Österreich verschärft erneut die Maßnahmen - nachdem sie gerade erst gelockert worden sind. Ein Grund für das Anhalten der Krise ist fehlende Impfbereitschaft. Zu der tragen impfkritische Ärzte bei.
Die Sperrstunde wird wieder vorverlegt, Silvester fällt zum zweiten Mal in Folge ins Wasser. Der Tourismus ächzt, Eltern fürchten Schulschließungen - die kaum ein Politiker mehr dezidiert ausschließt. Auf einen erneuten Lockdown angesprochen, verweist der Gesundheitsminister auf die dynamische Entwicklung. Das einzige probate Mittel gegen die Pandemie, das nicht zu schweren wirtschaftlichen und psychischen Folgen führt: Impfen.
Die Impfquote stagniert in Österreich aber mehr oder weniger. Ein Lichtblick, zumindest aus Sicht vieler Kritiker der bisher verabreichten mRNA-Impfstoffe, ist das proteinbasierte Vakzin von Novavax. Die ersten Lieferungen sollen im Jänner kommen, in Niederösterreich kann man sich bereits dafür registrieren.
Befeuert wird die mangelnde Impfbereitschaft auch von kritischen Stimmen aus der Ärzteschaft. Erst kürzlich irritierten 200 Mediziner mit einem offenen Brief an Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Es werden Effektivität und Sicherheit der CoV-Impfstoffe infrage gestellt. Eine der 200, eine Schulärztin, wurde am Donnerstag entlassen, weitere Anfang der Woche schon vom Dienst freigestellt.
Ärzte gegen das weltweit anerkannte Impfen - wie geht das zusammen? Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, der sich auch mit heftigen Attacken von FPÖ-Chef Herbert Kickl konfrontiert sieht, bleibt gelassen. „Es ist zwar nicht erfreulich, wenn Ärzte sich so positionieren. Aber solche Leute finden Sie in allen Bereichen. Wir haben in Österreich 48.000 Mediziner. Die paar Hundert Abweichler halten wir aus.“
Die Ärztekammer ließ die Inhalte des Kritikerpapiers einem Faktencheck unterziehen, u.a. von Virologen wie Herwig Kollaritsch oder Florian Krammer. Die Analyse: „0,4 Prozent aller Ärzte haben sich kritisch zur Covid-Schutzimpfung geäußert. Es werden zahlreiche Behauptungen aufgestellt, die entweder halbwahr sind oder aus dem Zusammenhang gerissen wurden.“ Oder falsch.
Die Argumente im offenen Brief der 200 Mediziner sind Quatsch. Dazu sind namhafte Experten nach einem Faktencheck gekommen.
Thomas Szekeres, Präsident der Ärztekammer
Doch wie geraten Mediziner, die sich der Wissenschaft verschrieben haben, auf Abwege? Ulrich Körtner, Vorstand der Medizinethik an der Uni Wien, sagt: „Es gibt auch unter Ärzten Anhänger von Komplementär- oder Alternativmedizin. Viele Menschen fühlen sich als Person nicht abgeholt. Auch die Homöopathie ist stark vertreten. Bis vor Kurzem war das noch ein Lehrfach an der Uni. Als es abgeschafft wurde, gab es Proteste.“ Gefährlich werde es, wenn dies aus weltanschaulichen Gründen politisch genützt wird. So wie aktuell. Medizinethiker Körtner bringt das Beispiel einer Medizinerin, die von der Ärzteliste gestrichen wurde und bei der FPÖ aufgetreten ist.
Medizinethiker: „Viele Menschen fühlen sich als Person nicht abgeholt“
Ganzheitliche Sicht auf den Patienten sei wichtig, auch Kritik und Hinterfragen sei wissenschaftsimmanent, doch gebe es allgemein gültige Erkenntnisse zu Corona. „Da fehlt mir das Verständnis, wenn naturwissenschaftlich gebildete Menschen sich so exponieren.“ Diese Leute seien bestens vernetzt. Man versuche, politischen Einfluss auszuüben. „Wie bei diesem offenen Brief. Das ist eine brenzlige Situation.“
Dass Ärztekammerpräsident Szekeres unter Beschuss ist, sei Teil einer politischen Strategie, sagt Ulrich Körtner. „Besonders schlimm ist es, weil weiter Verunsicherung in der Bevölkerung verbreitet wird. Da wird Öl ins Feuer gegossen. Das ist verantwortungslos.“ Mitunter auch lebensgefährlich: Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Salzburger Arzt, der Patienten das Entwurmungsmittel Ivermectin verschrieben hatte. Einer seiner Patienten verstarb, eine weitere befindet sich auf der Intensivstation.
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