Die Koalition ist in der Klimafrage nach wie vor gespalten. Der ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner äußerte sich am Mittwoch einmal mehr kritisch zur von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) angeordneten Evaluierung von großen Straßenbauprojekten. Die Grünen reagierten auf den Vorstoß verschnupft.
In der türkis-grünen Regierung hängen die Wolken in Sachen Klimaschutz weiter tief. Brunner sparte nun nicht mit reichlich Kritik am Koalitionspartner. Um das im Regierungsprogramm festgesetzte Klima-Ziel, bis zum Jahr 2030 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen, zu erreichen, müssten Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) beschleunigt werden, argumentierte der Staatssekretär.
Bremsen Prüfungen das Klimaziel?
Besonders im Bereich der dafür nötigen Infrastruktur (Windparks, Wasserkraftwerke oder Biomasseanlangen) müssten nun rasch Taten folgen. Bis 2030 seien es nur mehr neun Jahre, „wir können uns keine Verzögerungen leisten“. Gesetze und Fördermittel alleine reichen nicht, wenn die Projekte aufgrund langer UVP-Verfahren erst in zehn Jahren oder gar nicht realisiert werden können. „Wir müssen die Projekte umsetzen und auf den Boden bringen, sonst war das riesige Energiepaket umsonst.“
Brunner will „mehr Praxisnähe“
„Wer Ja zu Klimaschutz und Energiewende sagt, muss Ja zu schnelleren Genehmigungsverfahren sagen. Wer am Freitag für mehr Klimaschutz demonstriert, muss am Montag auch die notwendigen Projekte unterstützen.“ Er wünsche sich mehr „Praxisnähe“ in der Klimapolitik. Es habe in letzter Zeit oft „Alleingänge im stillen Kämmerchen“ gegeben, so der Staatssekretär in Richtung Klimaschutzministerin Gewessler.
Was die von Gewessler angestoßenen Evaluierungen von Straßenbauprojekten betrifft, zeigt Brunner wenig Verständnis für die Ministerin. Man müsse alles evaluieren, aber diese Projekte seien schon mehrfach geprüft worden und die „Bevölkerung braucht Sicherheit und Klarheit“.
Grüne zeigen sich „verwundert“
Auf diese Aussagen reagierten die Grünen „verwundert“. „Der Österreichische Nationalrat hat mit den Stimmen von NEOS, SPÖ, Grünen und ÖVP eine Evaluierung der S18 in Vorarlberg beschlossen. Es ist unerheblich wie viel oder wenig ,Verständnis‘ der für Luftverkehr zuständige Staatssekretär Brunner im Klimaschutzministerium für diesen Beschluss zeigt. Entscheidend ist das, was im Parlament gemeinsam beschlossen wird“, sagte Lukas Hammer, Klimasprecher der Grünen, in einer Stellungnahme.
WWF gegen „Husch-Pfusch-Prinzip“
Kritik an den Vorschlägen Brunners übte die Umweltschutzorganisation WWF. „Anstatt schon wieder auf das Husch-Pfusch-Prinzip zu setzen, muss die Politik endlich ihre Hausaufgaben machen. Denn die größten Verfahrensbremsen sind fehlerhafte Unterlagen der Projektbetreiber, schlecht ausgestattete Behörden und falsch ausgerichtete Materiengesetze. Dadurch entstehen häufig jahrelange Verzögerungen, noch bevor die Öffentlichkeit überhaupt beteiligt wird“, sagt WWF-Naturschutz-Leiter Christoph Walder.
NEOS: „ÖVP soll nicht nur g’scheit reden“
Unterstützung für den Vorschlag von Brunner kam von NEOS, aber mit Kritik gewürzt. „Grundsätzlich unterstützen wir Schritte zur Beschleunigung von UVP-Verfahren - allerdings fehlen noch konkrete Vorschläge der Regierung. Die ÖVP soll endlich in die Gänge kommen und nicht nur g‘scheit reden“, sagte NEOS-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard zu Brunners Forderungen.
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