Gegen „Einseitigkeit“

Fischer kritisiert Israel-Fahnen am Kanzleramt

Politik
18.05.2021 14:50

Die Entscheidung, die israelische Fahne mit dem blauen Davidstern auf dem Bundeskanzleramt wehen zu lassen, hat für viel Wirbel gesorgt. Während sich das Außenministerium mit der türkischen Regierung im verbalen Clinch befindet und auch die FPÖ wenig Gefallen an der Aktion findet, meldet sich nun auch Altbundespräsident Heinz Fischer zu Wort und warnt davor, die österreichische Neutralität aufzugeben.

„Besser als das Hissen der israelischen Flagge wäre es gewesen, in Europa Verbündete für eine starke europäische Friedensinitiative zu suchen und an politischen, ökonomischen und moralischen Grundlagen für Frieden zu arbeiten“, schreibt Fischer in einem Gastkommentar der „Wiener Zeitung“. Es sei bekannt, dass Premier Benjamin Netanyahu „Innenpolitik durch Außenpolitik und Außenpolitik durch Innenpolitik betreibt. Daher empfinde ich es als schmerzlich, dass gerade das neutrale Österreich in diesem tragischen Konflikt jetzt Einseitigkeit demonstriert“, betonte Fischer. Damit drohe Österreich seine Neutralität und „seine (ohnehin nur noch schwache) Rolle als fairer Gesprächspartner für beide Seiten“ aufzugeben.

Seine Aversion gegen jede Art von Antisemitismus sei ihm buchstäblich in die Wiege gelegt worden, so Fischer weiter. „Mein Großvater Jakob Fischer war Jude.“ Den Spätsommer 1963 verbrachte er mit einem Schulfreund im Kibbuz Sarid, wo er „Israel schätzen“ gelernt habe, berichtet Fischer. „Durch Bruno Kreisky lernte ich aber auch eine zusätzliche Facette der komplexen Situation im Nahen Osten kennen, nämlich die schwierige und fast aussichtslose Situation vieler Palästinenser in diesem Teil der Welt.“ Er habe mehrere Male das Westjordanland und palästinensische Flüchtlingslager im Libanon besucht. „Die bestehende Situation ist für die Betroffenen zutiefst entwürdigend, unhaltbar, aber zugleich nahezu hoffnungslos. Und die israelische Politik entfernt sich immer mehr von echten Bemühungen um eine für beide Seiten erträgliche Lösung auf der Basis internationalen Rechtes.“

Fischer erinnert an „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“
Die israelische Siedlungstätigkeit auf palästinensischem Territorium sei „rechtswidrig und darauf ausgerichtet, die Basis für eine Zwei-Staaten-Lösung zu zerstören“. Es sei, so Fischer, „nicht zu leugnen, dass ein Teil der Palästinenser in dieser Situation auch zu Gewalt und Terror greift, um der Übermacht entgegenzutreten, und Israel hat das Recht, sich gegen Angriffe aus dem Gazastreifen zu verteidigen und seine Bevölkerung zu schützen. Aber das muss - da es um Menschenleben geht - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschehen.“

Fischer meint, dass gerade unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden die Möglichkeit bestehe, „unsere historische Verantwortung für Israel mit der Verantwortung für die Menschenrechte der Palästinenser auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen“. Europa habe womöglich eine neue Chance „für konstruktive Schritte in Richtung beider Konfliktparteien“.

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