„Krone“-Kolumne

Warten auf „Sex Education“

Kolumnen
27.05.2021 10:36

Soziologin und Sexualpädagogin Barbara Rothmüller über den Nachholbedarf sexueller Bildung in der Pandemie

Wie es wäre, als Jugendlicher mit einer übermäßig offenen, interessierten und gesprächigen Sexualtherapeutin als Mutter aufzuwachsen, kann man in der Serie „Sex Education“ erleben. Hauptfigur ist Otis, ein schüchterner Jugendlicher, der jedoch in sexueller Bildung seinen Schulkollegen Lichtjahre voraus ist. Otis alleinerziehende Mutter, eine Sexualtherapeutin, will das Beste für ihren pubertierenden Sohn und schießt dabei bisweilen über das Ziel hinaus. So bietet sie sich überengagiert als Gesprächspartnerin in Punkto Teenager-Sexualität an. Will er nicht beispielsweise mit ihr über seine Selbstbefriedigung sprechen? - Will er definitiv nicht! Das zu respektieren, muss Otis Mutter erst lernen. So wenig Otis mit seiner Mutter über seine eigene Sexualität sprechen möchte, so sehr suchen Schulkollegen seinen Rat bei sexuellen Problemen und sind sogar bereit, für seine Beratungsdienste am Schulklo zu bezahlen.

„Sex Education“ ist eine der beliebtesten Teenager-Serien auf Netflix, deren 3. Staffel noch 2021 released werden wird. Vor dem Herbst wird sie jedoch wohl nicht zu sehen sein.

Im Sommer stürzen sich Jugendliche raus aus den Kinderzimmern hinein ins soziale Leben. Sie haben tatsächlich auch den größten Nachholbedarf - in sozialem Lernen, an neuen Erfahrungen, sie müssen sich ausprobieren. Aufgrund der Pandemiesituation hat seit nunmehr über einem Jahr allerdings keine sexuelle Bildung an Schulen stattgefunden. Und ob Eltern im Homeschooling den sexualpädagogischen Bildungsauftrag der Schule übernommen haben, darf mit Recht bezweifelt werden. Jugendliche sind auf der Suche nach Orientierung in Sachen Liebe, Sex und Beziehung, das zeigt nicht zuletzt der Erfolg von „Sex Education“. Gleichzeitig wird auch sichtbar, wie schwierig es für viele Erwachsene ist, mit Jugendlichen über Sexualität ins Gespräch zu kommen.

Sexuelle Fragen und Unsicherheiten haben Jugendliche meist viele: Was tun, wenn ich nicht sicher bin, was ich will? Ab wann darf man Sex haben? Was passiert bei einer Frauenärztin? Wo kann man sich für sexuelle Aktivitäten treffen? Ich bin schüchtern - wie kann ich ihr sagen, dass ich verliebt bin? Ist Analsex für die Frau angenehm oder unangenehm? Wie viele Fetische gibt es? Fragen über Fragen, die Jugendliche an Schulen den Sexualpädagoginnen und -pädagogen ihres Vertrauens stellen. In der Pandemie sind für Jugendliche die wenigen professionellen Angebote sexueller Bildung an Schulen weggefallen. Wir alle wissen, wo sie bis zur nächsten Staffel von „Sex Education“ nach Antworten suchen werden.

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