„Neue Dimension“

Grüne zweifeln an Handlungsfähigkeit von Kurz

Politik
07.10.2021 12:09

Nach den Hausdurchsuchungen am Mittwoch in den Räumlichkeiten der Bundes-ÖVP sowie im Kanzleramt und im Finanzministerium kracht es gewaltig im Gebälk der türkis-grünen Koalition. Die Grünen stellten am Donnerstag erstmals offen die Handlungsfähigkeit von ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz infrage. Grünen-Chef Werner Kogler und Klubchefin Sigrid Maurer laden deshalb die Klubobleute der Parlamentsparteien zu Gesprächen, hieß es in einer Medienmitteilung. Auch ein Gesprächstermin mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen sei vereinbart. Als Aus der Koalition wollte man die Ansage - noch - nicht verstanden wissen.

In der Aussendung des Büros von Vizekanzler Kogler wurde auf die am Mittwoch bekannt gewordene Anordnung zu Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Parteizentrale, dem Finanzministerium und dem Bundeskanzleramt verwiesen. Darin sei mutmaßlich korruptes Verhalten des engsten Umfeldes von Bundeskanzler Kurz dokumentiert worden. „Damit ist eine neue Dimension erreicht. Der Eindruck ist verheerend, der Sachverhalt muss lückenlos aufgeklärt werden“, betonte Kogler. „Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund infrage gestellt.“

„Müssen für Stabilität und Ordnung sorgen“
„Wir müssen für Stabilität und Ordnung sorgen“, so Kogler. Er und Klubobfrau Sigrid Maurer wollen deshalb die Klubobleute aller Parlamentsparteien zu Gesprächen über die weitere Vorgehensweise einladen. „Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unser Land. Wir müssen gemeinsam für Stabilität und Aufklärung sorgen und darum möchte ich parteiübergreifend das weitere Vorgehen beraten“, meinte Kogler. Darüber hinaus sei ein Gesprächstermin mit Bundespräsident Van der Bellen vereinbart.

Als Aufkündigung der türkis-grünen Koalition oder Neuwahlansage wollte man die Äußerungen im grünen Regierungsteam nicht verstanden wissen. Die Grünen lassen sich also mit der Stellungnahme etwaige Konsequenzen und damit auch den Fortbestand der Koalition offen.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Kurz und neun weitere Personen wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Am Mittwoch haben Hausdurchsuchungen bei einigen engen Mitarbeitern des Kanzlers, in der ÖVP-Zentrale, im Kanzleramt und im Finanzministerium stattgefunden. Es geht um Gefälligkeitsberichterstattung der „Österreich“-Gruppe im Austausch für Inserate des Finanzressorts sowie aus Steuergeld finanzierte Umfragen, die nur dem Nutzen des späteren Kanzlers gedient hätten.

Kurz weist Vorwürfe zurück
Kurz hatte am Mittwochabend in der „ZiB 2“ sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen. Er habe sich nie bereichert und niemals Scheinrechnungen in Auftrag gegeben oder ausgestellt. Zudem wolle er „selbstverständlich“ Bundeskanzler bleiben. Den Ermittlungen sehe er „gelassen entgegen“. „Nicht nachvollziehen“ könne er, warum „immer ich schuld sein soll“, wenn irgendwo Unrecht geschehe.

Auch ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel, dessen Ressort Teil der Hausdurchsuchungen vom Mittwoch war, zeigte sich gegenüber Puls 24 gelassen. „Die Behörden sollen allen Vorwürfen nachgehen, dann wird sich herausstellen, dass hier nichts dran ist“, sagte er am Mittwochabend. Man werde weitermachen wie bisher: „Alles andere wäre auch seltsam.“

ÖVP-Teilorganisationen stützen Kurz
Die ÖVP-Teilorganisationen haben sich am Donnerstag hinter Kurz gestellt. Dieser werde „mit immer neuen, konstruierten Vorwürfen“ belastet, beklagte Ingrid Korosec, die Präsidentin des VP-Seniorenbundes, stellvertretend für die Bünde in einer Mitteilung: „Sebastian Kurz wurde zweimal von den Österreicherinnen und Österreichern zum Bundeskanzler gewählt und hat seither viel bewegt und erfolgreich regiert. Er genießt das Vertrauen der Bevölkerung und liegt bei der Kanzlerfrage unangefochten an der Spitze.“

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