91-Jährige Gastronomin

Beliebter Treffpunkt der Rankler Urgesteine

Vorarlberg
14.11.2021 10:00

Seit 1959 führt Adolfine Höfle den Gasthof „Zum Schneeberg“ in Rankweil. Die 91-Jährige ist die zweitälteste Unternehmerin in Vorarlberg. Ihre Wirtschaft betreibt die passionierte Jasserin nur mehr aus Liebhaberei.

Ein Schild oder eine Türglocke fehlt, Ruhetag und Öffnungszeiten gibt es eigentlich auch nicht. Die Stammgäste wissen, wohin sie wollen. Ist die Tür nicht zugesperrt, erwartet sie die gutbekannte, urige Gaststube. Dort scheint es, als wäre die Zeit vor ein paar Jahrzehnten stehen geblieben. Gardinen und Möbel wirken wie aus den 1970er Jahren stammend. Dennoch ist alles blitzblank - wehe dem, der Flecken auf dem feinen Holztisch am Kachelofen hinterlässt!

Die Stammgäste aus Rankweil und der näheren Umgebung gehen in der Alemannenstraße ein und aus, wann immer die Türen offen sind. Es wird viel erzählt, gelacht und oftmals auch ein Jass geklopft. Die Wirtin - von Herzen und im Ehrenamt - ist da in der Regel mit von der Partie. Wer meint, die ältere Dame sei leicht zu schlagen, hat sich schwer getäuscht. Fini, wie die Wirtin von den Gästen genannt wird, ist eine exzellente Jasserin: „Sie rechnet immer genau mit, weiß welche Karten noch da sind und ist am Ende diejenige, die die Leute in den Sack haut“, lacht Nichte Monika Gantner.

Das Gastgeber-Gen wurde Adolfine Höfle quasi in die Wiege gelegt. Bereits ihr Urgroßvater sowie der Opa Kassian Karl Morscher führten das Gasthaus Schneeberg. „Mir war und ist es wichtig, dass sich die Gäste wohlfühlen“, sagt die Wirtin. Das viele Schaffen habe sie bis heute fit gehalten. Wie zum Beweis springt sie flink vom Stuhl, füllt zwei neue Achtele und bringt diese an den Tisch.

„Irgendwann habe ich zum Doktor gesagt, dass ich aufhöre. Da hat er mich gefragt, was ich denn dann den ganzen Tag tun würde“, erzählt die rüstige Wirtin. Den Plan vom Zusperren hat sie daraufhin schnell wieder ad acta gelegt, denn ganz ohne Gäste und Gaststube wäre es zu langweilig geworden.Den Service allerdings hat Fini eingeschränkt. War das Gasthaus früher für Käsknöpfle bekannt, gibt es heute kein Essen mehr. „Ich koche nur noch für mich selbst“, verrät sie. Verhungert ist im Wirtshaus aber noch niemand. Ab und zu gibt es einen Wurstsalat oder etwas Aufgewärmtes.

Das Recht zum Brennen
In hübsche Flaschen abgefüllt wird der selbst gebrannte Schnaps. Die Zutaten hierfür gibt es hinter dem Haus, wo viele Obstbäume stehen. Sogar das Recht zum Brennen hat die Wirtin noch. „Das stammt noch aus Maria Theresias Zeiten und gilt für das Haus.“ Bemühungen der im Hause nicht allzu beliebten Mitarbeiter des Finanzamts, das Schnapsbrennen und Ausschenken zu unterbinden, scheiterten vor einiger Zeit. „Das Recht gebe ich nicht her. Wer weiß, was noch für Zeiten kommen.“

In der Tat waren die Zeiten für die 1929 Geborene nicht immer einfach. Nach dem Krieg war der selbst gebrannte Schnaps ein beliebtes Tauschobjekt. Ebenfalls in der Nachkriegszeit knüpfte sie auch Kontakte zu Franzosen. „Die Freundschaft besteht seit 1946“, erzählt sie nicht ganz ohne Stolz. Inzwischen lebt die dritte Generation im Weinbaugebiet Beaujolais und in Südfrankreich. Gegenseitige Besuche stehen seit Jahrzehnten auf dem Programm. Und natürlich bezieht die Wirtin auch den besten Rotwein von ihren Freunden.

Stammgast Reinhard muss sich an diesem Tag allerdings mit einem Most zufriedengeben - und einer Prise Schnupftabak. „Das kommt aber nicht in die Zeitung“, protestiert die Wirtin. „Das muss in die Zeitung, du hast schließlich alle dazu verleitet“, antwortet der Gast. Die Wirtin lacht, verteilt großzügig ihren Schnupftabak und gibt einen ihrer legendären, nicht ganz druckreifen Sprüche zum Besten. Auf den Mund gefallen ist die 91-Jährige wahrlich nicht - und gerade deshalb ist sie wohl auch so beliebt.

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