Hilfen versprochen

Wien: Viele Branchen zittern vor dem Teil-Lockdown

Familie
15.11.2021 06:00

Viele Branchen wie Kinos, Handel, Friseure zittern vor dem Teil-Lockdown. Den Wirten bricht das lukrative Adventgeschäft weg. Fallen Beschäftige ums Weihnachtsgeld um? Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) verspricht Hilfen. Beim österreichweiten „Krone“-Voting würden 62% einen Voll-Lockdown mittragen. In Wien hörten wir aber auch andere Stimmen.

Wenn drei von zehn Wienern ihre Wohnung de facto nicht mehr verlassen dürfen und Geimpfte ein gültiges PCR-Zertifikat brauchen, trifft das die Wirtschaft hart. Die (ausländischen) Online-Riesen freuen sich. Die kleinen, heimischen Händler zittern. Kinobetreiber befürchten um 70 Prozent weniger Besucher. Die „2G plus“-Regel für Events über 25 Personen und damit für den gesamten Kulturbetrieb sei ein Riesenproblem, erklärt Christian Dörfler von der Wirtschaftskammer. In einem solchen Szenario sei Kurzarbeit ohne Alternative.

Weihnachtsfeiern werden abgesagt
Den Friseuren geht es mit ihren Befürchtungen ähnlich. Den Wirten wiederum bricht das lukrative Adventgeschäft weg. Weihnachtsfeiern und Ganslessen werden reihenweise abgesagt. Aber diese Feiern sichern das Weihnachtsgeld der Angestellen. Fallen sie um diese um, weil die Betriebe bankrottgehen? „Es ist ein Überlebenskampf, wir brauchen rasch Hilfe“, so der blaue Gastro-Sprecher Dietmar Schwingenschrot.

50.000 Mitarbeiter in Gastro zittern
„Finanzminister Gernot Blümel hat uns Unterstützung zugesagt. Die Gespräche laufen“, erklärt der Wiener Wirteobmann Peter Dobcak. Er schätzt, dass bis zu 50 Prozent weniger Gäste kommen werden. „Wenn ein Familienmitglied ungeimpft ist, gehen alle anderen auch nicht essen“, so Dobcak. In Summe stehen etwa 50.000 Wiener Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Zum Handel: Spartensprecher Rainer Trefelik befürchtet hohe Umsatzverluste für Fachgeschäfte: „Sie müssten rund 35 Prozent an potenziellen Kunden aussperren.“ Kosten wie Miete und Personal würden in voller Höhe bleiben. „Eine untragbare Situation“, so Trefelik. Gewerkschafter Martin Müller fordern, dass den Angestellten keine Kontrollen aufgehalst werden: „Wir können nicht die Gesundheitspolizei sein.“

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) beruhigt zumindest in einer Hinsicht: „Durch die aktuellen Verschärfungen wird es weitere Hilfen für besonders betroffene Betriebe brauchen. Hier prüfen wir gerade, welche Maßnahmen eine schnell implementierbare Unterstützung darstellen.“

„Befürworte alles, was Menschen dazu bringt, sich impfen zu lassen“
Der letzte Tag bevor der Lockdown für Ungeimpfte gilt, ging am Sonntag über die Bühne. In Wien-Mitte war viel los, der dortige Supermarkt war voll, auch die Straßen davor. Bereits am Montag könnte es leerer werden, denn dann müssen Ungeimpfte in den Lockdown.

Die Wiener, die die „Krone“ dazu in der Landstraße befragt hat, halten großteils wenig davon. Das ist insofern interessant, als bei der „Krone“-Frage des Tages (online haben mehr als 53.000 Menschen mitgestimmt) 62 Prozent sogar einen Lockdown für Geimpfte mittragen würden.

Die Stimmung am Sonntagnachmittag beim Wiener Öffi-Knoten zeigt ein differenzierteres Bild - zumindest bei den bei uns befragten Wienern. Der Eindruck herrscht, dass die neuen Verschärfungen doch vielen Menschen zu viel sein könnten. „Ich finde es etwas übertrieben“, sagt etwa ein Passant. Andere betonen die „freie Wahl des Menschen“ oder die angebliche „Frechheit von ,2G plus‘“ (Impfung plus PCR-Test bei Veranstaltungen), die Wien in Angriff nimmt.

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Das ist doch nicht fair, alle auszusperren, weil sie nicht geimpft sind. Ich bin selbst immunisiert, bin aber trotzdem dieser Meinung. Man sollte die freie Wahl haben. Vorher ging es auch mit dem Testen. Warum zählt das jetzt nicht mehr als Eintrittsnachweis?

Stephanie Rieger (22), Kindergärtnerin

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Eine von uns ist geimpft, die andere nicht. Dennoch finden wir beide, dass der Lockdown für Ungeimpfte nicht das Richtige ist. Die Eintrittstests und das Tragen der Maske ist in Ordnung. Aber es ist nicht okay, Ungeimpfte jetzt einzusperren.

Valerie C. (20) und Ella K. (20), Studentinnen

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Ich finde den Lockdown für Ungeimpfte eine Frechheit. Warum kann es nicht mit der 3G-Regel weitergehen? Als ich noch nicht geimpft war, habe ich es mich in der Arbeit gar nicht sagen trauen, weil dann böse über einen geredet wird. Die Gesellschaft wird damit gespalten.

Melvin Hofer (22), Schlosser

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Der Lockdown für Ungeimpfte ist eine Menschenrechtsverletzung. Wir sind Menschen, wir haben die freie Wahl. Warum nicht bei dieser Sache? Ich habe mich impfen lassen, um reisen zu können. Einen dritten Stich mache ich aber sicher nicht mehr mit.

Maria Mooney (58), Kinderheimbetreuerin

Es gibt aber auch viele, die den Lockdown gut befinden: „Ich befürworte alles, was Menschen dazu bringt, sich impfen zu lassen“, so etwa eine junge Wienerin.

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Ich bin zweimal geimpft. Wenn andere das nicht tun, müssen sie uns anderweitig schützen und zu Hause bleiben. Traurig finde ich es für jene, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Man sollte auch weiter zusätzlich auf Tests setzen.

Franz Bach (58), Beamter

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Ich bin etwas skeptisch, weil ich denke, dass man den Lockdown für Ungeimpfte nicht kontrollieren kann. Sonst bin ich für jede Maßnahme, die die Menschen dazu bringt, sich immunisieren zu lassen. Ich habe damals auch für eine Impfpflicht unterschrieben.

Hewig Metz (80), Pensionistin

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