Skandal-Chronologie

Rechtsanwalt kämpft für über 2000 Wirecard-Opfer

Der Wirecard-Skandal weitet sich immer mehr aus: Denn beim Wiener Topanwalt Eric Breiteneder haben sich bisher schon 2005 Opfer gemeldet - sie alle bangen um insgesamt 100 Millionen Euro.

Ich habe als Vorstand sehr strenge Prüfungen durch Wirtschaftsprüfer erlebt und harte Auflagen durch die Aufsichtsbehörden - auch in Ländern Osteuropas, die man für ihre mangelnde Rechtssicherheit kritisiert. Beim deutschen Wirecard-Konzern haben aber offenbar sowohl Wirtschaftsprüfer als auch die deutsche Finanzmarktaufsicht trotz vieler Hinweise auf kriminelle Geschäfte jahrelang die Augen zugedrückt und überdies nicht bemerkt, dass Milliarden in der Kasse fehlten. Allein an Börsenwert wurden über 25 Milliarden Euro vernichtet“, so die Abrechnung von Cornelius Granig, der den Skandal in seinem neuen Buch „Böses Geld“ mit dem Wiener Staranwalt Eric Breiteneder aufgearbeitet hat.

Dieser hat mit der renommierten deutschen Partnerkanzlei Nieding und Barth vor allem Ernst & Young, eine unter dem Kürzel EY global operierende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, im Visier. Denn selbst erfahrene Anleger vertrauten jahrelang auf die Kontrolltätigkeit dieses „Felsens in der Prüfungsbrandung“. „Wir halten bei einem Gesamtschaden von zwei Milliarden Euro. In Deutschland haben sich 35.000 Geschädigte gemeldet“, so Breiteneder, bei dem sich laufend Opfer aus Österreich melden.

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Unter den Opfern sind Anleger, die Bilanzen lesen können. Einige haben ihre Pensionen versenkt. Wir versuchen allen zu helfen.

Wiener Opferanwalt Eric Breiteneder

Mehr als 2000 Klienten
Mittlerweile vertritt er mehr als 2000 Klienten - vom versierten Millionär über institutionelle Anleger und sogenannte Family offices, Gesellschaften spezialisiert auf die Geldanlage und Verwaltung von Familienvermögen. Laut Granig bangt auch die Raiffeisenbank - wie andere Geldinstitute, die an Wirecard Kredite vergeben hatten - um hohe Summen. Im Fall der Giebelkreuzer sollen es 100 Millionen Euro sein.

Informationen für Opfer finden Sie hier.

„Den Anlegern und Kunden wurde von Wirecard viele Jahre sehr geschickt vorgegaukelt, dass die Firma ein Star am Horizont der deutschen Wirtschaft sei. Die Realität war aber eine ganz andere. Das Unternehmen war in viele ungesetzliche Vorgänge verwickelt, die jetzt von Gerichten aufgearbeitet werden müssen“, nennt Cornelius Granig als Ursache. Eric Breiteneder macht den Opfern aber auch Mut, sich zu melden. Sie können sich auf seiner Webseite registrieren, damit ihre Ansprüche beim Masseverwalter in München oder im Rahmen einer Strafanzeige in Österreich geltend gemacht werden können.

Die Chronologie eines Skandals

  • Die Geschäftsidee war an sich visionär: Im Jahr 1999 wurde in München das Start-up Wirecard gegründet, das auf elektronischen Zahlungsverkehr setzte - zu einer Zeit, als der Onlinehandel noch in den Kinderschuhen steckte. Die ausgewiesenen Umsätze schossen in die Höhe.
  • Doch schon in den vorangegangenen Jahren gab es Zweifel an der Geschäftsgebarung an der Wirecard AG, Mitte 2020 platzte dann die Bombe: 1,9 Milliarden Euro Vermögen waren futsch - am 25. Juni meldete der Finanzdienstleister Insolvenz an.
  • Neben dem Vorstandsvorsitzenden Markus Braun wurde auch gegen dessen rechte Hand, Jan Marsalek, Haftbefehl erlassen. Während Braun sich der Justiz stellte, tauchte Marsalek unter.
  • Der Bilanzskandal sorgte in Deutschland auch für ein politisches Donnerwetter: Es kam zu einem Untersuchungsausschuss, in weiterer Folge traten der Deutschland-Chef des Wirtschaftsprüfers Ernst & Young sowie der Leiter der deutschen Finanzaufsicht BaFin zurück.


Geld-Jongleur mit besten Geheimdienst-Drähten

Was haben der Mega-Skandal um den Pleite-Zahlungsdienstleister Wirecard und der heimische polizeiliche Nachrichtendienst BVT miteinander zu tun? Einiges! Denn tatsächlich führen Spuren des Wirtschaftskrimis in die dunklen Ecken des „alten“ Geheimdienstes. Im Mittelpunkt steht der flüchtige Finanzmanager Jan Marsalek, der aus Klosterneuburg bei Wien einst auszog, um die internationale Finanzwelt zu erobern.

Dabei bediente er sich offenbar eines willfährigen Infogebers und Fluchthelfers aus dem früheren Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Dem in der BVT-Affäre suspendierten Chefinspektor wird unter anderem Geheimnisverrat auch an Russland, dem aktuell möglichen Aufenthaltsort Marsaleks, vorgeworfen.

Während der frühere strahlende Stern am Wirecard-Himmel abgetaucht ist, stolperte auch ein heimischer Karriere-Diplomat über seine Kontakte zu ihm. Niemand Geringerer als der Ex-Generalsekretär des Außenamtes soll Marsalek nach dem offenbar via Moskau von Zar Putin befehligten Toxinanschlag auf einen russischen Doppelagenten die geheime Formel des Nervengiftes Nowitschok gegeben haben. Diese hätte sich der gestürzte Botschafter eben vom Ex-Spion besorgt. Mit den Infos prahlte der weltweit Gesuchte dann jedenfalls vor anderen Geschäftsleuten herum. Fest steht: Das Wasserzeichen, das das heikle Dokument trägt, stammt aus dem Außenministerium in Wien. Jan Marsalek werden zudem auch beste Beziehungen zur rot-weiß-roten Polit-Prominenz nachgesagt. Die letzten Geheimnisse kann aber nur der 41-Jährige selbst nach seiner Festnahme mit einer allfälligen Lebensbeichte beim Verhör durch Ermittler lüften.

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