Verstößt Oberösterreich gegen EU-Recht, wenn das Land den Bezug von Wohnbeihilfe an Deutschkenntnisse knüpft? Diese Frage muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag entscheiden. Ausgelöst hat die Anfrage ein Türke in Linz, der zwar Deutsch spricht, aber keine offizielle Sprachprüfung vorweisen kann.
Die bevorstehende Entscheidung des EU-Gerichtes könnte auch Wahlkampfmunition beinhalten. Denn unumstritten war die Neuregelung der Wohnbeihilfe durch ÖVP und FPÖ nicht. Vor allem die Grünen kritisierten sie und sprachen von Diskriminierung.
Beihilfe nicht für jedermann
Bei unzumutbaren Belastungen durch Wohnkosten besteht in Oberösterreich die Möglichkeit, eine Wohnbeihilfe zu beziehen. Allerdings nicht für jedermann: Für Drittstaatenangehörige wurde - anders als für Unions- oder EWR-Bürger - zu Beginn des Jahres 2018 die Voraussetzung eingeführt, dass sie grundlegende Deutschkenntnisse nachweisen müssen. In dieser Bestimmung sieht der 40-jährige Türke aus Linz eine Diskriminierung durch ethnische Zugehörigkeit.
Deutsch ohne Sprachprüfung
Er lebt seit 1997 mit einer Daueraufenthaltsgenehmigung für Drittstaatenangehörige mit Frau und drei Kindern in Österreich. Er spricht zwar Deutsch auf dem geforderten Niveau, kann aber keine Sprachprüfung nachweisen. Als ihm 2018 die Wohnbeihilfe deshalb verwehrt wurde, zog er vor Gericht. Vom Bezirksgericht Linz bekam er Recht, auch die geforderte Nachzahlung von 4096,94 Euro wurde ihm zugesprochen. Das Land OÖ ging vor dem Landesgericht Linz in Berufung.
Generalanwalt sieht Diskriminierung
Das Landesgericht hat den EuGH um eine Vorabentscheidung ersucht, über die am 10. Juni in Luxemburg unter der Aktenzahl C 94/20 entschieden wird. Die Chancen für den Kläger stehen nach dem Schlussplädoyer des Generalanwaltes gut. Dieser erklärte: Die Wohnbeihilfe sei eine „Kernleistung“ im Sinne der EU-Richtlinien. Die EU-Mitgliedsstaaten seien angehalten, aufenthaltsberechtigte Drittstaatenangehörige in Bezug auf soziale Sicherheit, Sozialhilfe und Sozialschutz wie eigene Staatsbürger zu behandeln. In vier von fünf Fällen folgen die EU-Richter der Rechtsauslegung des Generalanwaltes.
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