Neues Projekt

Delving: Elder-Frontmann versucht sich nun solo

Musik
08.06.2021 08:00

Die Coronakrise hat viele Musiker vor ernste Herausforderungen gestellt. Dass diese nicht nur im finanziellen, sondern auch im kreativen Bereich liegen können, musste Rockmusiker Nick DiSalvo erfahren. Der US-Amerikaner, der seit längerem in Berlin lebt, hat die nicht gerade inspirierende Zeit letztlich doch zu seinem Vorteil nutzen können und ein neues Soloprojekt gestartet, ganz nach dem Motto: „Aufhören mit dem Heulen und irgendwas machen!“

(Bild: kmm)

So beschreibt DiSalvo im APA-Interview den Antrieb zu Delving. Unter diesem Namen veröffentlicht er Ende der Woche das Album „Hirschbrunnen“, ein gut 50-minütiger Trip durch ausufernde Rocklandschaften, angereichert mit reichlich Psychedelic und unwiderstehlichen Melodien. Das instrumentale Vorhaben unterscheidet sich in vielen Punkten doch deutlich von DiSalvos Hauptband Elder, mit der er im Vorjahr Mitten im Lockdown das Album „Omens“ herausgebracht hat. Statt Stoner-beeinflusster Schwere ist Delving eher der luftig leichte Bruder, könnte man sagen.

Mit Kreativität aus dem Sumpf
In der Coronakrise habe er jedenfalls „verschiedene Phasen“ durchlaufen, so DiSalvo. „Anfangs war es schön, weil man plötzlich viel Zeit hatte und in sich gehen konnte. Nach ein paar Monaten wurde aber alles öde. Ohne Reisen und ohne irgendwelche besonderen Erfahrungen ist das Leben ja nicht sehr inspirierend.“ Also habe er sich im Winter selbst aus diesem Sumpf gezogen. Die kreative Arbeit sei für ihn „die beste Medizin. Für mich war das ein Schlüsselmoment, als ich gemerkt habe, dass es sehr wohl Inspiration zu holen gibt - eben aus dem Alltag.“

Also hat er einige alte und neuere Ideen aufgegriffen, erste Demos eingespielt und ist mit den Songs im Kopfhörer durch die Straßen Berlins gegangen. Es war ein „Neukennenlernen“ seiner Stadt, wie er sagte. „Das hat eine Verbindung geschaffen zwischen meiner Musik aus diesem Lebensabschnitt und meiner unmittelbaren Umgebung.“ Ein Vorgang, der durchaus bewusst abgelaufen sei. „Man muss ja nur mit offenen Augen herumgehen!“

Ungewohnte Leichtigkeit
Dass die insgesamt sechs Stücke, das kürzeste sieben Minuten, das längste über elf, nicht in den Elder-Kosmos passen, sei eher ein Gefühl gewesen. „Ich wollte mal etwas für mich machen und nicht andere Leute überzeugen, dass sie - mal wieder - meine Musik lernen sollen“, lachte der Gitarrist und Songwriter. „Dabei war mir anfangs gar nicht bewusst, dass das eine Platte wird. Ich wollte einfach diese Ideen zu Ende bringen. Das hat mich auch von der Erwartung befreit, dass es irgendwie heavy sein sollte.“

Was nicht bedeutet, dass Stücke wie „Wait And See“ oder „The Reflecting Pool“ nicht auch ihre härteren, kathartischen Momente haben. Allerdings regiert in dieser Musik doch ein sehr offener Gestus, der mehr zum Tagträumen denn zum Aggressionsabbau einlädt. Was Delving und Elder aber vereint, ist DiSalvos Gespür für komplexe, dabei nie überfordernde Strukturen und wunderschöne Melodien, die trotz all der verschiedenen Schichten stets durchschimmern oder mal ganz direkt an die Oberfläche durchbrechen.

Einfach mal gönnen
Eine wichtige Rolle spielen dabei Synthesizer, die schon auf „Omens“ vermehrt zum Einsatz kamen. „Das hat sich jedenfalls weiterentwickelt“, nickte DiSalvo. „Ich habe versucht, sie als neues Instrument für mich zu entdecken und besser zu werden. Und weil ich bei Delving nie an eine Liveumsetzung gedacht habe, sagte ich mir: Gönn dir alle Synthies, die du auspacken willst. Das ist einfach die Freude am Experimentieren und andere Sounds austesten.“

Eingespielt hat DiSalvo bis auf ein paar Gitarrenteile alles selbst. Die Arbeit sei letztlich sehr befreiend gewesen: „Es gab gar keine Erwartungen, gar keinen Zeitdruck.“ Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb seien die Aufnahmen schnell fertig gewesen. „Ich hatte einfach genug Zeit“, so DiSalvo. „Das Wetter war scheiße im Winter, man ist den ganzen Tag drinnen - so konnte ich zumindest was Kreatives schaffen“, lachte der Musiker.

Neue Musik ante portas
Was ihn ins Studio bringt, habe sich seit Jugendtagen eigentlich kaum verändert. „Schon als 13-jähriger Punk-Wannabe wollte ich Alben machen, habe CDs gebrannt und die dann am Schulhof vertickt“, grinste DiSalvo. „Es ist einfach schön, wenn man die Früchte seiner Arbeit auch in Händen halten kann. Schön zu wissen, dass das auch ganz gut von Zuhause geht“, meinte er mit Verweis auf das neue Projekt. Und für weiteren Nachschub scheint gesorgt: Sowohl das nächste Elder-Album schreite zügig voran als auch weiteres Material von Delving. „Selbst eine kleine Tour im Winter plane ich. Es gibt immer was zu tun, wenn man sich nur motiviert.“

APA/Christoph Griessner

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