Trotz Protesten

Spanien begnadigte katalanische Separatisten

Ausland
22.06.2021 16:19

Die Anführer des Abspaltungsversuchs der spanischen Konfliktregion Katalonien vom Herbst 2017 sind trotz scharfer Proteste begnadigt worden. Die Maßnahme sei nötig, „um die Eintracht und das Zusammenleben wiederherzustellen“, so der spanische Premierminister Pedro Sanchez am Dienstag in Madrid kurz nach einer Kabinettssitzung, auf der seine linke Regierung den umstrittenen Beschluss fasste. Sanchez betonte: „Wir wollen eine neue Etappe des Dialogs eröffnen. Die spanische Demokratie beweist ihre Größe.“

Zur Kritik, die neun betroffenen Politiker und Aktivisten - unter ihnen der ehemalige Vizeregionalchef Oriol Junqueras - würden aus der Haft entlassen, obwohl sie weiterhin die Unabhängigkeit ihrer Region anstrebten, sagte er: „Es ist nicht nötig, dass die Begünstigten ihre Vorstellungen ändern. Wir erwarten nichts dergleichen. Tatsächlich waren sie nicht wegen ihrer Ideen eingesperrt worden.“

Die begnadigten Separatisten waren im Herbst 2019 im Zusammenhang mit dem illegalen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 unter anderem wegen Aufruhrs und Veruntreuung öffentlicher Gelder zu Haftstrafen zwischen neun und 13 Jahren verurteilt worden. Drei weitere verurteilte Politiker saßen ihre Strafen bereits ab. Der damalige Regionalpräsident Carles Puigdemont setzte sich rechtzeitig nach Belgien ab und entzog sich so einem Zugriff der spanischen Justiz.

Opposition: „Schlag gegen Demokratie“
Die Begnadigungen werden von der konservativen Opposition scharf kritisiert. Parteiführer sprachen unter anderem von einem „Schlag gegen die Demokratie“ und kündigten eine Anfechtung vor dem Obersten Gericht an. Zehntausende hatten vor einer Woche in Madrid gegen die Freilassung der Separatisten protestiert.

Aber auch viele Aktivisten und Vertreter der Regionalregierung sind unzufrieden: Sie weisen die Maßnahme als ungenügend zurück und fordern eine Generalamnestie, die Annullierung der Urteile von 2019 sowie grünes Licht aus Madrid für ein Unabhängigkeitsreferendum. Die katalanische Regierung sieht in den Begnadigungen lediglich einen „Tropfen auf den heißen Stein“.

Regierung will großes Aufsehen um Freilassung vermeiden
Medien mutmaßten, die Regierung in Madrid wolle möglicherweise verhindern, dass die Freilassung der neun Separatisten zum Medienereignis wird. Spanischen Zeitungsberichten zufolge könnte es sich die Regierung zunutze machen, dass die Inhaftierten von routinemäßigen Freigängen am kommenden Donnerstag einfach nicht mehr ins Gefängnis zurückkehren müssen.

Formal muss noch König Felipe VI. den Regierungsbeschluss unterschreiben. Außerdem muss das Höchstgericht die Begnadigungen abschließend prüfen.

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