Der Tag der Entscheidung ist gekommen: In Graz wird ein neuer Gemeinderat gewählt. Und die Umfragen versprechen Spannung: Die Amtszeit von Siegfried Nagl (ÖVP) könnte jäh enden, die steirische Landeshauptstadt noch stärker als bisher zu einer Hochburg der Kommunisten werden. Um 16 Uhr schließen die Wahllokale, für 17 Uhr wird die erste Hochrechnung erwartet.
Am heutigen Sonntag wird in der steirischen Hauptstadt gewählt. Bleibt Siegfried Nagl Bürgermeister? Oder endet seine Amtszeit nach fast zwei Jahrzehnten?
Die ÖVP liegt uneinholbar auf Platz eins, warnt aber vor einer linken Mehrheit - laut einer aktuellen Umfrage würden KPÖ, Grüne und SPÖ gemeinsam auf 56 Prozent kommen. In diesem Fall könnte die Kommunistin Elke Kahr Bürgermeisterin werden.
Wie der Aufstieg der KPÖ begann
Der Aufstieg der KPÖ begann mit Ernest Kaltenegger. Er half Menschen bei der Wohnungssuche, bewahrte sie vor der Delogierung - und wurde so zum „Mieterengel“. 1998 wurde er Stadtrat. Auch dass er die Hälfte seines Politikergehalts spendete, brachte ihm viele Sympathien ein. Als er 2005 in die Landespolitik wechselte, übernahm Kahr.
„St. Leninhard“: Auch Bürgertum wählt Kahr
Nicht nur in den Arbeiterbezirken, wie der Triestersiedlung, wo Kahr aufgewachsen ist, wählen viele die KPÖ, auch in Stadtvierteln, die als bürgerlich gelten - St. Leonhard wird deswegen spöttisch „St. Leninhard“ genannt. Das Wahlmotiv ist zumeist nicht die kommunistische Ideologie, sondern Kahrs Auftreten - volksnah, uneitel und hilfsbereit.
Was aber nicht heißt, dass die Grazer Kommunisten nicht ideologiefest sind. Unlängst bejubelten sie, dass die Sowjetunion vor 60 Jahren den Wettlauf ins All gegen die „Amis“ gewonnen hat - dass politisch Andersdenkende vom Regime in die Gulags gesteckt wurden, blieb unerwähnt.
Nagl bleibt wohl nur Koalition mit den Grünen
Nachdem Nagl eine Koalition mit der KPÖ ausschließt und eine Fortsetzung von Schwarz-Blau sich rechnerisch nicht ausgehen wird, bleibt ihm nichts anderes übrig, als mit den Grünen zu regieren. Spitzenkandidatin Judith Schwentner sagte im „Krone“-Interview: „Ich bin zu einer Klimaschutz-Koalition bereit.“
Die Koalition mit Schwentners Vor-Vorgängerin Lisa Rücker hat Nagl damals vorzeitig aufgekündigt. Sollte keine Zweierkoalition möglich sein, könnten die zur Kleinpartei geschrumpfte SPÖ und die Neos als Mehrheitsbeschaffer ins Spiel kommen.
Was wird gewählt, wer ist wahlberechtigt? Bei der Gemeinderatswahl dürfen alle EU-Bürger mit Hauptwohnsitz in Graz ihre Stimme abgeben - alle ab 16 Jahren. Auslandsösterreicher sind bei Kommunalwahlen nicht wahlberechtigt. Der Gemeinderat wählt dann den Bürgermeister. Zudem werden in Graz die 17 Bezirksräte (die Bezirksvorsteher sind so etwas wie die Bezirksbürgermeister) sowie der Migrantenbeirat gewählt.
Wie wird der Wahltag ablaufen? Die Wahllokale öffnen um 7 Uhr - in welches der insgesamt 27 man gehen muss, steht in der amtlichen Wahlinformation, die jeder Grazer per Post zugeschickt bekommen hat. Um Punkt 16 Uhr schließen die Wahllokale. Danach beginnt die Auszählung der Stimmen. Bis spätestens 19 Uhr ist mit einem vorläufigen Ergebnis zu rechnen - die Wahlkarten werden erst am Montag ausgezählt.
14 Listen stehen auf dem Stimmzettel - so viele wie nie zuvor. Dass HC Strache und Konsorten den Einzug in den Gemeinderat schaffen, ist de facto ausgeschlossen - sie werden der FPÖ aber sicher Stimmen wegnehmen.
Entscheidung wohl erst Montagabend
Die endgültige Entscheidung könnte erst Montagabend fallen. Da in Graz fast 25.000 Wahlkarten beantragt wurden und fast 10.000 Grazer ihre Stimme schon am vorgezogenen Wahltag abgegeben haben (auch diese werden erst am Montag ausgezählt), könnten einzelne Mandate am Montag noch „wandern“ - und so Koalitionsvarianten verhindern oder ermöglichen.
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