finden. „Die Menschen werden dazu gezwungen sein, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren“, zeigt sich der Verlag Kirmizi Kedi überzeugt.

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